Eine Braut fuer den italienischen Grafen
Constantia warf ihrem Sohn einen wütenden Blick zu, dann wandte sie sich an Ana. „Haben Sie sich auf den ersten Blick ineinander verliebt?“
Da Ana weder wusste, was die Contessa mit dieser Frage bezweckte, noch ob bekannt werden durfte, dass sie eine Vernunftehe eingehen würde, wandte sie sich Hilfe suchend zu ihm um.
Rasch ergriff er das Wort: „Liebe auf den ersten Blick? Was für eine Frage! So etwas gibt es nicht, das wissen wir doch alle.“ Dann reichte er Ana den Arm. „Das Dinner steht bereit, lasst uns ins Speisezimmer gehen.“ Er führte sie mit großen Schritten aus dem Raum, die Contessa folgte ihnen.
Das Abendessen erschien Ana endlos, die steife Konversation, gespickt mit schneidenden, verletzenden Bemerkungen, war schlimmer als ein offen ausgetragener Streit. Die ganze Zeit über war sie extrem angespannt, was ihr bald heftige Kopfschmerzen eintrug. Zur Unterhaltung konnte sie nur wenig beitragen, da sie nicht wusste, was genau Vittorio von ihr erwartete.
Die Abneigung zwischen Mutter und Sohn war nicht zu übersehen. Verwundert fragte sie sich, wie es dazu gekommen war. Wieso hassten sich zwei Mitglieder einer Familie derartig? Und welche Rolle dachte Vittorio ihr in diesem Szenario zu? Die Vorstellung, zusammen mit Constantia auf dem Schloss zu leben, ständig ihrer Verachtung ausgesetzt, erschien ihr unerträglich.
Allmählich wurde ihr bewusst, dass entgegen allen Beteuerungen ihre Ehe kein bloßes Geschäft war. Sie schloss Vittorios Familie ein, ebenso seinen Lebensstil – für den Rest ihres Lebens. In diesem Moment bereute sie ihre Entscheidung zutiefst. Konnte sie ihr Jawort noch zurückziehen?
Als die Mahlzeit endlich vorüber war, war sie mit den Nerven am Ende, und vor Sorgen war ihr übel.
Constantia erhob sich in einer anmutigen fließenden Bewegung. Ihre überwältigende Schönheit wurde von dem Netz zarter Falten, die ihr ansonsten makelloses Gesicht überzog, nicht beeinträchtigt. „Die Reise hat mich sehr angestrengt, ich werde mich daher noch vor dem Kaffee zurückziehen. Du verzeihst, meine Liebe.“ Sie schenkte Ana ein kaltes Lächeln. Als sie anschließend ihren Sohn ansah, schwand für einen winzigen Moment alle Härte aus ihrem Blick. Sie wirkte unendlich traurig und verloren.
„Natürlich.“ Ana gelang es nur mit Mühe, ihre Erleichterung zu verbergen. Sie hätte das Zusammensein mit ihrer künftigen Schwiegermutter keinen Augenblick länger ertragen.
Als die Tür hinter Constantia ins Schloss fiel, öffnete Ana den Mund, um etwas zu sagen, stockte dann jedoch. Sie wagte es nicht, die Gedanken auszusprechen, die ihr gerade durch den Sinn gingen.
„Was ist?“ Vittorio sah sie durchdringend an. „Du hast deine Meinung doch nicht etwa geändert?“ In seinen Worten schwang ein drohender Unterton mit. Er erhob sich, kam um den Tisch herum und legte seine Hände auf ihre bloßen Schultern.
„Hast du kalte Füße bekommen, rondinella ?“
„Nenn mich nicht so!“
„Warum nicht?“
„Weil …“ Sie presste die Lippen fest aufeinander. Vielleicht war es albern, doch der Kosename bedeutete ihr sehr viel. Vittorio sollte ihn nicht benutzen, wenn er in einer seiner kalten, abweisenden Stimmungen war. Dann fühlte sie sich ihm fremd und fürchtete ihn sogar ein wenig.
„Weshalb?“, fragte er noch einmal. Langsam ließ er die Hand ihren nackten Arm hinabgleiten, bis ihre Fingerspitzen sich berührten. Er verschränkte die Finger mit ihren und zog Ana auf die Füße. Dann führte er sie aus dem Speisezimmer hinaus ins Foyer.
Sie ging bereitwillig mit, wie hypnotisiert durch den Körperkontakt. Ihr Kopf war wie leer gefegt, alle Gedanken, alle Zweifel wie weggeblasen. Sie spürte nur noch seine Berührung auf ihrer Haut und sehnte sich nach mehr.
„Ich kann nicht…“, begann sie, dann schüttelte sie, um Worte verlegen, den Kopf.
„Du kannst nicht …?“, soufflierte ihr Vittorio belustigt.
Er weiß es! dachte sie entsetzt. Ihm war bewusst, dass der Körperkontakt sie ihres Willens beraubte, daher setzte er ihn gezielt für seine Zwecke ein.
Im selben Moment zog er sie auch schon an sich. Sie leistete keinen Widerstand, sondern legte den Kopf in den Nacken, um ihm ins Gesicht sehen zu können. In seinen Augen glitzerte es gefährlich.
„Hab keine Angst“, raunte er, die Lippen nur wenige Zentimeter von ihren entfernt.
Mit letzter Kraft gelang es ihr, einen Einwand vorzubringen: „Ich weiß so gut wie nichts von dir.“
„Mhm.“
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