Eine Chance für die Zukunft (German Edition)
Zärtlichkeit geliebt? Ich bin verunsichert. Nachdem er sich die
letzten Tage so um mich gekümmert hat, dachte ich, es gibt vielleicht doch eine
kleine Chance, alles zu bereinigen. Aber er ist tatsächlich weg. Sein Laptop,
der gestern noch in der Küche gelegen hat, ist verschwunden, seine Schuhe stehen
nicht mehr an der Tür. Nichts deutet darauf hin, dass er zwei Tage und Nächte
hier im Haus war. Warum ist er einfach so wieder gegangen ohne sich zu
verabschieden? Irgendwie macht es mich traurig, dass er nicht mehr hier ist und
ich fühle mich etwas einsam.
Ich mache meine übliche
Runde über den Kindergarten und den Coffeeshop und bin eine Stunde später
wieder zu Hause. Ich hatte die kleine Hoffnung, ihn unterwegs zu treffen oder
zumindest eine SMS zu bekommen, aber nein, keine Spur von ihm. Wenn ich mich
trauen würde, würde ich zu ihm gehen und versuchen, mit ihm zu reden. Ich
möchte herausfinden, ob sich nach letzter Nacht doch etwas zwischen uns
verändert hat, aber ich traue mich nicht. Ich habe Angst, dass er seine Meinung
über mich nicht geändert hat. Das könnte ich nicht ertragen, dann lebe ich
lieber erst einmal mit der Ungewissheit.
Ich versuche ein bisschen
zu arbeiten und meinen Krimi Korrektur zu lesen, aber ich kann mich nicht
konzentrieren. Immer wieder gehen mir die wunderschöne letzte Nacht und dann
der heutige Morgen durch den Kopf. Ich zweifele echt an meinem Verstand. Als
ich die Unsicherheit nicht mehr aushalte greife ich zu meinem Handy, um ihn anzuschreiben.
Nach langem Zögern schreibe ich: „Wo bist du?“
Dasselbe hat er mir geschrieben,
nachdem ich nach unserer ersten gemeinsamen Nacht einfach gegangen bin.
Vielleicht fällt ihm der Wortlaut ja auf.
Ich tigere vom Wohnzimmer
in die Küche, hole mir etwas zu trinken, setzte mich wieder an den Schreibtisch
nur um gleich wieder aufzustehen. Mein Herz schlägt wie verrückt, so nervös
warte ich auf eine Antwort. Aber mein Handy bleibt stumm. Ich versuche mich mit
Fenster putzen abzulenken, aber es nützt nichts. Alle paar Sekunden nehme ich
mein Telefon zur Hand und überprüfe den Posteingang. Keine neuen Nachrichten.
Irgendwann mache ich mich
auf, um Lilly aus dem Kindergarten abzuholen.
Im Kindergarten rede ich
noch kurz mit ein paar anderen Müttern und wir verabreden uns auf den Spielplatz
zu gehen. Es geht mir zwar wieder recht gut, aber ich bin immer noch ein
bisschen schlapp. Auf dem Spielplatz kann ich mich auf der Bank ein bisschen
ausruhen und Lilly hat Gesellschaft beim Spielen. Ich setze mich in die Sonne
und sehe ihr zu, mein Handy in der Hand. Keine neuen Nachrichten.
Mittlerweile bin ich mir
sicher, dass Colin nicht mit mir reden will, mir nicht erklären will, warum er
einfach verschwunden ist, sonst hätte er längst geantwortet. Ich bin traurig
darüber, hatte ich doch gehofft, wir könnten uns doch noch aussprechen und
alles klären, was zwischen uns steht.
Ich schaue zu, wie die
Kinder spielen und bemühe mich, mich möglichst normal mit den anderen Müttern
zu unterhalten und meine Gedanken und Gefühle zu verschließen. Mein
Liebeskummer geht schließlich niemanden etwas an. Plötzlich sprintet Lilly los
und läuft zum Rand des Spielplatzes. Gerade will ich sie zurückrufen, da sehe
ich Colin. Er steht vorgebeugt mit ausgebreiteten Armen da, fängt meine
quietschende Tochter auf und wirbelt sie hoch in die Luft. Ich kann ihrer
beider Lachen bis hierher hören. Sie sehen so glücklich zusammen aus, dass es
mir einen Stich versetzt. Nein, keine Eifersucht, es ist nur ein
„so-hätte-es-immer-sein-können“.
Langsam stehe ich auf und
gehe zu den Beiden. Als Colin mich sieht, wird sein Blick ausdruckslos, ja fast
schon hart. Ist das wirklich derselbe Mann, der sich die letzten Tage
aufopferungsvoll um mich gekümmert hat? Derselbe, der gerade lauthals lachend
mit meiner Tochter getobt hat?
„Was machst du hier?“,
frage ich ihn.
Toller Gesprächsstart,
Annie…
Er sieht an mir vorbei und
antwortet: „Keine Sorge, ich stalke dich nicht. Ich bin zufällig hier
vorbeigekommen und sah Lilly im Sandkasten. Ich wollte ihr nur kurz hallo
sagen.“
Als ich ihn nur verwundert
ansehe, versucht er sich zu verteidigen.
„Ich mag deine Tochter.
Sie ist ein wunderbares Kind. Es macht mir einfach Spaß, Zeit mit ihr zu
verbringen.“
„Hey, ich hab doch gar
nichts dagegen gesagt.“
Nein, dazu bin ich viel zu
erstaunt ihn hier zu sehen.
„Hast du meine SMS
bekommen?“
Na toll, genau das
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