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Eine eigene Frau

Eine eigene Frau

Titel: Eine eigene Frau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: L Lander
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dringt das Quaken der Frösche herüber, und überall ertönt das Plätschern, das entsteht, wenn Schmelzwasser in einen Teich rinnt. Als er hingeht und mit der Hand Wasser schöpft, bleibt Froschlaich am Handrücken hängen. Irgendwo weiter weg hört man Birkhähne beim Balzen kollern, worauf die Weibchen mit kritischem Zischen reagieren.
    Jeden Tag führt Arvi die Pferde eines nach dem anderen zum Trinken an den Teich, dessen Ufer so sumpfig sind, dass er fast ganz um das Gewässer herumgehen muss, bis er eine Stelle mit Sandboden findet, die ausreichend trägt und frei von Froschlaich ist.
    Das Wetter ist heiter, und die Sonne scheint den ganzen Tag lang hell durch die waagrechten Ritzen der Scheune. Nachts fällt die Temperatur knapp unter null, und er legt den Pferden die Decken über.
    Am frühen Abend des dritten Tages wird Arvis Friede schließlich gestört. Mit dem Stallmeister ist vereinbart worden, dass ein Bursche kommen und Bescheid sagen würde, sobald die sichere Rückkehr möglich wäre. Die Nachricht kommt tatsächlich. Als erschütternde und unangenehme Überraschung aber entpuppt sich ihr Überbringer.
    Arvi striegelt gerade eine der Stuten, als die Pferde unruhig werden. Er dreht sich um und sieht einen Mann in Uniform näher kommen und schließlich militärisch grüßen.
    Es ist Anders Holm.
    Er überbringt die ersehnte Botschaft von der totalen Kapitulation der Roten und den persönlichen Dank des Grafen für die Heldentat, mit der Arvi die kostbaren Tiere gerettet hat. Die fliehenden Roten haben mehr als 40 Pferde mitgenommen, von denen man einen Teil zum Glück bereits wiederbekommen hat.
    Anders hat auch einen Proviantbeutel dabei, dessen Inhalt sie sich teilen. Er brennt vor Verlangen, von seinem eigenen Abenteuer zu berichten. Es scheint in jeder Hinsicht etwas vollkommen anderes gewesen zu sein, als sich mit fünf Pferden in einer Scheune zu verstecken.
    Anders erzählt, er sei mit zwei Kameraden über Åland nach Finnland gekommen. Den Freiwilligentruppen des Schärengebiets schlossen sie sich in Houtskari an. Sie wurden der vierten Kompanie zugeschlagen, deren 120 Mann überwiegend Åländer waren. Die erste Kompanie war mit Schwedischsprachigen aus Turku und Umgebung besetzt, die zweite mit Finnischsprachigen und die dritte mit Männern aus dem Schärengebiet. Die Befehlssprache war für alle gleich: Deutsch.
    Als erste Waffe erhielt Anders ein Gewehr, das bereits »krumm« geschossen war. Er hatte das Schießen genug geübt, um sofort zu merken, dass man mit diesem Gewehr nicht traf. Auch hatte man ihm lediglich einige Patronen gegeben, von denen er nur drei für Übungsschüsse verwenden durfte.
    Zwei Tage Manöver mussten reichen, dann wurden sie bereits in die Ortschaft Korppoo verlegt, von der es hieß, sie sei gerade durch die Roten erobert worden. In Korppoo angekommen, bildeten sie eine Kette und näherten sich auf Befehl dem bewaldeten Uferwall.
    Nachdem sie eine Weile vorgerückt waren, eröffnete der Feind das Feuer. Anders war mehr als erleichtert gewesen, als der alte, fette Kommandant ihrer Abteilung einen jungen schwedischen Leutnant, Graf Carl August Ehrensvärd, zum Anführer der Offensive ernannt hatte. Der Alte selbst blieb auf einem Felsen zurück und verfolgte das Vorrücken der Abteilung mit dem Fernglas.
    Der Leutnant wies die Männer an, das Feuer nicht zu eröffnen, bevor sie den Feind sahen, und auch dann erst auf Befehl des Gruppenführers. Sie rückten in halben Gruppen mit kurzen Ausfällen vor und erlitten keine Verluste. Dafür war das Gewehrfeuer des Feindes in der Morgendämmerung wegen der großen Entfernung zu ungenau. Anders sagt, er sei vorab etwas angespannt gewesen und habe sich gefragt, was es für ein Gefühl sein würde, das Ziel von Schüssen zu sein und zurückzuschießen. Er behauptet, seine Feuertaufe gut überstanden zu haben.
    »Die Bluttaufe«, nennt er sie auf Schwedisch.
    Das Wort kommt Arvi fremd vor, ein bisschen lächerlich sogar.
    Erst als sie das Ufer erreicht hatten, durften die Männer das Feuer eröffnen, und die Roten zogen sich in Richtung Ortsmitte zurück. Beim Vorrücken im Wald hörte Anders aus der Deckung heraus, wie jemand schrie und abwechselnd nach Jesus und seiner Mama rief. Vor ihm lag ein verwundeter Roter in einer Senke. Er begriff, dass der Feind ihn mit Gesten um den Gnadenschuss bat. Anders legte bereits an, als er die Bauchwunde des Roten sah. Warum hätte er eine seiner wenigen Patronen an einen

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