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Eine Eule kommt selten allein

Titel: Eine Eule kommt selten allein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte MacLeod
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dem Haupteingang steht nämlich ihr Kombi. Gehen Sie einfach schnurstracks hinein, und rufen Sie, wenn das Mädchen nicht am Empfang sitzt. Aber passen Sie beim Aussteigen auf.«
    »Nochmals vielen Dank, Smith. Es war wirklich nett von Ihnen, daß Sie uns mitgenommen haben.«
    Peter stieg als erster aus und hielt Winifred, die emanzipiert genug war, kleine männliche Gefälligkeiten nicht abzulehnen, die Tür auf. Sie freute sich augenscheinlich wie eine Schneekönigin, den Compotes endlich ihre Pläne für Golden Apples unterbreiten zu können. Peter war dabei etwas mulmig zumute. Die Firma war eindeutig die Erfüllung von Bills und Dodies Träumen, ihre eigene Idee, auch wenn die beiden sie nur mit dem Zaster des alten Binks hatten verwirklichen können. Wie würden sie sich wohl fühlen, wenn ihnen urplötzlich ein weiteres Mitglied der Familie Binks ins Haus schneite, mit dem nötigen Kleingeld in der Tasche, das zu machen, was sie selbst durch jahrelange Plackerei und Hingabe nicht hatten erreichen können?
    Dabei war es gar nicht Winifreds Verdienst. Er hoffte inständig, daß die Compotes vernünftig genug waren, um einzusehen, daß Winifred ihnen das Angebot niemals machen würde, wenn sie nicht seit so vielen Jahren höchsten Wert auf Qualität und Dienst am Kunden gelegt hätten. Andernfalls würde Winifred ihnen jetzt nämlich keinen roten Heller anbieten, und erst recht nicht die unerschöpflichen Schatztruhen der Binks für sie öffnen und ihnen erlauben, sich nach Herzenslust daraus zu bedienen.
    Jedenfalls stand die Stunde der Wahrheit unmittelbar bevor. Winifred rauschte hocherhobenen Hauptes und selbstbewußten Schrittes durch die Tür. Der Empfangsbereich war groß und wirkte ein wenig leer, das einzig interessante Möbelstück war ein reichlich alberner, verzierter Schreibtisch, der möglicherweise das Einweihungsgeschenk von Großvater Binks gewesen war, wie Peter vermutete. Dahinter saß eine relativ junge Dame in einem gelben Overall, die ihn entfernt an jemanden erinnerte, an wen genau, wollte ihm allerdings nicht einfallen. Winifred strahlte sie an wie die gute Fee aus dem Märchen.
    »Guten Morgen. Mein Name ist Binks, ich würde gern mit Mr. oder Mrs. Compote sprechen, am besten sogar mit beiden.«
    Die Rezeptionsdame erwiderte das Lächeln nicht. »Haben Sie denn einen Termin?«
    »Nein, ich war nur zufällig in der Gegend und wollte die Gelegenheit nutzen, ihnen einen kleinen Besuch abzustatten.«
    »Ohne Termin können Sie nicht mit ihnen sprechen.«
    Da war sie bei Winifred aber an der falschen Adresse. »Unsinn, selbstverständlich kann ich das. Ich nehme an, das da vorn ist ihr Büro.« Sie bewegte sich zielstrebig auf die Tür hinter dem Schreibtisch zu. »Wenn Sie mich nicht anmelden wollen, muß ich es eben selbst tun.«
    »Nein! Das dürfen Sie nicht!« Die Frau - Grundgütiger, sie war wirklich ein richtiger Koloß - sprang auf und versperrte Winifred den Weg, indem sie sich mit ausgebreiteten Armen vor der Tür postierte, und begann zu schreien wie am Spieß: »Hilfe! Hilfe! Kommen Sie! Schnell!«
    Die Tür wurde von innen aufgerissen. Über der Schulter der Schreienden erschien das Gesicht eines Mannes, ein langes, gebräuntes Gesicht mit einem dichten, rötlichblonden Haarschopf.
    »Immer mit der Ruhe, Elvira! Was ist denn bloß passiert?«
    »Die will hier einfach rein!«
    »Wer will hier rein?«
    »Die da!«
    »Ich kann niemanden sehen, würden Sie bitte zur Seite treten?« »Nein! Nein! Nein!«
    Ihre Schreie hatten wagnerianische Intensität erreicht. Der Mann, der noch größer war als sie, warf den Besuchern einen Blick zu, der wütend, verwirrt, aber vor allem verlegen war.
    »Elvira, was zum Teufel ist bloß in Sie gefahren? Dodie, komm mal schnell! Das Mädchen hat einen Anfall oder so was. Es tut mir schrecklich leid, gnädige Frau!« Er mußte laut schreien, um sich verständlich zu machen, denn die junge Frau brüllte inzwischen wie ein wildgewordener Stier.
    Winifred erspähte einen Wasserspender in der Empfangshalle, rannte hin, holte ein Glas mit eiskaltem Wasser und schüttete es mitten in Elviras Gesicht. Die Frau blinzelte, brüllte jedoch unbeirrt weiter. Inzwischen war eine weitere Person, bei der es sich vermutlich um Dodie handelte, hereingestürzt. Sie packte Elvira von hinten bei den Schultern und schüttelte sie wie einen Staubwedel.
    »Elvira, Schluß jetzt! Weg von der Tür! Kannst du sie nicht irgendwo einschließen, Bill? Elvira, mein Gott, so hören

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