Eine Eule kommt selten allein
niemand überschwenglich, wissen Sie. Von einem Vermögensverwalter erwartet man, daß er stets eine diskrete Zurückhaltung an den Tag legt und jederzeit Abstand wahrt. Außer am Wochenende natürlich, doch selbst dann müssen wir äußerst vorsichtig sein. Falls die Vizepräsidentin der Vermögensabteilung mich je an einem Sonntag mit den feinen Pinkeln bei der Fuchsjagd erwischen würde, wäre sie schon am nächsten Morgen hier, um die Bücher zu prüfen. Aber ich will mich natürlich nicht beklagen«, fügte Sopwith tapfer hinzu. »Besser ein unterbezahlter, vertrauenswürdiger kleiner Vermögensverwalter als ein verachtungswürdiger, hinterhältiger, steinreicher Handlanger einer korrupten Firma.«
»Eine sehr lobenswerte Einstellung, Mr. Sopwith«, sagte Winifred. »Peter, nach dieser Neuigkeit, die wir gerade erfahren haben, sollten wir besser sofort zur Station fahren.«
»Ganz Ihrer Meinung. Sopwith, Sie kommen am besten gleich mit. Vielleicht brauchen wir Sie als Zeugen. Debenham, könnten Sie uns in Ihrem Wagen nachfahren?«
Debenham konnte später Sopwith wieder zurück nach Clavaton bringen, Peter hatte allmählich die Nase voll davon, den Taxifahrer zu spielen. »Miss Ledbetter, haben Sie die Angelegenheit mit dem Börsenmakler geklärt?«
»Ja, Mr. Shandy. Er sagt, die Lackovites-Aktien seien heute ohnehin schon um acht Punkte gefallen, und der Verkauf der Binks-Aktien könnte ihnen den Rest geben.«
»Hervorragend. Könnten Sie uns vielleicht noch einen letzten Gefallen tun? Wären Sie so nett, in der Balaclava Forschungsstation anzurufen? Falls Mrs. Svenson noch da sein sollte, sagen Sie ihr bitte, wir seien auf dem Weg dorthin. Und Ihnen wünsche ich -eh - fröhliches Installieren.«
Kapitel 23
Der Kombiwagen der Porbles stand immer noch auf dem Parkplatz; Viola Buddleys roter Flitzer stand direkt daneben. »Das ist ja merkwürdig«, sagte Peter. »Ich frage mich, warum Sieglinde noch hier ist. Ich hätte gedacht, daß sie es nicht erwarten kann, nach Hause zu eilen, um vor der Heimkehr ihres Wikingers noch schnell ein paar Heringe kleinzuhacken.«
»Aber es scheint ihr gutzugehen«, sagte Winifred. »Ich kann sie sehen, sie sitzt an meinem Schreibtisch und trinkt Tee. Jedenfalls nehme ich an, daß es Tee ist. Meine Güte, ist das etwa Viola? Und wer ist die grauhaarige Dame da drüben? Soll ich als erste ins Haus gehen, Peter?«
»Ja, warum nicht? Sopwith, können Sie durch das Fenster etwas erkennen?«
»Nein, ich scheine dummerweise nur meine Lesebrille bei mir zu haben.« Sopwith tastete vergeblich seine diversen Taschen ab. »Wie ärgerlich.«
»Dann können wir genausogut den Damen Gesellschaft leisten. Gehen Sie ganz langsam, und halten Sie den Kopf gesenkt, damit man Ihr Gesicht nicht sofort erkennt.«
Winifred war jetzt im Empfangsraum, begrüßte Sieglinde und machte sich mit der grauhaarigen Dame bekannt. Viola stand, wie Peter durchs Fenster sah, im Hintergrund und blickte selbstgefällig drein. Sie hatte sich tatsächlich umgezogen und trug jetzt ein rüschenverziertes enganliegendes Kleid in dem gleichen Grünton wie ein nagelneuer Fünfzig-Dollar-Schein. Das Zusammentreffen mit ihrem ehemaligen Bekannten konnte man angemessen mit dem Wort elektrisierend beschreiben. Sobald sie das Haus betreten hatten und Sopwith nahe genug war, um Viola zu erkennen, reagierte er, als wäre er mit nackten Füßen auf ein Starkstromkabel getreten.
»Toots!«
»Ach, grüß dich, Malcolm. Was machst du denn hier?« Viola war genauso vom Donner gerührt wie ihr Gegenüber, versuchte dies jedoch mit allen Mitteln zu überspielen. »Hallo, Professor Shandy. Mrs. Svenson kennen Sie ja wahrscheinlich. Und das hier ist meine Vermieterin, Genevieve. Ich habe sie mitgebracht, damit sie uns ein bißchen aushilft.«
»Wie nett von Ihnen«, sagte Peter.
Er sah sich die Vermieterin genau an. Sie trug einen frisch gebügelten schwarzen Rock und ein smaragdgrünes T-Shirt, das sie falsch herum unter einem dunkelroten Pullover angezogen hatte. Sie besaß eine verdächtig üppige Haarpracht, und ihr Gesicht war auffälliger zurechtgemacht, als man es bei einer älteren Dame, deren Füße in Gummistiefeln steckten, erwarten würde. Als sie Anstalten machte aufzustehen, drückte Peter sie unsanft zurück auf den Stuhl, zog ihr die graue Perücke über die Augen, stemmte sein Knie auf ihre gut gepolsterte Brust und packte ihre wild um sich schlagenden Arme mit festem Griff.
»Nicht schlecht,
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