Eine Braut zu viel: Roman (German Edition)
wesentlich entspannter, der Hummer hört inzwischen auf den Namen Ethelred, der Ungekochte, und wir sind der Lösung, wie man das verdammte Ding auf humane Weise um die Ecke bringt, keinen Schritt näher. Sally schlägt vor, es mit der Pistole zu erschießen, die Richard in der obersten Schublade seines Schreibtischs aufbewahrt, doch eine Vorspeise mit einem frischen Einschussloch im Schädel zu servieren, erscheint uns auch nicht als die feine Art.
Bei meinem Glück würde die Kugel sowieso an seinem panzerartigen Körper abprallen und stattdessen mich treffen. Nach einem weiteren großen Gin kommen wir auf die glorreiche Idee, zu versuchen, ihn zu ersticken, doch die Vorstellung von einer Plastiktüte, die einsam durch die Küche läuft, ist nach so viel Alkohol eher abschreckend. Schließlich tauchen wir ihn in einen Eimer voller Whisky und Wasser, schieben das Ganze in den Ofen und drehen das Gas auf, was erstaunlicherweise zu funktionieren scheint.
»Wenigstens hatte er einen schönen Tod«, erklärt Sally und schwenkt ihr Glas. » Salute , Vorspeise.«
»Prost«, stimme ich zu und nehme mir insgeheim vor, Vegetarier zu werden – falls ich den Heißhunger auf Schinkenbrote unter Kontrolle kriege.
Ich schicke Sally-Anne ins Schlafzimmer, um sich anzuziehen, während ich die Vorbereitungen wieder aufnehme. Gegen zehn vor neun werde ich allmählich wieder nüchtern, Richard, dieser Drecksack, ist immer noch nicht aufgetaucht, dafür ist der Tisch schön gedeckt, muss ich mich selbst loben, und alles ist bereit. Der Hummer thront auf einem silbernen Tablett, umgeben von einer Garnitur aus grünem Salat, Lollo Rosso und Zitronen.
Die Knopfaugen sind während des Kochens herausgefallen. Das freut mich, denn sein Blick schien einem unablässig zu folgen, genauso wie bei Mona Lisa. Gelächelt hat er dabei allerdings nicht, ob nun geheimnisvoll oder sonstwie. Doch nun ist der böse Blick verschwunden. Ich bin mir sicher, jetzt lächelt er – das sollte er auch, wenn man bedenkt, dass er soeben in fast einer ganzen Flasche Jack Daniels plantschen durfte.
Es klingelt. Es überrascht mich, dass Richard keine Melodie installiert hat, die zu den anderen elektronischen Mätzchen gepasst hätte, mit denen er sein Heim ausstaffiert hat. »Mr. Vain« wäre durchaus angebracht gewesen oder auch Hot Chocolate, die ihm jedes Mal »You Sexy Thing« vorsingen, wenn er zur Tür hereinkommt.
»Fliss!«, jammert Sally-Anne im Schlafzimmer.
»Nur die Ruhe. Ich mache schon auf.«
Typisch Richard. Kommt zu seiner eigenen Party zu spät.
Der erste Gast ist Sals beste Freundin Erica, die ich seit der Hochzeit nicht mehr gesehen habe. Ganz offensichtlich hat sie sich große Mühe mit ihrem Outfit gegeben. Auch wenn das jetzt vielleicht gemein klingt: Wie schade, dass es nicht funktioniert hat.
Ihr übermäßig geschminktes Gesicht kann nur das Werk einer der übereifrigen ortsansässigen Kosmetikerinnen sein. Der Kajalstrich um ihre Augen ist so akkurat, als wäre er mit dem Kompass gezogen worden, die Grundierung gleicht einem Pudding, und das Rouge besteht aus zwei roten Streifen auf ihren nicht vorhandenen Wangenknochen. Das dunkle Haar hat sie à la J ennifer Lopez zurückgegelt, was sie aussehen lässt wie eine dicke, lachende Matroschka mit Julia-Roberts-Grinsen.
Sie hat eine Flasche Pouilly Fumé mitgebracht und lächelt aufgeregt. Als ich die Tür öffne, haut mich das Parfüm, das sie großzügig auf ihrem Dekolleté verteilt hat, fast um.
Sie trägt ein Killerkleid, ein kleines rotes Nichts, das vorne und hinten ungeahnt tiefe Einblicke gestattet. Ihr knallroter Lippenstift passt exakt dazu. Deshalb überrascht es mich nicht, als es fünf Minuten später erneut klingelt und James mit einer einzelnen roten Rose vor der Tür steht.
»Für Erica?«, frage ich ihn. »Wie passend.«
»Äh, nein.« Sein Lächeln verschwindet. »Eigentlich war sie für Sally.« Nervös späht er an mir vorbei ins Wohnzimmer. »Erica ist doch nicht etwa schon da, oder?«
Ich nicke.
Er legt einen Finger an die Lippen, winkt mir schweigend zu und beginnt den strategischen Rückzug. Doch es ist zu spät. Sally-Anne taucht aus dem Schlafzimmer auf.
»James, wie schön, dass du kommen konntest!« Sie ergreift seine Hand und küsst ihn auf die Wange.
»Finde ich nicht!«, flüstert er mir zu, als Sally ihn ins Wohnzimmer führt wie ein Lamm zur Schlachtbank.
Wenn der gute, alte James Erica aufgehalst bekommen hat, wen kriege dann ich ab?
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