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Eine Ehe in Briefen

Eine Ehe in Briefen

Titel: Eine Ehe in Briefen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sofja Tolstaja , Lew Tolstoj
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anderem zu widmen als Deiner geistigen und künstlerischen Arbeit. – Darüber hinaus sehe ich mich nicht in der Lage, noch einmal all jenes durchzumachen, was ich im vergangenen Jahr durchgemacht habe. [...] Eine jede Frau, die ohne Fehl in dreißig Jahre währender Ehe lebt, hat schließlich das Recht, sich danach zu sehnen, den geliebten Ehemann an ihrer Seite zu haben, um ihn zu umsorgen, zu lieben und mit ihm beisammen zu sein. Wenn Du nur eine einzige Minute objektiv sein könntest und selbst liebtest, so würdest Du verstehen, wie legitim und menschlich mein Wunsch ist.
    Außerdem reicht mir schon der Anblick des Leidens, den Eure stolze Tätigkeit der Arbeit am Volk über Tanja gebracht hat.Ihr gesundheitlicher Zustand ist meines Erachtens sehr schlecht. [...] Als sie gestern von einem Spaziergang mit Sascha zurückkehrte, schien sie sehr munter. Niemand, der ihre Seele zerriß, und schon ging es ihr besser. Nach Begitschewka lasse ich sie nicht mehr fahren. [...]
    Es tut mir sehr leid, daß mein Brief Dich verdrießen wird, doch ich zog es vor, dies alles niederzuschreiben, denn ein Gespräch darüber ertrage ich nicht. Selbst während ich diesen Brief schreibe, rast mein Herz so sehr, daß sein Schlag sich auf den Tisch überträgt. Zerreiße diesen Brief bitte, damit er nicht ungewollterweise in fremde Hände fällt. [...] Leb wohl, lieber Ljowotschka, gib auf Dich acht, ich bitte Dich darum; trinke kein Wasser, das nicht abgekocht ist; nimm lieber Mandelmilch mit, wenn Du für längere Zeit unterwegs bist und auch die trinke nur verdünnt mit abgekochtem Wasser.
    S.T.
    [Lew Nikolajewitsch Tolstoj an Sofja Andrejewna Tolstaja]
    [24. Juli 1892]
    [Begitschewka]
    Gerade erhielt ich Deinen Brief [...]. Du schreibst, Du fürchtest, ich wolle erneut nach Begitschewka fahren und hier bleiben; ich bitte Dich, dies nicht zu glauben. Alles kann ohne meine persönliche Anwesenheit hier eingerichtet werden, vor allem, wenn Poscha 73 vor Ort sein wird.
    Ich bleibe nur noch ein paar Tage hier – vielleicht 4 oder 5, vielleicht auch weniger, beginne schon einmal, wenigstens ins unreine, einen Rechenschaftsbericht zu schreiben, für den die Anwesenheit hier notwendig sein kann. Bis dann wird möglicherweise auch Popow 74 hier eintreffen, den Tschertkow des Manuskripts wegen, das nunmehr, wie ich glaube, fertiggestellt ist, schickt 75 . [...]
    Wir sind wohlauf. [...] Nach Deinem nächsten Brief entscheideich, wann genau ich abreise, und werde dann umgehend telegraphieren. [...] Bis dahin lebe wohl, liebste Freundin, ich küsse Dich und die Kinder.
    L.T.
    [Sofja Andrejewna Tolstaja an Lew Nikolajewitsch Tolstoj]
    [3. November 1892]
    [Moskau]
    Mein liebster Freund Ljowotschka, gestern brachte Mitja Olsufjew 76 mir Deinen Brief, für den ich sehr danke, und heute kam noch einer mit der Post. Ihr verwöhnt mich, indem Ihr mir jeden Tag schreibt. [...]
    Ich habe heute Ljowas Rechenschaftsbericht gekürzt und abgeschrieben. Er ist allzulang geraten, recht unbeholfen geschrieben, und als ich ihn in der Redaktion abholte, bat Postnikow 77 mich inständig, ihn zu kürzen und zu überarbeiten, was ich auch getan habe, dann werde er ihn veröffentlichen. Morgen gebe ich ihn ab; es war viel daran zu verbessern, überaus achtlos ist sein Umgang mit Zahlen und Worten. – Von der Nummer mit Deinem Bericht wurden 5000 Exemplare mehr als sonst verkauft, und immer noch gehen Nachbestellungen ein 78 . Ich erhielt von der Redaktion 30 Exemplare und habe sie unter anderem an: Alexandrine, Strachow, die Kusminskis und Ljowa geschickt sowie an das Ministerium am Hofe, denn mit gleicher Post schrieb ich eine Mahnung an die Buchhaltung der Kaiserlichen Theater über das Honorar für die Aufführung von »Früchte der Aufklärung«, das seit dem 1. Januar noch nicht eingegangen ist, sowie an einige großzügige Spender, um daran zu erinnern, daß Unterstützung nach wie vor not tut. Auch nach Amerika schickte ich ein Exemplar. Dunajew sagt, alle weinten bei der Lektüre der letzten Episode. Wie könnte es anders sein! Dies ist keine Analyse, sondern wahre Kunst! Das hat wahre Kraft, es ist Gold und nicht vergoldetes Messing. [...]
    Ich hoffe, Tanjas Migräne ist vorüber. Heute leidet auch Sascha unter so etwas wie Migräne, beim Essen rührte sie nichts an, hat zwar kein Fieber und keine Schmerzen, nur der Kopf tut ihr weh. Wanetschka ist weiterhin wohlauf und heiter, bezaubert alle mit seiner Lebhaftigkeit und Herzlichkeit. [...]
    Mitja

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