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Eine eigene Frau

Eine eigene Frau

Titel: Eine eigene Frau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: L Lander
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einmal umblickt, sieht er Kustaa und den Händler bereits ein gutes Stück weit durch den Schnee auf der zugefrorenen Meeresbucht waten.
    In der Tat. Joel muss zugeben, dass Kustaa wirklich kein Dummkopf ist. Kustaa kann es sich nicht leisten, eines von den Büchlein zu kaufen, aber er hat die Geduld, den Mund zu halten und auch noch einen geschickten Weg zu finden zu bekommen, was er will. Der Kerl lässt sich von kleinen Buben drangsalieren, aber wenn es um Bücher geht, fällt ihm immer etwas ein.
    Joel sieht dem seltsamen Paar, das in Richtung Marktgemeinde verschwindet, hinterher: Warum ist mir das nicht eingefallen? Das könnte die Lösung sein, ein gemeinsames Unternehmen rentabel zu machen. Und vielleicht das Fräulein Wiberg in eine kleine Dankesschuld zu versetzen? Oder sie zumindest dazu zu bringen, seinen Erfindungsreichtum zu bewundern.
    Aber als er wenig später Sakari Salin seine Idee erklärt, sieht dieser ihn an wie einen Geisteskranken.
    »Hä? Den Leuten Kaufmannsware nach Hause chauffieren?«
    Er jedenfalls werde, verdammt noch mal, mit so etwas nicht anfangen.
    Joel lässt sich nicht entmutigen. Sein frischer Einfall grenzt seiner Meinung nach an Genialität und erfüllt ihn mit neuer, schäumender Selbstsicherheit. Sakaris Abenteuerlust ist mit der Änderung seines Zivilstandes eindeutig auf den Nullpunkt gesunken. Wie es aussieht, fällt von einem Mann viel Mumm und Mut ab, wenn er heiratet. Sicher ist Sakari von seiner Frau gewarnt worden, sich auf irgendwelche waghalsigen Unternehmungen einzulassen, und nun gehorcht er ihr lammfromm.
    Joel sagt, er persönlich glaube absolut nicht, dass der Patron etwas gegen den Genossenschaftsladen habe, das sei dummes Gerede. Irgendein Hasenfuß, der alte Vatanen oder ein anderer, habe das Gerücht in die Welt gesetzt, und diesem Gerücht müsse man die Flügel stutzen.
    Joel setzt sich vor Sakari hin und redet. Mit überzeugenden Formulierungen und der Präzision auswendig gelernter Hausaufgaben erklärt er dem Freund das Alphabet der Arbeiterwohlfahrt.
    Sakari tue gut daran, eines zu verstehen: Wenn er und sein guter Jugendfreund Joel Tammisto, ohne es selbst gewählt zu haben, aber dafür umso unwiderruflicher, dem Teil der Bevölkerung angehörten, dessen Einkommen vollkommen vom Verhältnis zwischen dem ausgezahlten Lohn und den Preisen der Konsumgüter abhänge, dürfe ihnen so eine Rettungsleine wie der Genossenschaftsladen auf keinen Fall gleichgültig sein.
    »Bist also du, Sakari Salin, ein Mensch, der sich für einen guten Arbeiter hält, bereit, dich Schwindlern und Kaufleuten, die sich an der Feigheit ihrer Kunden bereichern, auszuliefern, bloß weil du vor kleinen Unannehmlichkeiten zurückschreckst? Und das, wo doch gerade zwischen den nach Profit strebenden Händlern und der mit knappen Mitteln haushaltenden Lohnbevölkerung ein schreiender Interessenskonflikt herrscht.«
    »Ja, ja, schon gut«, bremst Sakari. Es ist wieder mal deutlich geworden, dass Joel ein aufgeweckter und allwissender Intelligenzler ist, aber wäre es nicht besser, wenn Joel als Junggeselle sich seine Predigt für empfängliche Töchter aufspart? Andererseits versteht er, Sakari, durchaus, dass es auf die Mädels natürlich Eindruck machen würde, wenn man ihnen französische Puderdosen und anderen schönen Mädchenkram bis vor die Haustür brächte.
    Joel schluckt den Spott, ohne zu widersprechen. Ihre Freundschaft würde es nicht verkraften, wenn er laut sagte, was er denkt. Dass er nämlich nicht versteht, warum Sakari, der jede hätte bekommen können, sich mit einem nichtssagenden Nachbarmädchen zufriedengibt, dem wahren Musterexemplar einer weiblichen Vertreterin des ungebildeten Sägewerkproletariats. Wie kann einem so eine Ehe nur zu Kopfe steigen? Sakaris Angeberei in dieser Frage ist nahezu unerträglich. Als hätte er in Gestalt des armen Mädchens, das er aus Versehen geschwängert hat, ein halbes Reich an sich gebracht.
    »Es ist aber nun mal so, dass die einzige Waffe der Arbeiter darin besteht, sich zusammenzuschließen.«
    Dieser oft gehörte Wahlslogan kann Sakari nicht erschüttern. Er wiederholt seinerseits, dass er es sich nicht leisten könne, beim Sägewerk rauszufliegen, und dass Joel das endlich begreifen solle.
    Aber es wird niemand rausgeworfen, versichert Joel. Wenn man gemeinsam handelt, ist man stark. Die Säge steht, wenn der Patron alle Mann hinauswerfen muss.
    Sakari streift sich die Stiefel von den Füßen. Das werde man ja wohl noch

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