Eine Braut von stuermischer Natur
in tiefe Bewusstlosigkeit gefallen.
Seufzend sank sie auf ihre Fersen zurück und spähte um sich. Was sollte sie nur tun? Ihr gesunder Menschenverstand riet ihr, loszulaufen und eilig Hilfe zu holen. Alleine konnte sie ihn nicht ins Schloss zurückschaffen. Gleichzeitig sagte ihr der gesunde Menschenverstand, dass der, der für Balans Zustand verantwortlich war, noch immer hier herumlungern konnte und darauf lauerte, sein schändliches Werk zu Ende zu führen. Sie wollte Balan unter gar keinen Umständen alleinlassen … folglich würde sie ihn aus eigener Kraft zum Schloss zurücktransportieren müssen.
Aber wie? Muries Verstand raste voller Verzweiflung. Dann fiel ihr Blick auf das Wams, das sie umklammert hielt. Sie starrte auf das Kleidungsstück, ehe ihr Blick zu ihrem eigenen Gewand schwenkte und schließlich über die sanft ansteigende Uferböschung. Unweit von ihr lagen zwei Äste, die lang genug schienen …
Murie schüttelte den Kopf. Nein, das konnte sie nicht tun, nicht einmal für ihren Gatten würde sie …
Allerdings fiel ihr nichts Besseres ein. Also stand Murie auf und begann, sich zu entkleiden.
14
»Sie hat was?«, brüllte Balan, worauf eine Woge des Schmerzes seinen Kopf durchflutete, so als bohrten sich winzige Speere in sein Gehirn. Er war wenige Augenblicke zuvor in dem eingestürzten Bett auf dem Söller aufgewacht und hatte sich gewundert, dass seine treusorgende Gemahlin nicht bei ihm weilte, um ihn zu pflegen. Stattdessen saß Osgoode an einer Seite der Schlafstatt und Cecily, Muries Zofe, auf der anderen.
Cecily enthüllte ihm, dass seine Gattin ihm das Leben gerettet hatte, nachdem sie ihn ohnmächtig im Fluss treibend gefunden hatte. Osgoode berichtete ihm in allen Einzelheiten, wie die Rettung vonstatten gegangen war.
Balan hielt sich den schmerzenden Schädel und rieb sich die pochenden Schläfen, bemüht, die Qualen zu lindern und seinen Kopf am Zerbersten zu hindern, dann wiederholte er einen Hauch leiser: »Sie hat was?«
»Sie hat erst sich und dann dich bis auf die Haut entkleidet und dann eure Kleider und zwei Äste, die sie in der Nähe fand, dazu verwendet, um daraus eine Art Trage zu fertigen. Darauf hat sie dich den ganzen Weg zum Schloss zurückgeschleppt«, wiederholte Osgoode, seine Augen blitzten angesichts der Erinnerung.
»Gütiger Gott«, hauchte Balan.
»Hmm-mm.« Osgoode nickte ernst. »Es war das Unglaublichste, das ich jemals gesehen habe.«
»Du hast es gesehen ?«, fragte Balan entsetzt.
»Alle haben es gesehen«, meinte Osgoode trocken. »Du warst unbekleidet, daher waren sich die Männer nicht sicher, wer da nahte, und schickten Anselm. Der rief mich hinzu.«
»Du hast uns bestimmt gleich erkannt?«, erkundigte sich Balan fassungslos, doch Osgoode schüttelte den Kopf.
»Nein. Versteh doch, du lagst zusammengekauert wie ein Häufchen Elend auf einer bunt zusammengewürfelten Trage … Und Muries Haare klebten feucht vom Schweiß und vom Flusswasser an ihren Wangen, verdeckten viel von ihrem hübschen Antlitz. Anfangs hielten wir sie für eine Irre, die irgendetwas hinter sich herzog.« Er schürzte die Lippen und räumte ein: »Alle standen draußen vor den Mauern und hielten Maulaffen feil. Erst als sie sich der Zugbrücke näherte, erkannte Cecily seufzend, dass es ihre Herrin war.«
»Ganz recht«, bekräftigte Cecily besonnen. »Und dann habe ich die Beine in die Hand genommen und bin ins Schloss gestürmt, habe mir ein Fell vom Bett geschnappt und bin wieder nach draußen gerauscht, um damit die Blößen von Mylady zu bedecken. In der Zwischenzeit liefen die Männer hinzu und übernahmen die Trage.«
Osgoode nickte und schob ein wenig neidisch nach: »Sie muss dich sehr lieben, wenn sie zu solchen Mitteln greift, um dich in Sicherheit zu bringen.«
Balan schluckte schwer und maß seinen Cousin. Liebe? War es Liebe gewesen, die sie dazu bewogen hatte, ihn splitterfasernackt auf einer Trage vom Fluss zum Schloss zu ziehen? Konnte es sein, dass sie ihn wahrhaftig liebte? Die Vorstellung ließ ihn lächeln, doch dann besann er sich eines Besseren. Wenn sie ihn liebte, hätte sie sicherlich an seiner Seite geweilt, als er die Augen aufschlug, nicht wahr? Und das hatte sie eindeutig nicht getan.
»Wo ist meine Gemahlin?«, fragte er unwirsch.
»Sie ist nach unten gegangen, um nachzuschauen, ob sie dort etwas findet, das dir gegen die Schmerzen helfen kann. Sie vermutete, dass dein Kopf beim Aufwachen grässlich brummen würde.« Als er
Weitere Kostenlose Bücher