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Eine Ehe in Briefen

Eine Ehe in Briefen

Titel: Eine Ehe in Briefen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sofja Tolstaja , Lew Tolstoj
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meine Kinder, Nichten und Schwägerin 132 , wenn sie noch bei Dir ist, von mir.

1874
    [Lew Nikolajewitsch Tolstoj an Sofja Andrejewna Tolstaja]
    1. August [1874]
    Serjosha hat Dir ja bereits alles berichtet. 133
    Die Reise verläuft gut, unsere Gesellschaft ist einfach und nicht unangenehm.
    Vor allem ist es erfreulich, daß das Schiff die Nacht durchfährt und wir bereits am Samstagmorgen in Samara sein werden.Dies verkürzt unsere Reisezeit, erwarte uns gleichwohl nicht vor dem 15. zurück. Vielleicht müssen wir länger auf dem Gut bleiben. – Ich war ziemlich müde, doch auf dem Schiff habe ich mich bereits erholt.
    Serjosha ist sehr lieb, die Reise bringt uns einander näher. Sein Anblick rührt mich sehr. Ich sagte, es sei langweilig auf dem Schiff, doch ich korrigiere mich: Ich sitze auf Deck, blicke mich um und bin glücklich, daß wir im nächsten Jahr bereits alle zusammen diese Reise unternehmen werden. Ich hoffe nur, daß bei Dir alles in Ordnung ist. [...] Lebe wohl, mein Herz, auf Wiedersehen. Da Serjosha bei mir ist, werde ich nicht schwermütig werden. Es ist, als ob ich mit der Familie zusammen sei. L.
    [Sofja Andrejewna Tolstaja an Lew Nikolajewitsch Tolstoj]
    6. August 1874. Am Abend.
    [Jasnaja Poljana]
    Meine Unruhe Euretwegen ist vergangen, sie wurde von der Sorge um den Kleinen 134 erdrückt. Er war drei Tage lang sehr krank; schreckliches Fieber, das ich durch kein Mittel niederhalten konnte. Zuletzt habe ich dann heute entschieden, das kleine Wesen mit Senfwickeln einzupacken, und dies hat ihm geholfen. Ich bin so glücklich, lieber Ljowotschka, kann Dir gar nicht schreiben, wie sehr, daß es ihm bessergeht, obwohl ich weiß, daß Dich selbst der Tod des Kleinen nicht seinetwegen, sondern allein meinetwegen betrüben würde.
    Die ganzen Tage ohne Dich bin ich wie eine Wahnsinnige durch das Haus gelaufen; all mein Kummer, all mein Schmerz nach dem Tode Petjas 135 erhoben sich mit neuer Kraft wieder in mir. Gott sei es gedankt, die Gefahr ist vorüber, doch ganz kann ich nicht zur Ruhe kommen, solange Ihr beiden, meine Allerliebsten, nicht wieder zu Hause seid.
    Ich will nur davon schreiben, wie am Abend der wieder lebendiggewordene Kleine plapperte, wie ich ihn massierte, wie er die ganze Nacht in meinen Armen geschlafen hat; doch all dies hörst und liest du nur von oben herab.
    Die Großen betragen sich gut. Gestern und heute wurden Ilja und Tanja vom Bedürfnis nach Ordnung erfaßt und räumten all ihre Spielzeuge und Puppen auf; Iljuscha beschäftigte sich ausgiebig mit den Kisten für Spielzeug und Bälle, die sie gestern mit Stjopa in Tula kauften. Das Wetter hier ist wunderbar, die Kinder gehen jeden Tag mit Tanja zum Schwimmen, sogar Ljolja und Mascha Kusminskaja 136 . Unterricht hatten sie, selbstverständlich, nicht. Einmal hatten wir Feiertag, dann war ich krank, dann der Kleine. [...]
    Meinen Berechnungen zufolge müßte ich morgen, am achten, Euer Telegramm aus Samara erhalten. Und ich habe die vage Hoffnung, daß Ihr bereits etwas früher als am fünfzehnten zurückkehrt. Welch Glück, daß wir uns dann nicht so bald wieder werden trennen müssen. [...]
    Nun also lebe wohl, mein Liebster, auf Wiedersehen. Ich küsse Serjosha und warte von ganzem Herzen auf Euch.
    Sonja.

1878
    [Sofja Andrejewna Tolstaja an Lew Nikolajewitsch Tolstoj]
    [4. März 1878]
    [Jasnaja Poljana]
    [...] Nun bist Du vermutlich bereits in Petersburg oder noch auf dem Weg dorthin. Wie verlief Deine Reise? Gestern und heute war der Kleine 164 des Schneesturms wegen äußerst unruhig, und ich, die ich, den Kleinen im Arm, gedämpften und gleichmäßigen Schrittes in der Kinderstube auf und ab ging, horchte mit ersterbendem Herzen auf das Heulen des Windes. Drei Tage dauert der Sturm nun schon, und ich male mir aus, daß allerorten die Züge sich verspäten und wie Dich, der Du dies nicht gewohnt bist und noch dazu mit Deinen schwachen Nerven, dies erschöpft. Warum mußtest Du denn überhaupt fahren?
    Hier bei uns ist wie immer ohne Dich alles sehr unerfreulich. Die Kinder betragen sich schlecht. Serjosha und Tanja liefen ohne Mäntel in dieses furchtbare Schneetreiben hinaus, ichhabe beide bestraft, Serjosha in Deinem Arbeitszimmer und Tanja in Tantchens Zimmer eingeschlossen. Dann rauften sie sich; Ilja und Ljolja warfen Papiergeschosse auf Serjosha, dieser wurde wütend und schlug sie, sie schlugen zurück – und alle kamen sie zu mir gelaufen und schimpften. Serjosha sagte beim Essen über die Pädagogen:

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