Eine Braut fuer Lord Sandiford
strebe ich gar nicht."
"Wonach streben Sie denn?"
"Einen guten Mann zu heiraten, der mich schätzt", erwiderte sie. "Ich befürchte allerdings, dass ich keinerlei Fertigkeit im Stopfen oder Kochen besitze; und auch in der Haushaltsführung bin ich leider nicht geschickt. Papa hat sich immer darum gekümmert. Außerdem kenne ich mich überhaupt nicht mit der Landwirtschaft aus."
Seine Hoffnung, eine hart arbeitende, tüchtige Ehefrau gefunden zu haben, begann in sich zusammenzustürzen. Er zweifelte plötzlich daran, ob das ganze Unterfangen überhaupt so klug gewesen war, wie er sich das anfangs erträumt hatte. Konnte es sein, dass er sich geirrt hatte?
Noch ehe er seine Gedanken ordnen konnte, eilte Mrs. Cartright herbei. Ihre Miene wirkte verbissen. Der Oberst entdeckte einen jungen Mann, der ihr entschlossen folgte.
"Jeremy, was tun Sie denn hier?" rief Miss Motrum aus. "Oh, verzeihen Sie. Lord Sandiford, das ist Jeremy Wickham. Er arbeitet für Vater in seiner Londoner Niederlassung. Jeremy, das ist Oberst Lord Sandiford, ein … Papas Bekannter."
"Lord Sandiford." Obgleich sich die beiden Männer höflich verbeugten, warf Mr. Wickham dem Oberst doch einen unfreundlichen Blick zu.
"Wir freuen uns natürlich, Sie zu sehen", meldete sich Mrs. Cartwright zu Wort. "Aber wir wollen Sie nicht aufhalten, da Sie bestimmt viel zu tun haben."
Der junge Mann errötete. "Augenblicklich muss ich mich um nichts Wichtiges kümmern. Ich dachte, ich könnte ein bisschen frische Luft schnappen."
"Weiß Mr. Motrum von Ihrem plötzlichen Bedürfnis nach frischer Luft?" erkundigte sich Mrs. Cartwright pikiert.
Mr. Wickhams Röte verstärkte sich. "Er … er ist heute am Hafen beschäftigt."
"Papa hätte sicher nichts dagegen, wenn Jeremy ein wenig spazieren geht, Mrs. Cartwright. Es ist schließlich ein herrlicher Tag." Miss Motrum schenkte dem jungen Mann ein strahlendes Lächeln.
"Jetzt schon." Die Wärme, mit der Mr. Wickham die Tochter des Bankiers anblickte, ließ wenig Zweifel an seinen Gefühlen für sie. "Wenn Sie einen Begleiter benötigen, stehe ich Ihnen jederzeit gern zur Verfügung." Er warf dem Oberst einen feindseligen Blick zu.
Zum ersten Mal während dieses unbehaglichen Treffens musste Sandiford ein Lachen unterdrücken. Mr. Wickham musste der junge Mann sein, von dem Harold gesprochen hatte, und Mrs. Cartwright gab sich die größte Mühe, den gesellschaftlich unterlegenen Rivalen zu verdrängen.
Miss Motrum lachte angetan. "Habe ich mich nicht immer auf Sie verlassen, Jeremy?"
"Seitdem Sie ein kleines Mädchen waren", erwiderte er lächelnd.
"Jeremy ist Papas rechte Hand", erklärte Miss Motrum. "Er ist so häufig bei uns, als ob er zur Familie gehören würde."
"Noch gehöre ich nicht dazu." Mr. Wickham warf Sandiford erneut einen misstrauischen Blick zu. "Aber ich hoffe, es eines Tages zu tun."
"Man wird Sie jetzt sicherlich wieder benötigen", unterbrach Mrs. Cartwright. "Schließlich haben arbeitende Männer keine Zeit, mitten am Tag spazieren zu gehen."
Sandiford konnte Miss Motrums freundliche Art Mr. Wickham gegenüber nicht recht einschätzen. Erwiderte sie seine Gefühle oder nicht? Je schneller er jedenfalls seine Entscheidung traf, desto besser war es für alle Beteiligten.
Ein paar hochmütige Worte hätten den Mann wahrscheinlich in die Flucht geschlagen. Doch er wollte der herrschsüchtigen Mrs. Cartwright in keiner Weise entgegenkommen. "Ich vermute, dass Mr. Wickham noch Zeit haben wird, mit uns zur Kutsche zurückzugehen. Miss Motrum, wollen wir?" Er reichte ihr den Arm.
Die junge Dame murmelte zustimmend. Jeremy sah ihn verwirrt an, während Mrs. Cartwright wütend dreinschaute, sofort jedoch wieder lächelte, als sie Sandifords Blick bemerkte. Schließlich gingen sie wieder zur Kutsche zurück.
Da ihn dieser Ausflug einer Entscheidung nicht näher gebracht hatte, war die Stimmung während des restlichen Spaziergangs etwas gespannt. Weder Miss Motrum noch ihr Begleiter sprachen ein Wort, während der Oberst und Mrs. Cartwright angestrengt eine Unterhaltung in Gang zu halten versuchten.
Als sie sich von Mr. Wickham verabschiedeten, entdeckte Sandiford plötzlich eine Reiterin auf einem großen, schwarzen Hengst, die auf die kleine Gruppe zuritt. Ihr Haar schimmerte rötlich im Sonnenlicht. Sein Magen verkrampfte sich, und ein erregender Schwindel erfasste ihn.
"Was für eine schöne Frau!" meinte Miss Motrum. "Und das Pferd! Ich würde vor Angst sterben, wenn ich ein so
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