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Eine Braut fuer Lord Sandiford

Eine Braut fuer Lord Sandiford

Titel: Eine Braut fuer Lord Sandiford Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julia Justiss
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natürlich nicht. Ich muss herausfinden, was …"
    "Gestatten Sie mir, nachzusehen." Mit überraschender Behändigkeit stieg der junge Mann aus.
    Clarissa hielt den Wagenschlag fest, bevor er wieder ins Schloss fiel, und sah hinaus. Sie reckte den Hals, um in der Dunkelheit erkennen zu können, was sich vor der Kutsche abspielte. Zu sehen vermochte sie fast nichts, hörte aber die ruhige Stimme des Leutnants und die immer lauter werdenden Stimmen der anderen. Obgleich kein weiterer Schrei durch die Nacht gellte, wollte Clarissa nicht länger sitzen bleiben.
    Sie stieg aus und sah, dass der Kutscher sich mit einer dicken, stark geschminkten Frau stritt. Beide versuchten, ein dünnes Mädchen mit einem skandalös kurzen Kleid aus einem Wirrwarr von Zügeln zu befreien. Ein Lakai hielt in der Zwischenzeit die Pferde fest und versuchte sie zu beruhigen; die Tiere waren nämlich so aufgebracht, dass sich das Mädchen in Gefahr befand, von ihren schweren Hufen getreten zu werden. Lord Standish bemühte sich ebenfalls darum, das Mädchen zu befreien; gleichzeitig versuchte er, zwischen dem Kutscher und der geschminkten Frau zu vermitteln.
    "Was geht hier vor sich?" wollte Clarissa wissen.
    "Dieses verrückte Mädchen ist plötzlich aus dem Nichts gekommen und hat sich an die Pferde gehängt, Madam", erklärte der Kutscher. "Sobald diese Wahnsinnige aus dem Weg ist und wir das Mädchen befreit haben, fahren wir weiter. Entschuldigen Sie die Verspätung!"
    "Aus dem Weg?" kreischte die Frau. "Das hier ist mein Lehrmädchen, das ihr da losmachen wollt."
    "Kein Wunder, dass sie vor einer Hexe wie dir weggerannt ist!" knurrte der Kutscher sie an.
    "Es wäre das Beste, wenn Sie wieder in die Kutsche steigen, Miss Beaumont. Ich werde mich um die Angelegenheit hier kümmern und dann zu Ihnen kommen", sagte Leutnant Standish und winkte dem Lakaien. "Ich sehe nach den Pferden, und Sie helfen bitte Miss Beaumont in die Kutsche."
    Clarissa winkte ungeduldig ab, denn ihre Aufmerksamkeit richtete sich auf das verzweifelte junge Mädchen. "Was ist denn passiert, Kind? Du hättest umkommen können."
    "Achten Sie nicht auf sie, Madam", mischte sich die Frau ein und machte rasch einen Knicks vor Clarissa. "Sie ist sehr eigenwillig, aber ich habe ihrer lieben Mutter vor ihrem Tod versprochen, dass ich sie in die Lehre nehme, und das werde ich auch."
    "Mich in die Lehre nehmen?" wiederholte plötzlich das Mädchen mit einer hysterisch klingenden Stimme. "Um eine Hure wie Sie zu werden? Wie können Sie es wagen, so von meiner gütigen Mutter zu sprechen? Nein!" schrie sie und schlug nach dem Kutscher, als er sie packen wollte. "Lassen Sie mich! Ich will lieber zu Tode getrampelt werden, als dorthin zurückzukehren."
    Die dicke Frau eilte an dem Kutscher vorbei und versetzte dem Mädchen eine schallende Ohrfeige. "Hören Sie nicht auf diesen Blödsinn", erklärte sie Clarissa. "So junge Dinger wissen oft nicht, was das Beste für sie ist. Ihr Kutscher soll sie mir wieder aushändigen, und dann können Sie endlich weiterfahren."
    Der dunkle Platz, das windige, zerrissene Kleidchen und die Qual, die aus dem Gesicht des Mädchens sprach, ließen unangenehme Erinnerungen an ihren eigenen Kampf am Covent Garden in Clarissa aufsteigen. Ein Schauder lief ihr über den Rücken, und die Nackenhaare stellten sich auf. "Kutscher, tritt beiseite."
    "Miss Beaumont, ich muss darauf bestehen, dass Sie …"
    "Wenn Sie etwas Nützliches tun wollen, Leutnant, dann kümmern Sie sich um diese … diese Frau. Ich möchte mit dem Mädchen sprechen."
    Der Kutscher warf der Dicken einen triumphierenden Blick zu und trat dann beiseite. Lord Standish sah zwar so aus, als ob er zu protestieren gedachte, tat dann aber folgsam, worum er gebeten worden war.
    Nachdem die Frau die Uniform des Leutnants kurz gemustert hatte, trat sie murrend und schimpfend beiseite.
    "Bist du ein entlaufenes Lehrmädchen?" fragte Clarissa.
    "Nein, Madam. Ich bin vom Land und kam in die Stadt, um zu arbeiten. Diese Frau habe ich noch nie zuvor gesehen, bis ich sie im Posthaus traf, wo ich mit der Kutsche in London eingetroffen bin. Sie schien ganz nett zu sein, bot mir Tee an und fragte, ob sie mich irgendwo hinbringen könnte. Das Nächste, woran ich mich erinnern kann, ist, dass ich in einem fremden Haus aufwache, meine ganzen Sachen verschwunden sind und ich ein Kleid trage, für das mich meine Mutter zu Tode geprügelt hätte. Und dann ist ein Mann gekommen …" Das Mädchen sah sie

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