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Eine eigene Frau

Eine eigene Frau

Titel: Eine eigene Frau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: L Lander
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Tränen aus. Viki starrt ihn von der offenen Tür aus verblüfft an. Sakari zieht das Taschentuch hervor und trocknet sich die Augen, bevor er seinem Sohn die Hand gibt.
    Nachdem er die Mitbringsel verteilt und bei Fischsuppe mit seiner Mutter die frischesten Neuigkeiten ausgetauscht hat, verlässt Sakari erneut das Haus. Er geht zum Verladehof des Sägewerks, tritt mit dem Stiefel auf die Rinden, die auf dem Boden eine geschlossene Decke gebildet haben, und atmet den Geruch von Borke und Tang ein. Die heimischen Gerüche, nach denen er sich in der fremden Stadt so sehr gesehnt hat, erfüllen ihn jetzt jedoch nicht mit Ruhe. Sie sind nichts als feuchte Luft, von der einem nichts auf der Hand bleibt. Nicht einmal der durch und durch vertraute Arbeitsplatz bietet Ansatzpunkte, mit deren Hilfe man die Welt wieder in Position hebeln könnte wie einen Baumstamm, der quer auf dem Stapel gelandet ist. Was stocherte er da mit der Fußspitze in der Kiefernrinde, als hätte die ihm klare Antworten zu geben?
    Sakari stapft zur Hochburg-Kaserne, wo die Geschwister Vuorio wohnen. Esteri ist nicht zu Hause, aber Sakari weiß, dass Kustaa, der auf der offenen Veranda eine Zigarette pafft, ihm auch erzählen kann, was zu erzählen ist. Dieser sträubt sich zunächst. Wer zum Teufel könne schon schlau werden aus den Meldungen von Esteris Nachrichtenbüro? Jeder wisse doch, dass sie zur Hälfte Scheiße enthielten.
    Ach ja?
    Ja, genau.
    Sakari erkennt an Kustaas ausweichendem Blick, dass das, was Saida angeblich geschehen ist, zum Allerschlimmsten zählt. Der große Kopf dreht sich zum Meer, als Kustaa schließlich mühsam die Einzelheiten, die er von seiner Schwester gehört hat, wiedergibt. Ein Rauchkringel schwebt über seiner Mütze. Sakari betrachtet den unförmigen Schädel und merkt, dass er Kustaa Vuorios Kopfbedeckung bestaunt wie ein bedeutsames Rätsel: Wo zum Teufel hat der Kerl die Mütze her?
    Was man sicher weiß, ist, dass die schwedischen Jungen, die im Herrenhaus zu Besuch waren, im Juli am Ufer des Guts aufgetaucht waren, als die Dienstmädchen dort gerade die Teppichwäsche beendet hatten, und dass Saida aus irgendeinem Grund nach dem Abmarsch der anderen Mädchen allein am Ufer zurückgeblieben war. Die Mädchen hatten gedacht, sie käme gleich nach, aber sie kam nicht. Schließlich kehrte eines der Mädchen zurück und sah Saida splitternackt auf dem Weg stehen. Einer der Jungen hielt ihr die Kleider hin.
    »Hm … Und dann?«
    Es ist ein später Abend im August, die Nachtfalter flattern um die Karbidlampe herum. Kustaa starrt auf das Licht und seufzt.
    »Aber … äh … als die Dienstmädchen später die getrockneten Teppiche holten, lagen auf dem Uferfelsen noch die … na ja … die Unaussprechlichen von einer Frau, und alle Knöpfe waren abgerissen.«
    »Tatsächlich?«
    »Ja, und dann hat einer von den verdammten Arschlöchern und schwedischen Scheißkerlen auch noch im ganzen Dorf damit geprahlt …«
    Kustaa schluckt, er gerät ins Stocken. Sakari hat die Fäuste geballt, es fällt ihm schwer zu atmen.
    »So was wird also geredet.«
    »Natürlich glaubt kein vernünftiger Mensch daran«, ächzt Kustaa. »Mit Gewalt ist es passiert. Wenn es passiert ist. Osku Venho und die Mätikkä-Burschen wollten im Suff schon hingehen und dem jungen Hahn das Gemächt abschneiden, aber dann haben sie es doch nicht getan. Außerdem dürften die Scheißkerle um die Zeit schon auf dem Rückweg nach Schweden gewesen sein.«
    »Wie … geht es … Saida denn jetzt?«
    Kustaa dreht sich um, schüttelt den Kopf. Man kennt sie ja, die Saida. Äußerlich sieht man ihr nichts an. Sie geht immer noch mit erhobenem Kopf. Wie die Königin von Saba. Als wäre nichts gewesen. Aber ihr Vater hat das Saufen angefangen. Der arme Herman. Wer hätte das von dem geglaubt? Und seine Bibel hat er ins Meer geschmissen, in die Halikko-Bucht. Die Kinder haben sie dann herausgeangelt.
    In der folgenden Nacht verschafft sich Sakari einen kühlen Kopf. Er weiß, was zu tun ist und dass es ruhigen Sinnes getan werden muss. Noch schafft er es nicht, sich die Angelegenheit so vorzustellen, wie sie passiert ist. Er begreift jedoch, dass er sie innerlich in allen Einzelheiten durchgehen muss, und zwar so oft, dass der Schmerz, der Zorn und das Gefühl der Hilflosigkeit ob der unmöglichen Rache allmählich verblassen und schließlich so dünn werden, dass sie an die Ränder des Bewusstseins treiben.
    Erst als er alles so gründlich durchdacht hat, dass

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