Eine Braut zu viel: Roman (German Edition)
weißt schon, ein paar Stunden in einem abgedunkelten Zimmer.«
Caro hält inne.
»Eben typisch Hannah. Wahrscheinlich schmollt sie, weil sie morgen nach Hause muss.«
»Ach ja? Warum sollte sie deshalb schmollen?«
Eine panische Sekunde lang denke ich, Caro weiß mehr, als sie zugibt.
»Na ja, sie verpasst die Party morgen Abend. Das passt ihr überhaupt nicht. Mach dir nichts draus, wenn sie sich unbedingt ins eigene Fleisch schneiden und heute Abend auch noch verpassen will, dann hat sie eben Pech gehabt.«
»War das ein Schrott«, stöhnt Charlie, als wir gut drei Stunden später wieder in die Einfahrt einbiegen. »Ich musste noch nie im Leben so viel gähnen. Wenn es auch nur eine Millisekunde länger gedauert hätte, hätte ich mir den Kiefer ausgerenkt oder wäre vor Langeweile gestorben.«
»Banause«, murmelt David, grinst aber immer noch.
»Es war viel früher zu Ende, als ich erwartet hatte.« Caro wirft einen Blick auf ihre Cartier-Uhr, ein Geburtstagsgeschenk von David.
Geht mir genauso, füge ich in Gedanken hinzu, viel früher. Ich hoffe nur, Hannah ist zu Hause.
»Du musst noch lernen, die schönen Dinge im Leben zu würdigen, mein Sohn«, ruft David Charlie zu.
»Hannah wusste schon, warum sie sich gedrückt hat.« Charlie mault immer noch, als wir das Haus betreten, das in völligem Dunkel liegt.
»Ich werde gleich mal nachsehen, wie es ihr geht«, sagt Caro. »Sei ein Schatz, David, und mach mir einen großen Gin-Tonic, während ich nach deiner melodramatischen Tochter sehe.«
Ich folge ihr die Treppe hinauf und bete insgeheim darum, Hannah möge ihr Versprechen gehalten und vor uns nach Hause gekommen sein.
Und da ist sie, in ihrem Bett, die Decke bis zum Kinn hochgezogen. Ich schicke schweigend ein Dankgebet zum Himmel. Sie schlägt die Augen auf, als das Licht vom Flur in ihr Zimmer dringt.
»Geht’s dir besser?« Caro durchquert das Zimmer und knipst die Nachttischlampe an. »Du hast einen richtigen Glühkopf. Hast du etwa Fieber?«
Sie legt eine kühle Hand auf Hannahs Stirn.
»Ehrlich gesagt dachte ich, du tust nur so«, sagt sie lachend, »aber keine Sorge, jetzt komme ich mir ganz schön mies vor. Brauchst du etwas? Ein Aspirin oder etwas Heißes zu trinken?«
Hannah schüttelt den Kopf. Sie zittert. Sie sieht wirklich krank aus, aber ich weiß ja, dass sie es nicht ist. Warum also sieht sie so mitgenommen aus?
Da entdecke ich den Grund.
Ein Paar Boxershorts liegt auf dem Boden direkt hinter Caroline, die auf der Bettkante sitzt.
Hannahs Blick schnellt wiederholt von ihr zu Caroline und weiter zu mir.
Rette mich!, scheint er zu flehen.
Verstohlen gleite ich an der Wand nach unten, schnappe mir das verräterische Teil und verstecke es hinter meinem Rücken.
»Also, wenn du sicher bist, dass alles in Ordnung ist?« Caro steht auf.
Hannah, die sich nicht traut, den Mund aufzumachen, nickt stumm. Ich kann die Erleichterung auf ihrem schelmischen Gesicht sehen, als Caro das Zimmer verlässt und leise die Tür hinter sich schließt.
»Und?«, frage ich, ziehe die Hand hinter dem Rücken hervor und wedele mit den Boxershorts.
Als Antwort öffnet sich die Tür zu ihrem Kleiderschrank einen Spalt breit, eine Hand kommt heraus, schnappt sich die Hose und verschwindet wieder. Hannah, die die ganze Zeit nur gezittert hat, weil sie das Lachen unterdrücken musste, kann nicht länger an sich halten. Sie explodiert förmlich vor Lachen wie eine Flasche Coca-Cola, die zu heftig geschüttelt wurde.
Hannahs und Charlies letzter Tag. Als der Hahn kräht und ich wach werde, spüre ich ein wunderbares Gefühl der Erleichterung. Ich meine, ich habe mich gefreut, sie um mich zu haben, aber ich glaube kaum, dass meine Nerven das noch viel länger mitgemacht hätten. Jake muss es letzte Nacht geschafft haben, ohne Zwischenfall aus dem Schrank zu entkommen. Ich habe mit gespitzten Ohren dagelegen und auf irgendein Krachen oder Scheppern gewartet, aber nichts. Gegen Morgen bin ich schließlich eingeschlummert. Nach unruhigem Schlaf bin ich mit dunklen Schatten unter den Augen und – da bin ich mir sicher, als ich verschlafen in den Spiegel im Bad starre – mit mindestens fünf neuen Falten aufgewacht. Stress schadet meiner Haut. Ich beschließe, die letzte Nacht Hannah gegenüber gar nicht erst zu erwähnen, die mich während des Frühstücks irritierend angrinst. Für eine Standpauke ist es ohnehin zu spät. Das Pferd ist bereits durchgegangen.
Hannahs und Charlies letzter Tag ist
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