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Eine Ehe in Briefen

Eine Ehe in Briefen

Titel: Eine Ehe in Briefen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sofja Tolstaja , Lew Tolstoj
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Kindergeschrei, die Sorgen und das Einerlei unseres Lebens noch schwerer sein werden; und mir wird traurig, und ich fürchte um die Zukunft.
    Lebe wohl, liebster Freund, wenn es etwas Interessantes zu berichten gäbe, ich hätte es getan. Du meinst sicher, daß ich zu wenig von den Kindern erzähle, doch bei ihnen ist alles, wie es immer ist. Wir haben Unterricht, sammeln Pilze, wetteifern, wer die meisten findet, die Kinder haben ihren Spaß mit dem pas-de-géant . [...] Sie sprechen von Dir, wollen erfahren, was Du schreibst, amüsieren sich darüber und stellen Fragen. Hast Du mein Portrait erhalten, und gefällt es Dir? Hier gefiel es allen.
    Ich küsse Dich, Liebster, Gott sei mit Dir, passe auf Dich auf, schlafe Dich aus, eile nicht hierher. [...] Hannah läßt Dich grüßen, die Tantchen küssen Dich.
    Sonja
    [Lew Nikolajewitsch Tolstoj an Sofja Andrejewna Tolstaja]
    [16. und 17. Juli 1871]
    [Karalyk]
    Lange habe ich Dir nicht mehr geschrieben, liebe Freundin. Ein wenig trage ich selbst die Schuld daran, mehr aber das Schicksal. Ich habe eine Möglichkeit verpaßt, einen Brief mitzugeben, und seitdem verspricht man mir Tag für Tag: »Heute reitet jemand. Heute klappt es.« Und so habe ich es seit 5 Tagen aufgeschoben zu schreiben, doch nun halte ich es nicht mehr aus und schicke selbst einen Boten. [...]
    Ich habe mit einigen Gefährten einen Jagdausflug gemacht, der vier Tage dauerte und ganz prächtig war. Wir haben so viel geschossen, daß wir gar nicht wissen, wohin damit und wer so viele Enten essen soll. Alles war herrlich: die Baschkiren, die Orte, an denen wir waren, und die Kameraden, die uns begleiteten.
    Dank meines Titels und meiner einstigen Freundschaft mit Stolypin 127 kennt und verehrt man mich hier sehr. Wir wurden mit einer Gastfreundschaft empfangen, die nur schwer zu beschreiben ist. Wo man auch hinkommt, wird vom Hausherrn sogleich ein fetter, feister Hammel geschlachtet und ein riesiger Zuber Kumys aufgetragen, Teppiche und Kissen werden auf dem Boden ausgelegt, auf denen man Platz zu nehmen geheißen und nicht eher wieder fortgelassen wird, ehe man nichtden Hammel vertilgt und den Kumys zur Gänze ausgetrunken hat. Die Gäste trinken aus der Hand des Hausherrn und mit seinen Händen (ohne Gabel) reicht er seinen Gästen den fetten Hammel, und beleidigen darf man ihn nicht. [...]
    Aus all dem kannst Du ersehen, daß es um meine Gesundheit besser bestellt ist. Ab und zu schmerzte es etwas in der Seite, doch nicht allzu stark, und dies ist nun vergangen. Das Wichtigste ist, daß ich keine Schwermut mehr empfinde und nunmehr ganz und gar im wohligen Zustand des Kumys mich befinde, d.h. von früh bis spät in einem vom Kumys hervorgerufenen Zustand der leichten Trunkenheit, und bisweilen ganze Tage lang nichts oder nur wenig esse. [...] Nach meinem letzten Brief habe ich von Dir noch zwei erhalten. Deine Briefe sind meinem Zustand vermutlich abträglicher als die Griechen, durch die Aufregung, die sie in mir hervorrufen. Und dies um so mehr, als ich sie alle unerwartet erhalte. Ich kann sie nicht lesen, ohne zu weinen, zittere am ganzen Körper, und mein Herz klopft. Du schreibst, was Dir gerade durch den Sinn geht, und doch bedeutet mir jedes Wort so viel, daß ich Deine Briefe wieder und wieder lese. Zwei Neuigkeiten, die Du berichtest, sind sehr traurig, und zwar, daß ich Mamá nicht sehen werde, wenn ich sie nicht bei Lisa wieder abhole und zu uns bringe, was ich gewillt bin zu tun, sowie die Tatsache, daß unsere teure Freundin Tanja [nach Kutajs] umzuziehen gedenkt, bevor ich wieder zurück bin. 128 Dies wäre fürchterlich. [...]
    Ich freue mich, daß das pas-de-géant aufgestellt ist, doch ich kann mir gar nicht vorstellen, wie dies nun vor sich geht. Ich sehe nur, wie Ilja fortwährend hinfällt.
    Ach, gebe Gott nur, daß bei Euch alles weiterhin so gutgehen wird, wie es den letzten Briefen zufolge ist. Lebe wohl Liebste, ich umarme Dich. Und immer noch sind meine Nerven zerrüttet. Ich möchte weinen, so sehr liebe ich Dich.
    16. Juli.
    [Sofja Andrejewna Tolstaja an Lew Nikolajewitsch Tolstoj]
    22. Juli [1871]. Am Abend.
    [Jasnaja Poljana]
    Heute nach dem Essen brachte mir Prochor Deinen Brief aus Tula mit. [...] Du kannst Dir gar nicht vorstellen, was Deine Briefe in mir anrichten. So viel Liebe, Gefühle, Ängste und Ungeduld, Dich endlich wiederzusehen. Es ist furchtbar, daß Deine Gesundheit immer noch nicht ganz wiederhergestellt ist. Sollte mein Glück denn auf immer dadurch

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