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Eine Braut zu viel: Roman (German Edition)

Eine Braut zu viel: Roman (German Edition)

Titel: Eine Braut zu viel: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Harvey
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die zu seiner Linken sitzt. Ich bin schockiert, aber nicht überrascht, weil ich mir in Gedanken ausmale, wie ihm die Klinge ausrutscht. Das Besteck ist schuld, Euer Ehren. Ich bin doch nicht bitter, oder?
    Erica hat sich von Ollie abgewandt und ist stattdessen in ein Gespräch mit Alex vertieft. Ollie sieht ziemlich verärgert aus. Alex sieht noch verärgerter aus, als James seine Hand unter den Tisch und reichlich auffällig über meinen Oberschenkel gleiten lässt. Er lächelt lüstern, als sie die Seide verlässt und auf nackte Haut stößt.
    »Seidenstrümpfe«, murmelt er glücklich, »mag ich am liebsten. Uhhhhh!«
    Der Ausruf des Entzückens verwandelt sich in einen Schmerzensschrei, als ich meine Gabel in seine Hand ramme.
    »Äh, schön, sind alle fertig?« Sally versucht, wieder etwas Ordnung herzustellen, indem sie anfängt, die leeren Teller abzuräumen.
    »Warum hast du das getan?«, knurrt James und reibt seine aufgespießte Hand.
    »Steht auf meiner Stirn etwa ›Zutritt für jedermann‹?« Hochmütig sehe ich ihn an.
    »Nein.« Angestrengt starrt er auf mein Gesicht. »Nichts, gar nichts. Vielleicht steht es ja auf deinem Höschen!« Er tut so, als wolle er unter den Tisch kriechen.
    Sally kommt mit dem Dessert zurück: Passionsfruchtsorbet mit einem geradezu widerwärtig lecker aussehenden Coulis aus Himbeeren und Orangen.
    »Nehmen alle Nachtisch?«
    Kat übt sich in tugendhafter Enthaltsamkeit.
    »Oh, nein. Es sieht wundervoll aus, aber ich sollte lieber verzichten. Das ist sicher eine echte Kalorienbombe, und ich muss wirklich auf meine Figur achten …«
    »Du brauchst dir keine Gedanken zu machen«, schnurrt Richard. »Du hattest immer eine Traumfigur.«
    Sie grinst zufrieden. »Dann will ich mich nicht kasteien.«
    »Kastrieren? Wen?«, sagt James, der sie absichtlich missversteht, und bricht in schallendes Gelächter aus.
    »Trink noch was.« Er schüttet mehr Wein in mein Glas. »Hat dir schon mal jemand gesagt, wie attraktiv du bist?« Er stellt die Flasche ab und versucht, sein Kinn auf die Hand zu stützen, rutscht jedoch ab, sodass sein Kopf auf meiner Schulter landet. »Ich glaube, ich brauche einen Kaffee. Wie wär’s, wenn du und ich uns davonmachen und zu mir fahren?«
    Ich sehe zu Alex hinüber.
    Seine Miene ist so eisig wie das Sorbet.
    Ich drücke James zurück auf seinen Stuhl.
    »Sieht das nicht lecker aus?«, frage ich strahlend und lasse mir eine viel zu große Portion von dem Dessert geben.
    »Nicht ausweichen.« Er wirft mir einen Seitenblick zu und grinst hinterhältig. »Hättest du nicht Lust, mich über den Verlust dessen, was eine wunderbare Beziehung hätte werden können, hinwegzutrösten, jetzt, wo Sally nicht länger zur Verfügung steht?«
    »Soll das ein Angebot sein?«
    »Was sonst.«
    Ich könnte schwach werden. Obwohl er im Augenblick den Lüstling gibt, ist James sehr attraktiv. Aber ich will kein Trostpreis sein.
    Selbst ich, die ich normalerweise viel zu sehr in meiner Fliss-Welt lebe, um das Unglück anderer wahrzunehmen, kann erkennen, dass er sich volllaufen lässt und sich an mich ranwirft, weil er wegen Sally-Anne unglücklich ist. Ich will gar nicht erst versuchen, den Platz meiner Schwester bei ihm einzunehmen. Ich will erste Wahl eines Mannes sein. James sieht gut aus, er ist Single, hat Geld, ist unterhaltsam und findet mich attraktiv – mithilfe von zwei Flaschen Wein. Was kann ich mehr wollen?
    Leider weiß ich sehr wohl, was ich will.
    Alex.
    Er ist so süß, dass mir bei seinem Anblick das Wasser noch mehr im Mund zusammenläuft als bei dem Sorbet. Doch Alex ist eine verbotene Frucht wie jener reife, saftige, leckere Pfirsich, der am Baum in Nachbars Garten hängt.
    James ist ein Freund, ein guter Freund, aber ihm fehlt dieses gewisse Etwas, das aus einem Freund ein Objekt der Begierde macht. Alex dagegen hat dieses gewisse Etwas im Übermaß.
    Das ist nicht fair.
    Ich versuche, mich an unseren ersten Kuss zu erinnern, doch es will mir nicht gelingen, ich war zu betrunken. Ich meine, ich weiß sehr wohl, dass er stattgefunden hat, aber ich weiß nicht mehr, wie er sich angefühlt hat. Ich fühle mich betrogen. Ich habe das Risiko auf mich genommen, mit dem Mann einer anderen »anzubandeln«, und jetzt kann ich mich nicht einmal mehr an die schönen Seiten erinnern.
    In Gedanken gehe ich weiter zu dem zweiten Kuss, bei dem ich völlig nüchtern in meiner Küche stand. Mein Magen und andere Körperteile ziehen sich vor Verlangen zusammen.

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