Eine Braut zu viel: Roman (German Edition)
in deine Kehle. Aber komm erst einmal rein. David kann dein Gepäck holen.«
Caro führt mich nach oben in eines der Gästezimmer, das inoffiziell längst mein Zimmer ist.
Mein Heiligtum.
Die warmen Terrakotta-Wände wirken im goldgelben Schimmer der untergehenden Sonne behaglich und einladend. Es gibt zwei Fenster, ein Bett, alte Kiefernholzmöbel und einen Dschungel aus Grünpflanzen.
Weiße Gazevorhänge blähen sich vor den offenen Fenstern in der leichten Brise, und ich kann den Abendgesang der Vögel unten im Obstgarten hören. Angels Court ist so schön, so friedlich, so paradiesisch, ein kleiner Garten Eden, in dem man sich ausruhen und abschalten kann.
Ich lasse mich auf das Bett aus verschnörkeltem Eisen plumpsen, das leise quietscht, während Caro im Badezimmer verschwindet. Ich kann hören, wie sie Wasser in die alte gusseiserne Wanne einlässt, und der Duft von Lavendel breitet sich aus, als sie Badesalz ins schäumende Wasser kippt. Ich rolle mich auf dem Bett zusammen wie ein Fötus im Mutterleib.
Dieses Haus ist ein Heim, so warm und lebendig, dass man fast glaubt, seinen Herzschlag hören zu können. Zum ersten Mal seit der Auseinandersetzung mit meiner Mutter hören meine Hände auf zu zittern.
Nach dem Bad fühle ich mich entschieden menschlicher. Caro hat mir einen ihrer Pullover und eine saubere Jeans aufs Bett gelegt. Die Jeans ist einen Hauch zu eng; sie war immer beneidenswert schlank.
Der Pulli ist aus dunkelblauer Angorawolle. Trotz des milden Abends bin ich dankbar für seine Wärme und seine Länge, die meine Taille kaschiert, da sie ein bisschen zu sehr über den engen Bund der Jeans quillt. Ich wette, es ist auch noch ihre größte. Ich seufze. Es wäre schön, wenn zu meinem neuen Leben auch eine neue Figur gehören würde. Andererseits bin ich noch immer offiziell in der Phase der Trostfresserei. Es wird schwer werden, die Trostpflaster wegzulassen, insbesondere, da es sich um berechtigte Trostpflaster handelt.
Als ich über die geschwungene, enge Rücktreppe nach unten komme, finde ich Caroline und David in der Küche. Sie hören Radio und haben eine Flasche Wein geöffnet. Caro beugt sich über riesige gusseiserne Pfannen auf dem Herd, während David am Küchentisch sitzt und mit gesenktem Kopf Erbsen pellt. Die halbrunde Brille ist ihm bis auf die Nasenspitze gerutscht, und er ist in die gestrige Ausgabe der Sunday Times vertieft. Er sieht auf und lächelt, als ich eintrete, dann blickt er zu Caroline hinüber.
Ich lasse mich auf einen der Stühle an dem langen, gescheuerten Küchentisch sinken. Darius, Davids Labrador, erhebt sich aus seinem Korb und wedelt so heftig mit dem buschigen Schwanz, dass sein ganzes Hinterteil wackelt. Er tappt über den roten Fliesenboden zu mir, und ich streichele seinen seidigen Kopf.
»Wenigstens einer, der mich liebt«, flüstere ich.
Ich spüre, wie meine Unterlippe erneut zu zittern beginnt.
David, der Diplomat, der zweifelsohne von Caroline eingeweiht wurde, entschuldigt sich, klemmt sich die Zeitung unter den Arm und verschwindet im Arbeitszimmer. Caroline wartet, bis er die Küche verlassen hat, dann dreht sie sich lächelnd zu mir um.
»Fühlst du dich besser?«
Ich nicke bedächtig.
Sie reicht mir ein Glas Wein.
»Eigentlich müssten wir Champagner trinken, um das zu feiern.« Sie prostet mir zu. »Meinen Glückwunsch, du hast es getan, du hast es wirklich getan. Endlich bist du frei.«
Sie hört sich erfreut an.
Ich sehe offensichtlich nicht gerade begeistert aus.
»Fliss … Erde an Fliss, alles in Ordnung, meine Liebe? Du bedauerst es doch nicht etwa, oder? Wegen der Hochzeit und so?«, fragt sie mit forschendem Blick.
Ich springe auf wie ein Lachs, der gegen den Strom schwimmt.
»Ach du meine Güte, die Hochzeit!«
In all dem Durcheinander hatte ich sie völlig vergessen. Nicht die Heirat an sich – darum ging es ja schließlich bei dem ganzen verdammten Streit –, sondern das Drumherum, die Kirche, die Blumen, den Empfang für zweihundert Leute. Das Gefühl der Leere und der Lethargie weicht blinder Panik.
»Ich muss alles absagen, sonst kreuzen die Leute auf und erwarten eine Hochzeitsfeier!«
»Beruhige dich, Fliss.« Caro gießt einen weiteren Liter Rotwein in mein bauchiges, eimergroßes Glas. »Der Termin ist doch erst in sechs Wochen. Außerdem bin ich überzeugt, dass Miriam alles in die Hand nimmt. Warum rufst du sie nicht einfach an, damit du beruhigt bist? Ein kurzes Gespräch.«
Ich lege meinen
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