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Eine Braut zu viel: Roman (German Edition)

Eine Braut zu viel: Roman (German Edition)

Titel: Eine Braut zu viel: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Harvey
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unterrichtest du schon wieder? Endlose sechs Wochen? Ich weiß wirklich nicht, warum unsere Lehrer sich immer über ihr Gehalt beschweren, wo sie doch nur acht Monate im Jahr arbeiten. Mal sehen, wann hast du denn das nächste Mal Ferien? Ich glaube fast, nächste Woche sind schon Herbstferien. Was für ein Glück, hm? Du musst völlig erschöpft sein, nachdem du so lange ohne Unterbrechung gearbeitet hast …«
    Ich ignoriere ihn. Ich weiß, das ist unhöflich, aber er will mich nur provozieren, und ich werde ihm nicht die Genugtuung verschaffen, mich auf seine lächerlichen Sticheleien einzulassen.
    »Ich habe mir immer eingebildet, es wäre unglaublich bereichernd, aufgeweckten jungen Menschen Wissen zu vermitteln«, seufzt Erica, deren glücklichste Zeit die als Schulsprecherin an der Mädchenschule war, die auch Sally und ich besucht haben. »Was unterrichtest du denn gerade?«
    »Ich helfe achtundneunzig von der Pubertät befallenen Teenagern, Shakespeare zu meucheln«, antworte ich alles andere als begeistert. Nicht Shakespeare ist mir verhasst, ganz im Gegenteil, sondern die Pubertät. Es war schlimm genug, sie selbst durchstehen zu müssen, ganz zu schweigen davon, diesen Horror mit Fünfzehnjährigen noch einmal zu erleben.
    »Oh, ich liebe Shakespeare!« Erica klatscht in die Hände wie ein Kleinkind – eine Bewegung, die ihre Brüste aneinanderprallen lässt wie zwei Basketbälle, die zur selben Zeit im Korb landen. Ollie fallen fast die Augen aus seinem Billardkugelkopf. »Welches Stück nehmt ihr gerade durch?«
    » Ein Sommernachtstraum , aber es erinnert mich mehr an einen Albtraum. Ständig brechen sie in Gekicher aus.«
    Alex sieht auch nicht gerade glücklich aus. Er ist eingekeilt zwischen Kat, die Richard mit Beschlag belegt oder von ihm mit Beschlag belegt wird, da bin ich mir noch nicht ganz sicher, und Erica, die tatsächlich hin und weg ist von diesem grauenhaften Ollie.
    Ich lächele ihm zu.
    Er verdreht die Augen und lächelt zurück.
    Das Eis ist endlich gebrochen, doch jetzt kann ich den Blick nicht mehr abwenden. Alex hat, was Sally und ich immer als Atomaugen bezeichnen. Sie lösen eine sofortige Reaktion aus, die das vollständige Dahinschmelzen des Körpers und jeder einzelnen grauen Zelle zur Folge hat.
    »Es ist unhöflich, so zu gaffen«, sagt James laut, sieht Alex an, wirft mir einen Seitenblick zu und lenkt seinen Blick wieder auf Alex.
    Errötend wende ich mich ab. Alex interessiert sich plötzlich auffällig für die Tischdecke.
    »Wie läuft es denn so im Verlagswesen, Alexander?«, erkundigt Richard sich und lässt kurz von Kat ab, um ihren Ehemann bei Laune zu halten.
    »Ich persönlich finde ja, das Niveau der Literatur hat in den letzten zehn Jahren gewaltig nachgelassen …«, setzt Richard zu einer langen Schmährede über die neuesten Bücher an, die bis weit in den Hauptgang hinein andauert.
    Alex heuchelt höfliches Interesse, während er jedoch immer häufiger zu mir herübersieht.
    »Ein Blick sagt mehr als tausend Worte …«, nickt James, der sich vertraulich herübergebeugt hat. »Ich habe dich beobachtet, Fliss Blakeney, wie du Mr.   Christian da drüben schöne Augen gemacht hast. Ich glaube, ich sollte Kat warnen. Meuterei liegt in der Luft.«
    »Mach dich nicht lächerlich!«, fauche ich. »Das bildest du dir ein.«
    »›Die Dame, wie mich dünkt, gelobt zu viel‹«, zitiert er. »Na, aus welchem von Shakespeares Stücken war das? Romeo und Julia vielleicht?«
    »Du weißt genau, dass es aus Hamlet ist.«
    »Stimmt.« Er grinst. »Aber Hamlet passt hier nicht so gut, wie? Also, was läuft hier, Fliss? Füßelst du etwa auch ein bisschen unter dem Tisch?«
    »Natürlich nicht. Und hier ›läuft‹ überhaupt nichts, wie du es so nett formulierst.« Ich ringe mir ein Lächeln ab und versuche, so beiläufig wie möglich zu klingen.
    »Ehrlich?«
    »Ehrlich.«
    Stimmt doch, oder etwa nicht? Alex ist verheiratet, also kann nichts »laufen«, richtig?
    »Gut, denn das bedeutet, dass ich freie Hand habe, dich anzubaggern.«
    Während des Hauptgangs macht er sich laut und hemmungslos an die Verwirklichung dieses Vorhabens. James hat immer schon gern ein bisschen viel getrunken. Alkohol facht ihn anscheinend an. Je mehr Wein er trinkt, desto weiter tasten seine Hände sich vor.
    Richard, der bereits vor einer Viertelstunde den Rinderbraten vollends zerstückelt hat, fuchtelt noch immer mit dem Tranchiermesser, während er angeregt mit Kat und Sally plaudert,

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