Eine Braut zu viel: Roman (German Edition)
armen, schmerzenden Kopf auf den Küchentisch. Das alte Holz ist warm und glatt. Beruhigend.
»Wir können nicht einfach so ein kurzes Gespräch führen«, stöhne ich. »Du weißt doch, dass sie nicht mit mir redet. Und du weißt, wie sehr sie Richard vergöttert. Während wir uns unterhalten, trauert sie. Ich sehe förmlich, wie sie sich in ein abgedunkeltes Zimmer zurückzieht, sich bitterlich über ihre fehlgeleitete und undankbare große Tochter beklagt und von vorn bis hinten von der guten alten Sally-Anne bedient wird. Du weißt doch, dass sie die Geduld einer Heiligen hat …«
»Ihre fehlgeleitete, undankbare und unsäglich dumme Tochter. Du hast das Dumm vergessen.«
»Hältst du mich etwa auch für dumm, Caroline?«, jammere ich. »Bitte sag mir, dass du das Ganze nicht für einen Riesenfehler hältst.«
»Ganz sicher nicht!«, entgegnet sie mit Nachdruck. »Glaubst du das etwa selber, Fliss? Glaubst du, es wäre ein Fehler gewesen, alles abzusagen?«
»Ich weiß es nicht«, jammere ich. »Ich bin ja sooooo durcheinander.«
Tränen strömen mir übers Gesicht. Das muss an dem vielen Alkohol liegen, den ich in den letzten Tagen getrunken habe. Deshalb laufe ich jetzt über. Caro verlässt den Herd und legt tröstend den Arm um mich. Der Chanelduft wird von Estragon überlagert.
»Ganz ruhig, ganz ruhig …« Sie spricht mit ihrer Lehrerstimme. »Lass alles raus.«
»Ich weine nicht um ihn«, schniefe ich, »sondern um mich. Ich bin fast dreißig, und nun sieh dir an, was aus mir geworden ist … Ich habe mein ganzes Leben ruiniert. Ich bin zu alt, um alles über den Haufen zu werfen. Ich werde als einsame alte Jungfer enden …«
»Jetzt spricht der Château Neuf du Pape aus dir, nicht du. Außerdem bist du achtundzwanzig – das würde ich kaum als alt bezeichnen. Wenn du schon alt bist, was bin dann ich erst? Ich bin fast dreiunddreißig.«
Caro setzt sich neben mich und ergreift meine Hand.
»Fliss, liebst du Richard?«
Ich höre auf zu weinen und sehe sie an.
»Nein. Nein, überhaupt nicht.«
»Na also, war doch ganz leicht, oder? Du hast nicht eine Sekunde gezögert. Wenn ich drauf und dran wäre, jemanden zu heiraten, den ich nicht liebe, diese heftigen Zweifel hätte und dich um Rat fragen würde, was würdest du mir raten?«
»Ich würde dir raten, es nicht zu tun«, höre ich mich vorsichtig sagen. Wie kommt es, dass Caroline immer alles so leicht zurechtrücken kann?
»Und jetzt frag ich dich noch einmal: Glaubst du wirklich, es wäre ein Fehler gewesen, alles abzusagen? Willst du den Rest deines Lebens mit einem aufgeblasenen Trottel verheiratet sein, der dich nur braucht, um sein Ego verhätscheln zu lassen?«
»Sein Ego ist zumindest das Größte, was er hat. Lieber würde ich das verhätscheln als andere Teile von ihm.« Ich kichere.
Caro grinst mich an.
»Siehst du? Wenigstens ist dein Sinn für Humor wieder da.«
David steckt den Kopf zur Tür herein und sieht seine Frau fragend an.
»Ist die Luft rein?«
»Ich glaube, unsere Patientin ist auf dem Wege der Besserung.« Caro deutet auf mich, während ich prustend über dem Küchentisch hänge. »Sie scheint mir recht fröhlich zu sein.«
»Ich dachte, sie hätte Richard die Ratte fallen lassen und sich nicht einer Persönlichkeitsveränderung unterzogen?«
»Na warte, du frecher …« Ich werfe mit einem Stück Brot nach ihm.
»Gnade, Gnade!« David hält schützend seine großen, schwieligen Hände hoch. »Ich freue mich, dass es dir besser geht, meine liebe Felicity. Es geht dir doch besser, oder?« Er blickt in meine geröteten Augen. »Hast du dich gefasst?«
Ich nicke.
»Gut, deine Mutter ist nämlich am Telefon.«
Zitternd greife ich nach dem Hörer. Das Letzte, was ich jetzt gebrauchen kann, ist eine weitere wüste Schimpftirade.
»Hallo?« Meine Stimme ist ein Flüstern.
»Bist du das, Fliss?«
Mein Herz hüpft wie ein Jojo, rutscht bis in die Schuhe und schnellt dann wieder zurück, als mir klar wird, dass es nicht Mutter ist, sondern Sally.
»Sally«, seufze ich erleichtert. »Gott sei Dank bist du es.«
»Alles in Ordnung, Fliss?«
»Ich glaube schon. David hat behauptet, du wärest Mutter. Wie geht’s ihr denn?«
»Sie ist im Bett … Sie wollte nicht gemein sein, Fliss, nicht wirklich. Sie war nur furchtbar aufgewühlt.«
»Was du nicht sagst«, erwidere ich spöttisch.
Sally zögert einen Moment.
»Was die Hochzeit betrifft …«, setzt sie an.
»Die geplante Hochzeit, die nicht
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