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Eine eigene Frau

Eine eigene Frau

Titel: Eine eigene Frau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: L Lander
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eine selbstgehäkelte Baskenmütze aus Angorawolle. Auch die Tatsache, dass ich mich an ihre Kleider so genau erinnern kann, verrät wohl, wie seltsam der Vorfall, zu dem es damals kam, in meinem Kinderleben war.
    Bevor wir nach Halikko aufbrachen, knöpfte sich Mamu vor dem Spiegel in der Diele die Jacke zu und prustete plötzlich los. Sie sagte, sie sehe aus wie ein überdimensionaler Heuler. Als sie von Großvater und mir eine Bestätigung für ihre Ansicht verlangte, versteckte sich Großvater hinter seiner Zeitung und sagte, wir seien doch nicht verrückt. Ich wusste nicht einmal, was ein Heuler war. Mamu erklärte mir, das sei ein Seehundbaby. Heutzutage wird viel über Seehunde und Robben gesprochen, und immer wenn jemand für ihren Schutz eintritt, muss ich an Mamu mit ihrer Steppjacke und ihrer Angoramütze denken.
    Später habe ich mir die Fotos aus jener Zeit angeschaut und erkannt, was für eine attraktive Frau meine Großmutter noch im Alter von über 60 war. Sie hatte ein lebendiges, schön geformtes Gesicht und einen wohlproportionierten Körper. Sie war 13 Jahre jünger als Großvater, der unter vielerlei Altersbeschwerden und Bewegungseinschränkungen litt, aber auch kein bedauernswerter alter Dussel war. Zumindest in meinen Kinderaugen trug er die aufrechte Würde eines großen Mannes, die auch durch die langsameren Schritte und den Gebrauch eines Stockes nicht verblasste.
    In die Beeren konnte er allerdings nicht mehr, und wir hätten ihn dort auch nicht gebrauchen können. Mamu erledigte das Preiselbeerpflücken fröhlich plaudernd, und ich durfte Stöckchen in den Bächen schwimmen lassen, auf einem Baumstumpf belegte Brote essen und zwischen den Birken verschiedene Comicfiguren bei ihren Abenteuern im Dschungel nachspielen. Wenn die Eimer voll waren, machten wir uns auf den Weg zur nächsten Bushaltestelle.
    Auf der Höhe der psychiatrischen Klinik von Märynummi beschleunigte Mamu ihre Schritte. Sie hatte mir einmal erzählt, um was für ein Gebäude es sich handelte, und ich glaubte, ihr forscher Schritt habe damit zu tun, dass hinter einem Busch oder Baum ein furchterregender Irrer lauern könnte, mit einer frisch geschärften Axt unter der Jacke. Ich hatte nämlich von einem Axtmörder gehört, der statt ins Gefängnis in ein psychiatrisches Krankenhaus gekommen war.
    Auch ich war aufgeregt wegen des Gedankens an einen mordlüsternen Geisteskranken, aber trotzdem wurde meine Neugier durch den hellen Zaun geweckt, der neben der Straße ein ebenes Areal mit Zierfichten einfasste. Was verbarg sich dahinter? Ich erkannte einen großen, rechteckigen Stein. Er erinnerte mich an die viereckige Platte vor dem Eingang zur Höhle der Urahnen im Phantom-Comic. Ich wusste, dass dahinter ein geheimer Gang zu einem alten Tempel und in eine Schatzkammer führte, die das Versteck des Wandelnden Geistes war.
    Mein Großvater las mir fast jeden Tag Comics vor, nicht nur Das Phantom , sondern auch Superman , Tarzan und Donald Duck . Wir kauften sie im Antiquariat, wo der nie lächelnde Besitzer so viel qualmte, dass alle Hefte nach Zigaretten der Marke Klubi rochen. Mamu fand den Geruch entsetzlich. Darum durften wir die Hefte nur im Vorraum der Sauna aufbewahren und lesen. Ich mochte den Geruch, er gehörte für mich zu der Welt dieser Geschichten, und jedes Mal wenn ich den Rauch einer Klubi rieche – was immer seltener vorkommt –, befällt mich die Stimmung von damals, als ich mit Opa Comics las.
    Das Phantom war mein absoluter Favorit. Großvater schien davon ebenso begeistert zu sein wie ich, und die »alten Dschungelsprichwörter« wurden unsere Geheimsprache. Großvater konnte sich »auf den letzten Pfannkuchen stürzen wie ein Pavian bei Nacht« und damit der strengen Diät trotzen, die ihm der Arzt und Mamu verordnet hatten. Und ich bildete dazu mit den Lippen die Worte »altes Dschungelsprichwort«.
    Aber wenn Mamu einen strengen Blick auf Großvater richtete, legte er den fettigen Leckerbissen in die Schüssel zurück: »Wenn Mamu loslegt, schweigt der Dschungel. Nicht einmal Opa wagt es, Mamus Macht zu trotzen.« Und ich, ohne einen Laut: »Altes Dschungelsprichwort.« Großvater schob den Teller von sich und zwinkerte mir zu. Mamu runzelte mit gespielter Entrüstung die Augenbrauen, und ich kicherte über die Glückseligkeit der gelungenen Verschwörung.
    Im Herbst des Beerenausflugs war ich in der ersten Klasse und hatte gerade lesen gelernt. Unsere gemeinsame Beschäftigung mit den Comics

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