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Eine Ehe in Briefen

Eine Ehe in Briefen

Titel: Eine Ehe in Briefen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sofja Tolstaja , Lew Tolstoj
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Spenden erhalten. Davon übergab ich 3000 Pisarew 30 , der sie an Dich, Ljowotschka, weiterleiten wird. Er schlägt vor, davon Roggen zu kaufen; besprich Dich mit ihm. Was die Menschen mir mit solch großer Herzlichkeit geben, muß bestmöglich verwendet werden. Auch weiterhin erhalte ich viele anrührende Briefe.
    Sascha ist wieder krank geworden, sie hat hohes Fieber und starke Halsschmerzen. Jetzt hat die Krankheit auch sie getroffen. Zuerst hatte sie ein Zahngeschwür, nun die Influenza.
    Heute schreibe ich an das Ministerium für Innere Angelegenheiten bezüglich des Artikels in den »Moskowskije wedomosti«.Mir scheint, sie wollen mit ihren Artikeln eine Revolution anzetteln, indem sie die Artikel eines Tolstoj, Grot und Solowjow 31 gleichsetzen mit einer liberalen Partei, welche ihrer Meinung nach gerade an Auftrieb erhält, indem sie die Notlage des Volkes für ihre politischen Ziele zu nutzen sucht. Die ganze Gemeinheit dieser Angelegenheit darzulegen ist schwierig. Besorgt Euch die »Moskauer wedomosti« vom 9. und 11. November und lest nach 32 . Der Gedanke, den ich dem Minister darlegen möchte, ist folgender: Wenn man die Revolutionäre auf diese vermeintliche Unterstützung durch die herausragendsten Vertreter der Intelligenzija und den Einfluß auf die Stimmung in der Bevölkerung verweist, dann werden sie dies glauben und sich erneut erheben. In der jetzigen Situation jedoch wäre dies schrecklich, ja geradezu gefährlich. – Ich habe erst gestern erfahren, daß zwei der wichtigsten Persönlichkeiten bei den »Moskowskije wedomosti« einstmals der revolutionären Bewegung angehörten und sich nun den Anschein geben, regierungstreu und rechtgläubig zu sein 33 . – Doch wie schwer gelingt es ihnen, diesen Schein zu wahren!
    Eure Briefe, lieber Ljowotschka und liebe Tanja, habe ich erhalten. [...] Auch Iw[an] Al[exandrowitsch 34 ] schreibt, daß Ihr alle wohlauf seid und sehr heiterer Stimmung: daß Ihr alle, sogar Lew Nikolajewitsch, bei den Mordwinows Karten spieltet. Wie heiter ist es doch, wenn man keine unmittelbaren Verpflichtungen hat! Wenn Ihr Euch einmal 10 Tage lang um launenhafte kranke Kinder zu kümmern hättet, so wäret Ihr nicht mehr so guter Stimmung. Und dazu bin ich selbst ja auch nicht ganz gesund. – Mir scheint, daß Ihr Euch an den Anblick des Elends schon gewöhnt habt und nur mir hier in Moskau sich alles als abgrundtief schlimm darstellt. – Ich bin froh, daß Euch die Influenza noch nicht erreicht hat und Ihr frei seid von der erdrückenden Atmosphäre hier in Moskau. [...] Lebt wohl, schreibt mir aufrichtig, welches Eure Pläne und Absichten sind. Nur um eines bitte ich Euch, nämlich meinetwegen keinenSchritt, den Ihr zu tun gedenkt, zu unterlassen oder irgend etwas an Euren Plänen zu ändern. Ich bin keineswegs in der seelischen Verfassung, Eure unausgesprochenen Vorwürfe ertragen zu können, solltet Ihr meinetwegen zurückkehren.
    Lebt wohl! Johannes von Kronstadt 35 hat mir 200 Rubel geschickt. Von Ljowa habe ich eine Postkarte vom Landgut Bibikows erhalten. Dort herrscht wirkliches Elend! Ich küsse Euch alle.
    S.T.
    [Lew Nikolajewitsch Tolstoj an Sofja Andrejewna Tolstaja]
    [19. November 1891]
    [Begitschewka]
    Von verschiedensten Seiten hast Du Nachrichten von uns, und doch möchte ich Dir schreiben. Vorgestern erhielten wir zwei Briefe von Dir, und in ihnen ist eine bittere Note zu spüren, die mir sehr schmerzlich war. Du scheinst immer noch verletzt, so daß ich sogleich von hier abreisen wollte, aber die Mädchen meinten, es sei besser, wenn wir alle gemeinsam führen. Wir berieten uns und beschlossen, weitere Nachrichten von Dir abzuwarten, doch baldmöglichst alle gemeinsam nach Moskau zurückzukehren, nachdem wir die Arbeit hier jemand anderen übergeben haben. Die drei Mädchen husten alle und haben Schnupfen, ansonsten geht es ihnen gut. Mir selbst geht es bestens. Seit langem hatte ich nicht einmal mehr Sodbrennen. Gestern abend schrieb ich fleißig an meinem Artikel, in dem ich unsere Arbeit hier beschreibe, heute wachte ich um 7 Uhr auf und schrieb sogleich weiter, ohne auch nur einmal das Zimmer zu verlassen. Ein Artikel ohne Tiefe, doch wichtig dadurch, daß er anderen eine Anleitung zur Einrichtung von Garküchen sein kann.[...] Um 10 Uhr ritt ich zu den entfernteren Küchen und war bei prachtvollem Wetter bis 5 Uhr unterwegs. Die Situation wird zunehmend angespannter: Die letztenVorräte schwinden und die Zahl jener, die gar nichts mehr haben,

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