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Eine eigene Frau

Eine eigene Frau

Titel: Eine eigene Frau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: L Lander
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tun dürfen, ohne das Vertrauen der Lohnbevölkerung zu enttäuschen.
    »Dass die Schultern aber auch so verdammt wehtun müssen.«
    Warum Sakari bei der Stapelarbeit denn keine Polsterung unterm Hemd benutze, will Joel wissen, so wie er selbst es klugerweise tue, um sich zu schonen.
    Sakari gibt zu, dass die Polsterungen gut sind, aber die kräftigen Finger seiner Ehefrau seien noch wirkungsvoller.
    »Jede Entwicklung ist möglich«, insistiert Joel mit unterdrücktem Ärger, »wenn sie nur mit Verstand geplant wird.«
    Schließlich könne der Mensch auch fliegen. Das habe man ja gesehen.
    »Und ob man das gesehen hat«, lacht Sakari, gerade erst letzten Samstag habe er selbst zu Gesicht bekommen, wie der Jussi vom Osku Venho gepackt worden und dann von der Treppe der Hochburg in den Schnee geflogen sei.
    Eben. Aber jetzt habe der Amerikaner vorgeführt, wie man richtig fliegen könne. Sakari solle auch mal die Zeitung lesen, dann wüsste er so etwas.
    Sakari mustert Joel misstrauisch. Womit ist der Amerikaner denn geflogen?
    Mit einer Doppeldeckermaschine namens Flyer. Vierzylindermotor. Zwölf Pferdestärken Leistung. Joel spult die technischen Details wie auswendig gelernt herunter.
    Sakari amüsiert sich über die für Joel so typische Begeisterung für Apparate aller Art. Das Luftschiff werde bestimmt die Freiheit und den Fortschritt von Amerika nach Vartsala bringen und seinen Bruder Viki noch dazu, schlägt er vor.
    »Hat das Schiff auch Dampfkessel und Schornsteine, runde Fenster auf der Seite und achtern eine Schraube, die für Tempo sorgt? Und wenn es vorm Sägewerk auf Reede liegt, wirft es sicher den Anker aus, wie alle anderen Schiffe auch?«
    Propeller gebe es zwei, bestätigt Joel. Fliegen sei möglich. Das wisse man schon lange, und nun habe es ein amerikanisches Brüderpaar bewiesen. Es sei keine Hexerei, sich in der Luft fortzubewegen, wie die Frauen sich das vorstellen. Einen Besen brauche man dazu nicht. Das Fliegen basiere auf Strömungen.
    »Aha.«
    Auf Strömungen, genau, erklärt Joel geduldig, ohne sich von Sakaris Neckerei stören zu lassen. Sicher schämt sich Sakari bloß über seine eigene Unwissenheit. Joel kann nicht ernsthaft glauben, dass eine so umwälzende Erfindung nicht jeden vernünftigen Mann fasziniere.
    Die Luft sei wie Wasser, nur dünner, erklärt er. Und man könne die Luft mit einem Propeller quirlen wie das Wasser, und dadurch eine Strömung erzeugen. Diese Propellerströmung sorge für den Antrieb, der Antrieb trage die Flügel und hebe das Fluggerät in die Luft. Und tatsächlich, der Mensch könne fliegen! Was vor langer Zeit schon ausgerechnet und jetzt in der Praxis bewiesen worden sei.
    Sakari nickt mit einem Lächeln im Mundwinkel.
    Joel fügt hinzu, der Flug habe zwölf Sekunden gedauert.
    Daraufhin stößt Sakari einen langen Pfiff aus. So ein Aufwand wegen zwölf Sekunden!
    »Das ist erst der Anfang«, sagt Joel. »Aber trotzdem ein ausreichender Beweis für die Flugfähigkeit des Menschen.«
    Er sei sich absolut sicher, dass irgendwann der Tag komme, an dem Leute im Dorf Vartsala mit eigenen Augen das Wunder des Fliegens zu Gesicht bekommen werden, und das wäre zumindest für Joel dann die große Erfüllung seiner Träume.
    Genau. Und demnächst werde er die Schornsteine sprechen hören, sagt Sakari. Vielleicht erfinde Joel gar als Nächstes eine neue Religion, so wie Onkel Antti, bevor er in die Klapsmühle kam.
    Joel bittet Sakari, nicht unsachlich zu werden, wenn er schon keine Lust hat, sich in die Entwicklung der Technik zu vertiefen.
    Sakari schüttelt den Kopf. Versteht Joel denn nicht, dass die amerikanischen Zeitungen solche Lügen nur verbreiten, um die Aufmerksamkeit der Welt von den idiotischen Verlautbarungen ihres Präsidenten abzulenken?
    Joel verstummt für eine Weile. Immer wieder gelingt es Sakari, ihn zu überraschen. So gleichgültig der Kerl gegenüber dem Weltgeschehen auch zu sein scheint, verfolgt er doch die Nachrichten. Irgendwie gelingt ihm das ohne Aufhebens, und nur selten bringt er die Schlussfolgerungen seiner stillen Überlegungen zum Ausdruck.
    Joel steht auf und zieht die Jacke an. Um das letzte Wort zu behalten, muss er noch die höhnische Bemerkung fallen lassen, mit Sakaris Einstellung wäre nicht einmal das Rad erfunden worden.
    Sakari lächelt nur und bietet Joel eine Zigarette an.
    »Mit was für einem Apparat soll der Kaufmannskrempel denn transportiert werden?«, will er wissen, nachdem er einen perfekten Ring in die

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