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Eine Ehe in Briefen

Eine Ehe in Briefen

Titel: Eine Ehe in Briefen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sofja Tolstaja , Lew Tolstoj
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mir doch leid, daß ich Euch verlassen mußte. Diese Reise hat meinem Verdruß und meiner nicht eben wohlwollenden Haltung gegen Dich aufgrund der Tatsache, daß Ihr uns alle hier zurückgelassen habt, ein Ende gemacht, und ich nehme nun zutiefst Anteil an Deiner schweren, doch zweifellos nutzbringenden Arbeit. Ich habe begriffen, wie schwierig diese ist, daß sie Dich absolut nicht heiter sein läßt, und wie schwer es wäre, dies alles hinzuwerfen.
    Der erste Eindruck in Moskau war das allgemeine Geschrei und Gestöhne aufgrund des Artikels in den »Moskowskije wedomosti« 49 . [...] Tanja 50 traf Suworin 51 , überflog Deinen Artikel bei Grot und die Übersetzung der »Moskowskije wedomosti«. Suworin telegraphierte, es sei erforderlich, daß ich eine Richtigstellung veröffentlichte. Am Vormittag war Grot hier, er hat sich in dieser Angelegenheit sehr klug in Petersburg engagiert. Er brachte die Druckfahnen, die Dillon als Grundlage für seine Übersetzung dienten, zu Plewe und erklärte ihm, was mit der Formulierung, das Volk wird sich erheben, gemeint sei; dieser Satz hat alle um den Verstand gebracht, niemand verstand ihn, er hat allen die tatsächliche Bedeutung erläutert. Der Zar soll zu Alexandrine 52 gesagt haben: »Sehen Sie sich diesen Artikel einmal an und lesen Sie, was unser protegé 53 geschrieben hat.« Es wäre sehr bedauerlich, wenn niemand den Zaren über die Verleumdung durch die »Moskowskije wedomosti« aufklärte. Es heißt auch, daß man Dich unter Hausarrest in Jasnaja Poljana zu stellen gedenke, doch der Zar habe befohlen: »Tolstoj darf nicht angerührt werden.« Wer soll sich in all diesem noch zurechtfinden. Doch ich bin überzeugt, daß der Zar mit seinem guten Herzen die Wahrheit auf jeden Fallherausfinden wird 54 . Über Dillon wird noch erzählt, er verabscheue Rußland und habe Deinen Artikel absichtlich verschärft, kaum merkbar zwar, aber auf boshafte Weise. Tanja wird Dir alles berichten. [...]
    Die Söhne Rajewskis, Kolja Obolenski, Sonja Mamonowa und Stjopas Maschenka 55 sind bei uns zu Besuch. Die Kleinen schlafen bereits, auch ich bin müde und gehe nun zu Bett. Ich küsse meine Mascha, grüße Vera und Jelena Michailowna 56 freundschaftlich und umarme Dich. [...] Lebe wohl.
    S. Tolstaja.
    [Sofja Andrejewna Tolstaja an Lew Nikolajewitsch Tolstoj]
    6. Februar 1892. Donnerstag.
    [Moskau]
    Ich habe Euch bereits nach Klekotki geschrieben und schreibe noch einmal nach Tschernawa, damit Ihr Euch nicht beunruhigt. [...] Gestern war M. Stachowitsch 57 bis drei Uhr des Nachts hier zu Besuch. Die Gespräche und Mitteilungen über den Artikel in den »Moskowskije wedomosti« machen mich noch ganz krank. Meine Schwester Tanja schreibt, in Petersburg sei eine Versammlung der Minister einberufen worden, auf der beschlossen wurde, Dich ins Ausland auszuweisen, der Zar jedoch habe diesen Beschluß nicht unterzeichnet und gesagt: »Er hat mich an meine Feinde verraten«, und er sei sehr gekränkt. »Seine Frau habe ich sogar empfangen, das habe ich bis jetzt für niemanden sonst getan.« Du vernichtest uns noch alle mit Deinen händelsüchtigen Aufsätzen, wo ist denn da Liebe und Gewaltlosigkeit? Du hast als Vater von neun Kindern kein Recht, mich und die Kinder zu vernichten. Und mag auch all dies dem Christentum entspringen, so sind die Worte doch schlecht gewählt. Ich bin sehr beunruhigt und weiß noch nicht, was ich unternehmen werde, allein – so wie es sich darstellt, kann ich es nicht belassen. Ich werde vorsichtigund mich kurz fassen, dessen sei gewiß. Ich küsse Dich und Mascha.
    S.T.
    [Sofja Andrejewna Tolstaja an Lew Nikolajewitsch Tolstoj]
    8. Februar 1892. In der Nacht.
    [Moskau]
    Den ganzen heutigen Tag war ich damit beschäftigt, Briefe zu schreiben: An den Minister für Innere Angelegenheiten, an Jelena Grigorjewna Scheremetewa 58 und an den »Prawitelstwenny westnik« 59 . Bei der Abfassung des an die Zeitungen gerichteten Briefes half mir Grot. Doch er wird wohl kaum irgendwo veröffentlicht werden. Und zugleich werden mir ohne Unterlaß beunruhigende Gerüchte zugetragen. Heute erhielt ich einen Brief von Alexander Michailowitsch Kusminski und einen von Tanja. Beide schreiben voller Anteilnahme darüber, daß sich irgendeine Gefahr zusammenbraue und flehen mich an, schnellstmöglich zu handeln, rufen mich nach Petersburg. Doch um welche Gefahr es sich handelt, verschweigen sie. Ich wäre heute schon fast mit dem Eilzug nach Petersburg gefahren. Doch ich fürchte, die

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