Eine Chance für die Zukunft (German Edition)
wollte
ich eigentlich nicht sagen, aber es ist heraus, bevor ich nachgedacht habe. Sehr
erwachsen, Annie. Du klingst, wie ein schmollender Teenager.
„Zwischen uns hat sich
nichts geändert, Annie.“, antwortet er knapp.
Großartig, er hält mich anscheinend
immer noch für ein Miststück, das mit jedem Kerl ins Bett geht, der nicht bei
drei auf dem Baum ist. Wird sich das jemals ändern? Ich befürchte nicht, es
sein denn, ich sage ihm die Wahrheit. Aber wahrscheinlich würde er mir nicht
einmal zuhören, so wie er im Moment drauf ist. Lilly zieht an meinem Hosenbein.
„Darf ich ein Eis Mummy?
Bitte!“
Als ich nicke, fragt
Colin, ob er mit ihr Eis essen gehen darf. Der Kiosk steht ein paar Meter
weiter am Rand des Spielplatzes. Ich schicke Lilly schon los, vielleicht
spricht Colin noch mit mir, wenn sie nicht direkt daneben steht und alles hört.
„Warum machst du das?
Warum bist du hier?“, frage ich ihn direkt.
„Ich mag Lilly sehr und
ich glaube, sie mag mich auch. Egal wie der Test ausfällt, ich möchte nicht
einfach wieder aus ihrem Leben verschwinden. Ich glaube, das wäre nicht gut für
sie und würde ihr wehtun. Ich würde gern öfter Zeit mit ihr verbringen, wenn
ich darf.“
Wow, der Mann hat echt
Einfühlungsvermögen. Ich bin immer wieder beeindruckt, dass er sich über so ein
kleines Kind solche Gedanken macht und sich so sehr in sie hineinversetzen kann.
Wenn er tatsächlich ihr Vater sein sollte, hätte Lilly wohl den Hauptgewinn in
der Super-Daddy-Lotterie. Kann ich ihr das verwehren? Kann ich meinen Schmerz über
Lillys Glück stellen? Egal, ob Colin ihr Vater ist, er scheint echtes Interesse
an ihr zu haben. Auch jetzt, während wir reden, lässt er Lilly keine Sekunde
aus den Augen. Liegt vielleicht aber auch daran, dass er mich nicht ansehen
will.
Ich frage mich nur, wie
ich damit klarkommen würde, ihn regelmäßig zu sehen, denn das würde ich ja
zwangsläufig auch. Ich beschließe, es für Lilly zu schaffen. Ich muss einfach
meine eigenen Gefühle hinter Lillys stellen. Mit einem Kloß im Hals antworte
ich nur: „Lilly würde sich sicher freuen. Du darfst sie jederzeit besuchen. Ruf
mich einfach an.“
„Mach ich.“
Damit dreht er sich um und
geht zu Lilly. Die beiden essen ihr Eis und schaukeln danach noch ausgiebig,
während ich wieder auf die Bank gehe und sie traurig beobachte. Wie gern würde
ich jetzt mit ihnen herum toben. Aber ich bin nur ein Zaungast. Und so wird es
jetzt wohl häufiger sein. Auf einmal muss ich meine Tochter teilen. Zeit sich
daran zu gewöhnen.
Colin hält Wort und ruft
mich tatsächlich an. Alle paar Tage treffen wir uns, damit er mit Lilly spielen
kann. Er kümmert sich rührend um sie und macht alles mit. Selbst eine
Verkleidung als Prinzessin ist ihm nicht zu peinlich. Drei Wochen sind seit dem
Nachmittag auf dem Spielplatz vergangen. Am Anfang haben wir uns immer dort, am
Strand oder an anderen öffentlichen Orten getroffen, aber irgendwann hat Lilly
einfach keine Ruhe mehr gegeben und wollte unbedingt in ihrem eigenen Zimmer
und unserem Garten mit Colin spielen. Seitdem kommt Colin zu uns. Während die
beiden spielen, arbeite ich meistens, damit ich nicht wie das fünfte Rad am
Wagen danebensitze.
Lilly will mich immer
überreden mitzuspielen, aber ich kann nicht, und ich glaube, es wäre Colin auch
nicht Recht. Mein Buch ist fertig korrigiert und liegt bei meiner Verlegerin.
Jetzt habe ich Zeit, mir eine neue Geschichte zu überlegen. Ich sitze vor
meinem Computer und höre die beiden im Garten lachen. Es tut mir immer noch
weh, Colin zu sehen und nicht berühren zu dürfen. Ich sehne mich danach, in seinen
starken Armen zu liegen und einfach festgehalten zu werden. Die Testergebnisse
müssten jetzt bald kommen. Ich habe Angst davor, was dabei herauskommt.
Heute Abend soll Colin das
erste Mal seit meiner Krankheit mit uns Abendbrot essen. Ich habe einen Auflauf
vorbereitet, den ich jetzt in den Ofen schiebe. Ich decke den Tisch und rufe
die beiden zum Essen herein. Fast wie eine richtige Familie, denke ich wieder
einmal, als Colin mit Lilly auf den Schultern in die Küche kommt. Kurz schnürt
sich mir der Hals zu und ich schlucke hart und verbanne meine sowieso
unerfüllbaren Sehnsüchte.
Beim Essen versucht Colin
sich normal mit mir zu unterhalten. Er ist nicht mehr so wortkarg wie noch vor
ein paar Wochen, aber immer noch reserviert und eher kühl. Trotz allem wollen
wir vor Lilly den Eindruck erwecken, uns gut zu
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