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Eine ehrbare Familie

Titel: Eine ehrbare Familie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Gardener
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ihr Lieblingspony oder ihre Schulzeit auch noch über andere Dinge reden konnte. Schon beim ersten Zusammentreffen stellte er fest, daß sie über vieles Bescheid wußte, von dem er keine Ahnung hatte, zum Beispiel über Musik, die ihre große Leidenschaft war.

Zu James’ Entzücken kannte sie seinen Namen, was sich dadurch erklärte, daß sie nur sechs Meilen entfernt von ihm auf der anderen Seite von Haversage wohnte. Sie stammte wie er aus einer alten Offiziersfamilie, ihr Vater war Sir Bertram Mitchel, pensionierter Oberst der Königlichen Artillerie und ein Kriegskamerad des Generals.
    James erfuhr später, daß Sir Bertram das Leben in Challow Hall, seinem Landsitz, der Stadt vorzog. Hauptsächlich, weil seine Frau sich in Indien, wo der Oberst eine Zeitlang stationiert gewesen war, eine unangenehme Form der Malaria geholt hatte.
    Seine Tochter jedoch erfreute sich bester Gesundheit. Die beiden machten gemeinsame Ausflüge, James ging nach Challow Hall, um Margaret beim Klavierspielen zuzuhören, und Margaret kam nach Redhill, um James beim Fliegen zuzusehen.
    Am Wochenende, bevor James nach Sandhurst fuhr, ging er mit Margaret ins Gehölz und küßte sie. Zuerst nur schüchtern, aber als sie seinen Kuß erwiderte, mehrmals und mit Leidenschaft. Sie vergaßen die Zeit und sprachen über ihre Gefühle. Beide wußten nicht so recht, was mit ihnen geschah, aber sie waren sich vollkommen sicher, daß sie den Rest des Lebens miteinander verbringen wollten.
    Das Paar beschloß, sich noch nicht offiziell zu verloben. Margaret Mary wußte, daß ihr eine lange Wartezeit bevorstand, was sie aber nicht weiter beunruhigte, da sie keinerlei Zweifel an ihren Gefühlen hegte.
    Die beiden jungen Leute gaben sich der Illusion hin, daß niemand etwas von ihrer Beziehung ahnte. Aber die beiden Familien waren über den wahren Stand der Dinge längst aufgeklärt. Saras Bemerkung zu Giles während des Wochenendes in Redhill, daß Sandhurst ein ausgezeichneter Prüfstein für die Ernsthaftigkeit dieser Bindung sei, fand in Challow Hall ein verständnisvolles Echo, obwohl auch Margaret Marys Eltern nichts gegen die Verbindung einzuwenden hatten.
    James und Caspar lebten sich schnell in Sandhurst ein. Aber James war höchst erstaunt, als der Kommandeur ihm empfahl, auch weiterhin regelmäßig zu fliegen, aber noch verwunderlicher fand er die Anweisung, daß er sich mit erhöhter Aufmerksamkeit dem Studium der deutschen und französischen Sprache widmen sollte.
    James hatte keinerlei Schwierigkeiten, sich der täglichen Routine anzupassen. An den meisten Sonnabenden, wenn das Wetter es erlaubte, fuhr er ins nahe gelegene Farnborough, um zu fliegen. Nach einigen Monaten machte er seinen Flugschein.
    Mindestens einmal im Monat konnte er zu Besuch nach Challow Hall oder Redhill. Es war eine relativ kurze und bequeme Fahrt. Er führte also ein ausgefülltes, glückliches Leben, tat all die Dinge, die ihn am meisten interessierten, und seine Gefühle für Margaret Mary vertieften sich. Kurz vor Weihnachten 1912 heiratete James, Leutnant des Hampshire-Regiments, Miss Margaret Mary Mitchel in der Dorfkirche von Haversage.
    Die zwei jungen Leute waren reifer geworden und akzeptierten ihre gegenseitige innige Zuneigung mit amüsiertem Ernst. Einige ältere Familienmitglieder bemerkten, es sei sehr angenehm, zwei Vertretern der jungen Generation zu begegnen, die nicht ihre ganze Zeit auf Festen vertrödelten und die Nächte durchtanzten.
    Die Neuvermählten verbrachten drei glückliche Wochen in Paris, von denen sie drei Tage Marcel und Marie Grenot opferten. Margaret Railton, wie sie jetzt hieß, wußte jedoch nichts von dem versiegelten Päckchen, das James Marie heimlich zusteckte. Die Übergabe dieses Päckchens hatte eine lange Vorgeschichte. Sie markierte einen Wendepunkt in James’ Leben und hatte indirekt den Weg zu seiner Heirat geebnet.
    Es hatte alles Anfang des Jahres 1912 begonnen, als James aus den Weihnachtsferien in die Militärakademie zurückgekehrt war. Eine Woche nach seiner Rückkehr erhielt er eine persönliche, versiegelte Nachricht des Kommandeurs mit dem Befehl, sich um die unübliche Zeit von zehn Uhr abends bei ihm einzufinden.
    Er erschien im Privatquartier des Kommandeurs, der ihn in ein kleines Arbeitszimmer führte, ihn zum Sitzen aufforderte und ihm einen Kognak und eine Zigarre anbot.
    Nach ein paar Höflichkeitsfloskeln kam der Kommandeur zur Sache. «Ich muß mich für die späte Stunde entschuldigen,

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