Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Eine Ehe in Briefen

Eine Ehe in Briefen

Titel: Eine Ehe in Briefen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sofja Tolstaja , Lew Tolstoj
Vom Netzwerk:
großen Spaß, die großen Tannen fallen zu sehen und die duftenden, harzigen Äste zu sägen. [...] An den Tagen zuvor habe ich versucht, die Komödie 130 zu beenden; heute schriebich den letzten, den 4. Akt, doch was ich geschrieben habe, ist derart schlecht, daß es mir sogar peinlich ist, es Dir zur Abschrift zu geben. Doch wenigstens ist das Stück fertig. Und wenn ich wieder einmal Lust verspüre, mich damit zu beschäftigen, werde ich es überarbeiten.
    [...]
    Es interessierte mich sehr, wie Du meinen letzten Brief aufgenommen hast. Ich habe ihn nicht noch einmal durchgelesen, doch ich weiß, daß ich nicht das niedergeschrieben habe, was mir in jenem Moment oder bisweilen durch den Sinn ging, sondern das, was ich immerfort empfinde. [...] Nun denn, lebe wohl, ich küsse Dich und Tanja und Ljowa (was macht sein Gymnasium?). Und Andrjuscha (hat er immer noch Halsweh?) und Mascha und Sascha und Wanja. Kate 131 und Lambert 132 meine Hochachtung.
    [Lew Nikolajewitsch Tolstoj an Sofja Andrejewna Tolstaja]
    [21. Oktober 1889]
    [Jasnaja Poljana]
    Genau um dieselbe Zeit, als Dunjascha 133 abreiste, wurde aus Koslowka die Post gebracht, darunter ein Brief von Tanja 134 . Es scheint ihr sehr gut zu gehen. M-me Helbig 135 ist sehr gut zu ihr, und Rom mit seinen Schönheiten ebenso die Campagna, wo sich ihre Villa befindet, scheinen Tanja in Entzücken zu versetzen. Und es kann ja auch gar nicht anders sein. [...] Bei uns ist alles in bester Ordnung. [...] Ich habe heute den ganzen Tag bis 5 sehr konzentriert an der Überarbeitung immer desselben gesessen 136 .
    Die Kinder sind sehr artig, auch die Knaben. Alexej Mitrof[anowitsch] 137 ist nicht nur ein sehr guter Pädagoge, sondern auch ein sehr guter Erzieher. Es ist sehr bedauerlich, daß Du keine ausländischen Erzieher finden kannst. Solltest Du wirklich keinen finden können, so sei aber nicht allzu beunruhigt. Wir könnenden Sprachunterricht unter uns aufteilen. Ich übernehme auch eine der Sprachen. Wanetschka ist sehr anhänglich. Er greift ganz vorsichtig nach meinen Beinen und versteckt sogar sein Köpfchen in meinen Knien, was mich sehr anrührt.
    Das Wetter ist jämmerlich.
    Küsse Ljowa von mir und sage ihm, er solle mir nicht böse sein ob meiner Erwiderungen auf seine Ausführungen.
    Ich küsse Dich, liebste Freundin. Auf ein baldiges Wiedersehen.
    L.T.
    [Sofja Andrejewna Tolstaja an Lew Nikolajewitsch Tolstoj]
    [25. Oktober 1889]
    [Moskau]
    Nun also ist mein erster geschäftiger Tag in Moskau vergangen, wie mögt Ihr den heutigen Tag in Jasnaja verbracht haben, ich hoffe, Ihr all seid gesund und es geht Euch gut? [...] Als ich am Morgen ankam, lag Ljowa noch im Bett. Er hat Schnupfen. [...] Dann machte ich Besorgungen und fuhr mit Ljowa zum Essen zu den Djakows, wo auch Lisa, Warja und Mascha waren, es war sehr nett. Ich ließ ihnen die »Kreutzersonate« da und ging noch auf einen kurzen Besuch zu den Schidlowskis [...], danach wieder zu den Djakows, um das Manuskript wieder abzuholen, habe das Ende gelesen. Ljowa ist bereits zu Bett gegangen, und nun schreibe ich Euch. Es tat mir so weh, daß ich gestern abreisen mußte, es war so schön, als wir alle gemeinsam nach Koslowka fuhren! [...]
    Die Kreutzersonate hat bei allen großen Eindruck hinterlassen. Warja und ihr Mann lobten sie sehr, Mascha Kolokolzewa 138 war mit irgend etwas unzufrieden, Djakow machte Ausflüchte und schwieg, er sagte nur: »Das alles hat er selbst, wie wir alle, durchlebt.« Lisa trug nichts Besonderes bei. Am Samstag schicke ich die Erzählung nach Petersburg 139 .
    Lebt wohl, meine Lieben, bleibt mir alle gesund, heiter und artig. Ich erlaube mir nicht, mir Sorgen um Euch zu machen. Ich grüße alle und küsse Dich, Ljowotschka, die Mädchen und die Kinder.
    S.T.
    25., des Nachts.

IV. Im Hungergebiet –
Ein Versuch, das Haus zu verlassen
    Als im Sommer 1891 etwa zwanzig Gouvernements in Süd- und Zentralrußland von einer Hungersnot heimgesucht werden, wendet man sich sofort an Tolstoj. Erschüttert vom Ausmaß des Elends organisiert der Schriftsteller mit Unterstützung seiner ältesten Kinder Garküchen, wo viele Hunderte Menschen täglich ein warmes Essen erhalten. Zwei Jahre widmet sich die Familie Tolstoj dieser Aufgabe. Tolstaja veröffentlicht einen Spendenaufruf, der auf großes Echo stößt und organisiert die von Spenden finanzierte Beschaffung von Lebensmitteln und deren Verschickung in die Hungergebiete.
    Durch die Arbeit während der Hungersnot werden Ruhm und

Weitere Kostenlose Bücher