Eine Braut zu viel: Roman (German Edition)
geworfen und das obligatorische kleine Schwarze angezogen, zu dem ich eine bezaubernde, blau-weiß gestreifte Küchenschürze trage. Seit der Hochzeit habe ich Richards Wohnung nicht mehr betreten. Genau genommen war ich seit jener schicksalhaften Nacht im Juli nicht mehr hier, die eher drei Jahre als drei Monate zurückzuliegen scheint.
Als Sally die Tür aufmacht, würde ich am liebsten fragen: »Was machst du denn hier?« Sie wirkt in dieser Umgebung seltsam fehl am Platz, als hätten wir die Rollen getauscht.
Sally ist ähnlich angezogen wie ich, nur das Kleid scheint sie vergessen zu haben. Sie trägt blassrosa Seidendessous unter einer rosa geblümten Schürze. Sonst nichts. Ihr Gesicht glüht und ihr dunkles, hochgestecktes Haar beginnt, sich zu lösen, während sie einen verkohlten Kochlöffel schwingt, als wolle sie mir damit eins überziehen.
»Fliss«, stammelt sie atemlos, »Gott sei Dank bist du da. Alles läuft schief. Ein einziges Desaster … Ich habe mein neues Kleid mit der Meeresfrüchtesoße bekleckert, die Küchengardinen in Brand gesetzt, die Kartoffeln verkocht und eine ganze Schachtel mit silbernen Serviettenhaltern in den Müllschlucker gekippt. Und das Schlimmste – o Fliss, es ist grauenhaft – die Vorspeise lebt noch!«
»Wie bitte?«
»Die Vorspeise«, jault sie, »lebt noch und läuft durch die Küche! Du musst etwas tun, Fliss!«
Im Geiste sehe ich mich eine irrsinnige Kuh muhend durch die Küche jagen. Ich blinzele. Das Bild verschwindet.
»Äh, was genau essen wir denn?«
»O Fliss!«, schluchzt sie. »Es war alles Richards Idee, und natürlich musste er heute arbeiten und kommt spät nach Hause. Und ich muss jetzt dieses kleine Biest massakrieren. Dabei ist es gar nicht so klein, sondern sogar ziemlich groß. Ich hab noch nie ein größeres Exemplar gesehen!«
Nun, damit meint sie ganz sicher nicht das, was Richard in der Hose hat.
»Wovon redest du, Sally?«
Wenn sie noch hysterischer wird, werde ich ihr eine Ohrfeige verpassen müssen.
»Es ist furchtbar! Richtig gruselig und bösartig, und dann diese fiesen kleinen Augen …«
»Mutter ist aber nicht hier, oder?« Die Ironie erreicht Sally nicht.
»Nein«, antwortet sie mit aufgerissenen Augen.
»Na, vermutlich sollte ich dankbar sein für dieses kleine Glück. Dann lass mal sehen.«
Sally schiebt mich vor sich her in Richtung Küche. Welch schreckliches, teuflisches Ding sich wohl hinter den Schwingtüren verbirgt? Ich kann es nirgends sehen. Dann entdeckt Sally es und springt kreischend auf einen Stuhl.
»Da unten, Fliss, da unten!«
Ich gehe in die Hocke und blicke unter den Küchentisch.
Zwei schwarze Knopfaugen in einem harten braunen Gesicht erwidern meinen Blick. Unter Sallys Küchentisch hockt der größte Hummer des Universums und wedelt bedrohlich mit einer seiner Kneifzangen. Ich könnte schwören, er runzelt finster die Stirn.
»Er ist unsere Garnitur. Es gibt Pfannkuchen mit Meeresfrüchten. Aber als ich die Schachtel aufmachte, habe ich mich total erschrocken. Ich dachte, das Ding wäre bereits …, na ja, du weißt schon …«, sie fährt sich mit dem Finger quer über die Kehle, »… tot.«
Was für eine Art, sein Leben zu beenden – als Garnitur für ein Abendessen! Kein Wunder, dass er ziemlich übellaunig aussieht.
»Er erinnert mich ein bisschen an Richard«, sage ich nachdenklich und betrachte das kleine, harte braune Gesicht mit den fiesen kleinen Augen. »Es wird mir ein Vergnügen sein, ihn lebendig ins kochende Wasser zu werfen!«
Natürlich meine ich das nicht ernst. Ich bin nicht gerade zart besaitet, doch selbst ich finde den Gedanken nicht verlockend, etwas zu kochen, das sich noch bewegt.
»Es tut mir Leid, Sally.« Ich gebe mich geschlagen. Nachdem es mir endlich gelungen ist, das verdammte Biest mittels eines Salatbestecks und eines Kehrblechs samt Besen wieder einzufangen, kneife ich, als es daran geht, es in das kochende Wasser auf dem Herd zu werfen. Wir werden uns etwas anderes einfallen lassen müssen.
»Wir könnten ihn in der Badewanne ertränken«, schlägt sie zögernd vor.
»Ertränken? Also ehrlich, Sally, wo hat dieses Ding denn deiner Meinung nach wer weiß wie viele Jahre gelebt?«
»Keine Ahnung«, jammert sie. »Auf der Schachtel stand Portsmouth.«
»Ich finde, wir brauchen einen Drink.« Ich werfe den Hummer zurück in seinen Holzsarg und mixe uns beiden einen großen Gin-Tonic.
Drei weitere, sehr große Gin-Tonics später sind wir
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