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Eine ehrbare Familie

Titel: Eine ehrbare Familie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Gardener
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Sie die Geheimnistuerei bei der Hinfahrt. Aber in unserem Gewerbe ist Vorsicht geboten. Wir haben Sie schon eine Zeitlang im Auge, aber nach unserer heutigen Unterredung möchte ich Ihnen sagen, daß wir es gerne sähen, wenn Sie bei uns arbeiten würden. Wir können Sie gut gebrauchen.»
    «Sir, wer sind Sie nun eigentlich?»
    «Der Chef des Geheimdienstes für alle Belange außerhalb des britischen Territoriums. Mir unterstehen die Agenten - oder Spione, wenn Sie wollen - in allen fremden Ländern. James, wollen Sie dem Geheimdienst beitreten? Sie müßten natürlich zuerst ein Spezialtraining durchmachen.»
    Und so wurde James unauffällig und schmerzlos in ein Arbeitsgebiet eingeführt, das sein ganzes kommendes Leben bestimmen sollte. Er kehrte nach Sandhurst zurück. Im Sommer wurde er zum Leutnant bestellt. Und bald sollte er erfahren, daß dicht unter der Oberfläche des normalen Lebens eine andere, schattenhafte Welt existierte.
    Ohne Vorwarnung erhielt er, meist per Boten, Befehle, die ihn an zwielichtige Orte führten, wo andere Regeln galten. Er lernte Codes, drahtlose Telegrafie und Überwachungsmethoden. Er studierte die Stadtpläne aller größeren Städte Europas und lernte die Übermittlungswege für Geheimnachrichten.
    Es klang alles enorm einfach, fast wie ein Kinderspiel. Doch er mußte sehr bald entdecken, daß die Wirklichkeit ganz anders war.
    Auf seiner Hochzeitsreise, als er Mary Grenot das Päckchen übergab, führte er den ersten Auftrag für seinen neuen Kommandeur C aus.
    Giles Railton mußte - ohne James’ Wissen - seiner Tochter unauffällig Informationen zukommen lassen, denn sie war offiziell davor gewarnt worden, ihren deutschen militärischen Kontaktmann in Paris zu sehen.

11
    Der Mann, den James Railton als C kannte, war natürlich niemand anderer als der Marineoffizier Captain Mansfield Smith-Cumming, der Direktor des neugegründeten Spionageabwehrdienstes (Auslandsabteilung), später umbenannt in MI6, während Vernon Kells entsprechende Abteilung für die innere Sicherheit die neue Bezeichnung MI 5 erhalten würde.
    Giles Railton stand mit diesen beiden Abteilungen ständig in Verbindung und teilte viele Geheimnisse mit ihnen. Beide Abteilungen waren noch im Anfangsstadium und lernten ihr Gewerbe auf gemächliche Art. Mit der Rekrutierung von Männern wie James bereitete sich C auf einen eventuellen Krieg vor.
    Das Jahr 1913 nahm seinen üblichen Gang. Im Hochsommer erfuhr die Familie Railton, daß James und Margaret keine Zeit verloren hatten. Ein weiterer Railton war auf dem Weg.
    Patrick Quinn hatte sich aus der Welt des geheimnisumwitterten Gewerbes zurückgezogen, sein Nachfolger wurde der scharfsinnige Basil Thomson - ein militärisch aussehender Fachmann mit wenig Skrupeln behaftet, der jedoch, wenn er wollte, durchaus liebenswürdig sein konnte.
    Während des Sommers 1913 beschloß Giles, seine Schwiegertochter Bridget in Irland zu besuchen. Allerdings auf möglichst unauffällige Art, denn er war sich des Risikos wohl bewußt. Smith-Cumming wie auch Vernon Kell teilten seine Meinung, daß sich die englischen Agenten in Irland in einer gefährlichen Lage befanden.
    Das Parlament war fest entschlossen, den Iren die Autonomie zu gewähren. Als im Januar 1913 das Gesetz nach der dritten Lesung im Parlament angenommen wurde, brach in Dublin großer Jubel aus. Nicht jedoch in Ulster. Neun Monate später sollten die Ulsterleute ein Dokument unterzeichnen, in dem sie bei ihrem Leben schworen, die Selbstregierung Irlands bis zum letzten Atemzug zu bekämpfen.
    «Es ist nur eine Frage der Zeit, aber zu blutigen Auseinandersetzungen kommt es bestimmt», sagte Giles zu Bridget. Sie hatten sich um halb sechs Uhr früh an einem Waldrand getroffen. Der Himmel war perlgrau. Es versprach, ein schöner Tag zu werden.
    Nur Giles wußte, daß drei von Vernon Kells Männern, die getrennt angereist waren, sie aus sicherer Distanz bewachten. Er hatte Brot und Käse mitgebracht, und sie aßen, während sie sich unterhielten.
    «Ich weiß», sagte Bridget. Sie lebte in ständiger Angst. Giles wußte es und war gelegentlich erstaunt über ihren Mut.
    «Beide Parteien haben bislang noch nicht genug Waffen. Aber sie werden sie bekommen, ich fürchte, sogar sehr bald. Und dann gibt es ein großes Blutvergießen.»
    Giles dachte einen Augenblick lang über die schreckliche Lage von Doppelagenten nach. «Wir müssen einige echte Informationen für dich finden, die du weitergeben kannst, damit sie

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