Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Eine eigene Frau

Eine eigene Frau

Titel: Eine eigene Frau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: L Lander
Vom Netzwerk:
Angehörigen des Schutzkorps dann den Holzstoß untersuchten, rannte der Schmied auf den Ladekai und sprang ins Meer, in dem noch kleine Eisschollen trieben. Und dort blieb er dann. Es hatte geheißen, alle, bei denen man Waffen fände, würden auf der Stelle erschossen. Lehtonen hatte einen selbstgemachten Stutzen, das war bekannt.
    »Die holen dich auch von daheim«, sagte Saida. »Das führt doch zu nichts, wenn man tagaus, tagein nur drinnen hockt. Heute ist so ein schöner Frühlingstag.«
    Ja, wegen der Kinder musste man versuchen, die Zuversicht zu wahren, auch wenn die Welt endgültig aus den Angeln zu geraten schien. Natürlich war Saida außer sich vor Sorge, als Sakari zum Verhör abgeholt wurde, um herauszufinden, ob er sich des Hochverrats schuldig gemacht habe, wofür es allerdings keine weiteren Beweise gab als die Teilnahme seines Sohnes an den Kämpfen auf Seiten der Roten.
    Den Männern, die ihn vernahmen, erzählte Sakari wahrheitsgemäß, Viki sei aus reinem kindischen Übermut an die Front geflohen, und er versuchte sogar noch, von ihnen etwas über das Schicksal des Jungen zu erfahren, aber darüber wussten sie ebenso wenig wie der Vater selbst. Sie schienen Sakari zu glauben, aber er wurde in scharfem Ton ermahnt, sofort dem Stab des Schutzkorps in Halikko Meldung zu machen, wenn der Junge zu Hause auftauche. Er wisse doch, dass es Hochverrat sei, Rote, die Waffen getragen hatten, zu decken und dass man dafür das Todesurteil bekommen könne?
    Sakari sagte, er wisse das.
    Und so war es auch.
    Aber sollte er Viki tot oder lebendig zurückbekommen, würde keiner vom Schutzkorps den Jungen auch nur mit den Fingerspitzen anfassen.
    Das wusste Saida, und die Vernehmer ahnten es. Zumindest diejenigen, die selber Söhne hatten.
    »Bumm, bumm!«
    Usko hat auf der Erde einen Zweig gefunden und zielt damit auf die Schwäne.
    Tekla nimmt ihm den Stock ab und erklärt, man dürfe nicht auf Schwäne schießen, denn das seien heilige Vögel. So werde es einem in der Schule beigebracht. Schon in alten Zeiten, als die Bewohner des Nordlands noch so wild waren, dass sie bloß vom Jagen lebten, war das Töten von Schwänen das größte aller Verbrechen und wurde mit einer schrecklichen Strafe geahndet.
    Usko versucht seiner Schwester den Stock aus der Hand zu reißen und fängt an zu weinen, als sie ihn hinter dem Rücken versteckt. Aber Saida interessiert sich für das Thema.
    »Wirklich? Das habe ich gar nicht gewusst. Als ich in die Schule ging, war von Schwänen überhaupt nicht die Rede.«
    »Ja, aber Lehrer Nurmio spricht darüber«, sagt Tekla, begeistert, auf die Erwachsenen Eindruck zu machen. Der Lehrer hat erzählt, die alten Vorfahren hätten geglaubt, die Dunkelheit und Kälte des Winters rührten daher, dass die Schwäne im Herbst wegzogen. Und dass man Licht und Wärme erst wieder bekäme, wenn die Schwäne zurückkehrten.
    »Na, na!«
    Usko ist dazu übergegangen, Tekla mit seinen kleinen Fäusten zu hauen. Saida nimmt den zornigen Jungen auf den Arm.
    »Wenn man also einen Schwan tötete, tötete man gleichzeitig die Hoffnung auf eine bessere Zukunft«, sagt sie. »Eine gute und lehrreiche Geschichte. Oder was sagt der Vater dazu?«
    »Hä?«
    Tekla ist enttäuscht. Wieder einmal hat ihr der Vater nicht zugehört, obwohl sie sich gerade vor ihm auszeichnen will. Wütend schleudert sie den Stock ins Meer, worauf Usko auf Saidas Arm aus vollem Hals zu schreien anfängt. Sakari schnappt sich den Jungen und setzt ihn sich auf die Schultern.
    »Wir Männer reiten jetzt nach Hause. Halt das Hottehü am Zügel, Usko!«
    Das Kind hört schlagartig auf zu weinen und greift eifrig nach den Enden des blaugrünen Schals, die sein Vater ihm hinhält.
    »Und was für ein Kommando gibt Usko dem Hottehü?«
    Der Junge gibt ein kleines Schnalzen von sich, und Sakari trabt auf dem weichen Sand am Ufer los, auf den Humppila-Hügel zu. Saida und Tekla bleiben noch, um den Vögeln zuzuschauen, die in ihrer weißen Unbeweglichkeit aussehen wie Teile der Kulisse in einem Stück im Haus der Arbeiter.
    Zwei Stunden später, als Usko seinen Mittagsschlaf hält und auch Sakari und Saida Arm in Arm in der Kammer auf dem Bett liegen, klopft es an der Tür, und Siiri kommt außer Atem herein.
    »Sie haben Vater abgeholt.«
    Saida fährt hoch, und Sakari rappelt sich neben ihr auf. Wie sich herausstellt, ist Herman tatsächlich verhaftet und zum Genossenschaftsladen gebracht worden, wo sich auch die festgenommenen Joel

Weitere Kostenlose Bücher