Eine Braut für alle
insofern, als er den Verbrecher festnahm», beruhigte ich sie eilends.
«Es kommt wirklich äußerst ungelegen, daß wir in solche Affären hineingezogen werden», bemerkte die Frau des Bischofs.
«Aber, Gaston, was ist geschehen, um alles in der Welt?» fragte Lady Spratt.
«Wir waren alle im Löwenhaus.» Es war meiner Seel verdammt schwer, die Sache richtig zu bringen. «Und da war auch der Mörder, er warf große Fleischbrocken aus seiner Aktentasche durch die Gitterstäbe. Wir beobachteten ihn tatsächlich dabei, wie er den Leichnam beiseite schaffte.»
Die Frau des Bischofs stieß einen Schrei aus und fiel abermals in Ohnmacht.
«O Schrecken über Schrecken!» kreischte der Bischof.
Es entstand natürlich beträchtliche Verwirrung, obgleich wir bereits einige Übung in der Beherrschung dieser Situation hatten. Doch infolge all der notwendigen Handreichungen - die Frau auf das Sofa schaffen, Riechfläschchen halten, Brandy holen, fächeln (was der Bischof mit seinem Schurz bewerkstelligte) - kam ich mit meiner Geschichte nicht weiter, bevor Sir Lancelot persönlich in einem Polizeiauto eintraf, eine äußerst befriedigte Miene zur Schau tragend.
«Lancelot! Was, um Himmels willen, hast du getan?» fiel Lady Spratt sogleich über ihn her.
«Der Gerechtigkeit in die Hände gearbeitet, meine Liebe. Wo sind unsere Gäste?»
«Charles ist nur oben, um seiner Frau beizustehen. Ihr ist wieder schlecht geworden.»
«So? Dieses Weib hat einen angeborenen Konstitutionsfehler. Wäre angezeigt, daß ich sie mir ansehen gehe. Da sind Sie ja, Grimsdyke. Sie bleiben doch zum Tee?»
«Tee!» Lady Spratt wurde vom Zorn übermannt. «Wie kannst du die Nerven haben, von Tee zu sprechen, wenn wir uns alle in einem Zustand äußerster Aufgewühltheit befinden -»
«Versuche doch, deine Ruhe zu bewahren, meine Liebe. Sobald ich diesen scheußlich nassen Mantel abgestreift habe, werde ich euch die Geschichte von A bis Z erzählen. Inzwischen sehe ich keinen Grund, warum ich auf meinen gewohnten Tee verzichten soll.»
Und es war in der Tat eine recht dramatische Geschichte.
Als Sir Lancelot auf der Polizeistation eingetroffen war, wo er zu seiner Zufriedenheit feststellte, daß er dereinst des Wachtmeisters Leistenbruch operiert hatte, brachte der kleine Mann nichts anderes hervor als lautes Schluchzen.
«Dessen eingedenk, daß Fleischteile von den Magensäften der Löwen rasch verarbeitet werden und daher, schwer nachzuweisen sind», erklärte Sir Lancelot, als das hübsche italienische Mädchen den Teewagen hereinrollte, «wies ich die Polizei sofort an, sich telefonisch mit McFiggie in Verbindung zu setzen. McFiggie erkannte natürlich im Nu, worauf es ankam, und ordnete an, den Löwen ein Brechmittel zu verabfolgen, was bereits geschehen ist. Sobald einmal die Mageninhalte unterm Mikroskop sind, wird er feststellen können, ob sich darin Reste noch unverdauten Menschenfleisches befinden. Sonnenklar, Grimsdyke.»
Sodann tat er sich an seinem üblichen Sonntagsnachmittagsschmaus, bestehend aus warmen gebutterten Brötchen und Kuchen, gütlich.
Wahrhaftig, mir kam vor, Lady Spratt war jetzt auf den alten Knaben ebenso stolz wie ich. Trotz dieser Verfolgungsjagd rund um die Pinguine war es ja doch sein Scharfsinn gewesen - sein Scharfsinn, der im St. Swithin so viele verzwickte Diagnosen Lügen strafte -, dem man die Aufdeckung eines besonders raffinierten und schmutzigen Mordes verdankte. Ein neuerlicher Beweis dafür, wie erfolgreich sich alles anließ, wofür sich Sir Lancelot zufälligerweise interessierte: von der Chirurgie angefangen bis zur Schnepfenjagd, vom Sammeln seltener Krankheiten bis zum Sammeln seltenen Porzellans.
«Lancelot, welch Geschenk der Vorsehung, dich gesund und heil wiederzuhaben.» Der Bischof erschien auf der Schwelle, er sah erhitzt aus. «Ich fürchte, meine arme Frau -»
«Mein lieber Junge, setz dich. Ich hab dir eine überaus interessante Geschichte zu erzählen.»
«Meine arme Frau... nicht sehr wohl...»
«In der Tat? Tut mir herzlich leid.»
«Danke, danke. Die Londoner Luft... dürfte ihr nicht sehr gut bekommen. Es wäre vielleicht am besten, wenn wir alle in Bälde heimkehrten.»
«Äußerst klug von dir», bekräftigte Sir Lancelot, ein halbes Brötchen auf einen Sitz hinunterschlingend. «Was meine heutigen Abenteuer betrifft, so kannst du ausführlich in den Morgenzeitungen drüber lesen.»
«Zeitungen!» Der Bischof erbleichte. «Wenn du nichts dagegen hast... ohne
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