Eine Eule kommt selten allein
öffne?«
»Nein, ganz im Gegenteil. Ich nehme an, er bittet Sie lediglich schriftlich um einen Termin, da er Sie seit Tagen telefonisch nicht erreichen konnte.«
Bill öffnete den Umschlag mit einem etwas merkwürdig aussehenden Plastikbrieföffner, der ein herziges kleines Mädchen mit einer Schleife im Haar darstellte, das ein noch herzigeres Kätzchen mit einer Schleife um den Hals im Arm hielt. Er bemerkte Peters hochgezogene Augenbraue und grinste.
»Altes Familienerbstück. Meine Großmutter hat es während der Weltwirtschaftskrise bei einer Lotterie im Kino gewonnen und mit nach Hause gebracht. Sie war so versessen auf Ramon Navarro, daß Opa damals sogar versucht hat, ihn wegen Entfremdung der Ehepartnerin zu verklagen. Nanu? Was soll das denn?«
Seine Augen verengten sich zu Schlitzen, seine Kiefermuskeln verspannten sich. »Winifred, hier steht, daß Sie bei uns aussteigen wollen.«
»Wie bitte? Lassen Sie mal sehen.«
Selbst Winifreds gute Erziehung hielt sie nicht davon ab, den Brief an sich zu reißen. »Was soll das denn? Das ist ja eine Unverschämtheit! Was hat er sich dabei wohl gedacht? Peter, Sie waren dabei, Sie haben doch meine Instruktionen gehört. Ich hoffe doch sehr, daß ich mich klar genug ausgedrückt habe?«
»Klarer geht es gar nicht. Winifred hat sich am Samstag morgen mit Debenham, dem langjährigen Anwalt der Familie, und einem Mann namens Sopwith, dem neuen Treuhänder für das Binks-Ver-mögen, getroffen«, erklärte Peter den Compotes. »Präsident Svenson und ich waren ebenfalls anwesend. Winifred hat dem College nämlich einen Teil ihres Vermögens gestiftet, damit wir eine Forschungsstation einrichten, zu der auch ein kleiner Fernsehsender gehört. Ihre finanzielle Lage ist daher auch für uns von großem Interesse, ganz zu schweigen von der Tatsache, daß sie eine gute Freundin ist und wir nicht wollen, daß man sie übers Ohr haut.«
»Und?« Bill Compote klang immer noch sehr argwöhnisch.
»Wir sind ihre diversen Beteiligungen durchgegangen, und sie hat Sopwith beauftragt, einige Aktien abzustoßen, die ihr Großvater an einer Firma namens Lackovites besaß, der Name wird Ihnen zweifellos ein Begriff sein, und die Gewinne in Golden Apples zu reinvestieren.«
»Ich habe diese Entscheidung getroffen«, fügte Winifred hinzu, »weil ich die Geschäftsgepflogenheiten beider Firmen eingehend studiert habe und feststellen mußte, daß Golden Apples zwar einen hervorragenden Ruf genießt, was Qualität und Lauterkeit betrifft, jedoch gewisse Schwächen aufweist, was die Verkaufsförderung betrifft, wenn Sie mir meine Offenheit verzeihen, während die Lackovites-Leute ausgezeichnete Verkaufsstrategien entwickelt haben. Aber da ihre Produkte ungenießbar sind, wollte ich mich auf der Stelle von ihnen trennen. Als ich erfuhr, wie groß meine Anteile an Golden Apples bereits sind, habe ich beschlossen, mich persönlich einzusetzen und eine offensivere Werbung anzukurbeln. Aus diesem Grund habe ich Mr. Debenham beauftragt, ein Treffen mit Ihnen zu arrangieren. Nichts lag mir ferner, als Sie zu bitten, mir meine Anteile abzukaufen, selbst wenn -ehm -«
»Selbst wenn wir das Geld dazu hätten, was wir natürlich nicht haben«, beendete Bill ihren Satz. »Ja, aber wie sollen wir dann diesen Brief verstehen?«
»Das weiß ich auch nicht. Und noch dazu Mr. Debenham! Ich -ich bin erschüttert. Bitte entschuldigen Sie.«
Winifred schniefte und wühlte verzweifelt in sämtlichen Hosentaschen. Dodie reichte ihr eine Schachtel mit Papiertüchern.
»Vielen Dank, Dodie. Es tut mir ja so leid. Wir haben bloß in der letzten Zeit schon so viel - sagen Sie es ihnen, Peter.«
Winifred vergrub ihr Gesicht in einem Taschentuch, Peter räusperte sich und hätte verflucht gern gewußt, was er ihrer Meinung nach erzählen sollte. Nachdem er Bill und Dodie auf ihrem eigenen Grund und Boden getroffen hatte, konnte er sich nur schwer vorstellen, daß sie in üble Machenschaften verwickelt sein könnten. Aber warum sollte er ihnen über den Weg trauen, wenn sich schon so viele andere Menschen als Verräter entpuppt hatten? Er konnte nicht einmal mit Sicherheit sagen, ob Tiger wirklich ihr Hund war.
Doch was sollte der ganze Unsinn? Falls diese beiden Leute die Fäden in der Hand hielten, bestand keinerlei Grund, warum er ihnen etwas verschweigen sollte, das sie sowieso schon wußten. Falls sie es aber nicht wußten, war es nur fair, ihnen endlich die Augen zu öffnen. Auf irgendeine Weise
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