Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Eine Eule kommt selten allein

Titel: Eine Eule kommt selten allein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte MacLeod
Vom Netzwerk:
Einzelheiten des Plans wurden mir in verschiedenen Gesprächen mitgeteilt, zuerst traf ich einen Junior-Vizepräsidenten von Lackovites namenj Emory, später den Senior-Vizepräsidenten Mr. Dewey.«
    Peter und Winifred schauten sich an. »Doch nicht zufällig George Dewey?« erkundigte sich Peter. »Etwa meine Größe und Statur, mit Vollbart?«
    »Ja, genau. Er war sogar so angezogen wie Sie, wenn ich mich recht entsinne. Kennen Sie ihn?«
    »Ich glaube, Miss Binks und ich haben beide Herren kennengelernt. War Emory ein blonder, gesprächiger, reichlich überschwenglicher Mann? Glattrasiert, modisch gekleidet, jünger als Dewey? Stets bereit, jedem mitzuteilen, was er zu tun und zu las-sen hatte und wie er es zu tun hatte?«
    »Genau. Er hatte eine etwas zu forsche Art und war nicht immer klar in seinen Äußerungen. Ich muß zugeben, daß ich seinetwegen fast nicht auf den Handel eingegangen wäre, da er mir nicht sonderlich vertrauenswürdig erschien. Mr. Dewey war ganz anders, älter, bedeutend verantwortungsbewußter, zurückhaltend im Umgang mit anderen, dabei erfahren und hervorragend informiert.
    Mr. Dewey hat mich sehr beeindruckt. Er hat mich vollkommen davon überzeugen können, daß das Arrangement niemandem schaden und allen Beteiligten nützen würde.«
    »Er ist ein überzeugender Mann«, sagte Peter. »Und worin bestand Ihre Beteiligung an dem Geschäft?«
    »Professor Shandy, ich hoffe inständig, daß Sie nicht etwa annehmen, ich wäre so korrupt gewesen, mich bestechen zu lassen?« Nachdem er sich selbst erniedrigt hatte, versuchte Sopwith auf recht pathetische Weise, wieder zurück auf sein hohes Roß zu
    steigen. »Ich sollte einhundert Lackovites-Aktien erhalten, sobald es mir gelungen war, Miss Binks zum Verkauf ihrer Golden-Apples-Anteile zu bewegen, und weitere hundert Aktien, sobald das für den Kauf der Firma benötigte Geld in Lackovites-Aktien umgewandelt und an Miss Binks zurückverkauft worden wäre. Weitere Zuwendungen dieser Art hingen davon ab, wie viele weitere Aktien Miss Binks noch erworben hätte. Mit anderen Worten, ich hätte lediglich die Provision eines Verkäufers erhalten. Jedenfalls wurde mir die Sachlage von Mr. Dewey so dargestellt«, fügte Sopwith etwas weniger hochtrabend hinzu, nachdem er den Gesichtsausdruck seiner Zuhörer gesehen hatte.
    »Dann haben Sie bisher noch gar nichts erhalten?« fragte Winifred.
    »Rein gar nichts«, erwiderte Sopwith bedrückt. »Es gab nur das Gentleman's Agreement mit Mr. Dewey.«
    »Verstehe. Dann war meine Entscheidung, die Lackovites-Aktien abzustoßen und den Gewinn in Golden Apples zu investieren, wohl ein schwerer Schlag für Sie.«
    »Sie sagen es.«
    »Und Ihre mir unerklärliche Weigerung, meine Anordnungen zu befolgen, war in Wirklichkeit nur der verzweifelte Versuch, das vielversprechende Gentleman's Agreement nicht zu brechen.«
    »Äh - ähem -«
    »Aber dann haben Sie erkannt, daß alles vergebens war, und versucht, sich in den Luftschacht zu stürzen.« »Nein, so war es nicht.«
    Da Miss Ledbetter die ganze Zeit schweigend an der Tür verharrt hatte, waren die Anwesenden etwas überrascht, daß sie sich plötzlich wieder bemerkbar machte. »Er hat sich nur an etwas erinnert. Mr. Allerton, der früher in diesem Büro gearbeitet hat, war nämlich ein leidenschaftlicher Pfadfinder.«  
    »Aha«, sagte Peter. »Das erklärt natürlich alles.«
    »Allerdings. Mr. Allerton war stets auf alles vorbereitet, und zu den Dingen, auf die er besonders vorbereitet war, gehörten Brände. Damals durften die Angestellten noch im Büro rauchen, und es ist oft genug vorgekommen, daß jemand den Inhalt seines Aschenbechers mitsamt brennender Zigarette in den Papierkorb gekippt hat, woraufhin der Papierkorb anfing zu brennen. Meistens hat man das Feuerchen mit einer Tasse kalten Kaffees gelöscht oder mit einem Telefonbuch, einem Mantel oder sonst was erstickt. Aber Mr. Allertons Präventivmaßnahmen gingen weiter. Ihn beunruhigte die Vorstellung, es könnte einmal ein Feuer im Vorzimmer außer Kontrolle geraten, und er und seine Angestellten hätten hier im Büro in der Falle gesessen. Er ließ daher unterhalb der Ventilatoren in den Luftschächten Stahlleitern anbringen und veranstaltete jeden Morgen gymnastische Übungen, damit die Angestellten nicht etwa zu dick oder zu schlapp waren, dort hochzuklettern. Nach Mr. Allertons Pensionierung hörte der Drill auf, und Mr. Sopwith ist seitdem in mehr als einer Hinsicht nicht mehr in Form.

Weitere Kostenlose Bücher