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Eine Eule kommt selten allein

Titel: Eine Eule kommt selten allein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte MacLeod
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hat sie eindeutig erkannt. Sagen Sie mir die Wahrheit, Peter, hat Thorkjeld ein ordentliches Frühstück bekommen?«
    »Keine Sorge, Sieglinde, wir waren klug genug, ihn gut zu füttern. Er hat einen Polizeibeamten an Bord, der ihm als Kombüsensklave dient. Ist sonst noch etwas vorgefallen, seit Sie angekommen sind?«
    »Mr. Debenham hat eine Nachricht hinterlassen und will unbedingt mit Ihnen sprechen, Winifred. Es sind sogar zwei Nachrichten, eine von seiner Sekretärin und eine von ihm. Er hat eben angerufen und schien völlig außer sich. Ich habe ihm versprochen, Sie würden ihn so schnell wie möglich zurückrufen.«
    »Worauf Sie sich verlassen können«, erwiderte Winifred grimmig. »Hat er gesagt, ob er den ganzen Tag in seinem Büro erreichbar ist?«
    »Er hat mir versichert, daß er sich nicht vom Fleck rühren wird, bis er den Klang Ihrer Stimme gehört hat.«
    »In den Genuß wird er sehr bald kommen, allerdings nicht per Telefon. Peter, darf ich mich Ihnen noch einmal aufdrängen?«
    »Sie drängen sich mir nicht auf, Winifred. Würden Sie gern etwas anderes anziehen oder sich frisch machen wollen, bevor wir losfahren?«
    Winifred warf einen Blick auf ihre arg mitgenommene Hose und den Pullover, dem man ansah, daß sie darin geschlafen hatte. »Gute Idee. Ich werde mich beeilen.«
    »Nehmen Sie sich ruhig Zeit. Ich möchte Helen schnell Bescheid sagen, daß wir wieder zurück sind, außerdem würde ich gern erfahren, wie es Calthrop geht.«
    »Aber natürlich. Finden Sie heraus, ob er Besuch bekommen darf. Sie sagten doch eben im Wagen, daß er im Krankenhaus von Clavaton liegt. Vielleicht könnten wir kurz bei ihm vorbeischauen, nachdem wir-«
    Sie ließ den Satz unvollendet, und Peter verstand nur zu gut, warum. Sieglinde suchte ihm die Telefonnummer des Krankenhauses heraus und schaffte es nach einigem Hin und Her, mit der Intensivstation verbunden zu werden. Calthrop war wieder bei Be-wußtsein und konnte bereits Nahrung zu sich nehmen. Seine Vitalfunktionen waren soweit in Ordnung, und man versuchte, anhand diverser Tests die Schwere seiner Kopfverletzungen festzustellen. Zum jetzigen Zeitpunkt war keine Operation notwendig, doch er wurde genau beobachtet. Nur die nächsten Verwandten durften zu ihm.
    Das waren gute Neuigkeiten. Peter rief die Polizei in Clavaton an. Der Mann, der sich Fanshaw nannte, war tatsächlich während des Sturrnj entkommen. Das war eine schlechte Nachricht, doch damit hatte er ja gerechnet. Er wählte die Nummer der College-Bibliothek und fragte nach seiner Frau.
    Als es Peter endlich gelungen war, Helen zu versichern, daß er zum Abendessen wirklich und wahrhaftig zu Hause sein würde,   selbst wenn es mit dem Teufel zuginge, war Winifred schon wieder unten. Diesmal trug sie statt Hose und Pullover ein elegantes enzianblaues Jackenkleid und hatte sich einen Schal mit Blumenmuster um den Hals geschlungen. Marineblaue Schuhe, Handtasche, Handschuhe und ein Filzhut mit einem kleinen Strauß aus blauen Eichelhäherfedern vervollständigten das Ensemble. Sieglinde war entzückt.
    »Ah! So sollte ein würdiges Mitglied unserer Fakultät aussehen. Sie sind eine wahre Zierde für unser College, Professor Binks. Finden Sie nicht, Peter?«
    »In jeder Beziehung«, erwiderte er galant. Winifred war zwar keine berauschende Schönheit, doch in dieser Kluft sah sie tatsächlich sehr beeindruckend aus. Vornehm, das war das richtige Wort. Warum trugen nicht mehr Frauen Hüte?
    Sich für das Gespräch mit Debenham in Schale zu werfen war ein geschickter Schachzug, wie ihr wohl selbst klar war. Winifred kletterte selbstbewußt in Peters Wagen, legte den Sicherheitsgurt an und setzte sich kerzengerade hin, starrte nach vorn und hielt die neue Handtasche, in der sich zweifellos der fatale Brief befand, mit beiden Händen umklammert. Peter konnte ihr Gesicht nicht sehen, doch er hatte den Eindruck, daß ihre Nasenflügel bebten und ihre Lippen zusammengepreßt waren.
    Debenhams langjährige Klientin befand sich fürwahr in einer prekären Lage. Für den Anwalt, der sich viele Jahre lang selbstlos für ihr Erbe eingesetzt hatte, war die Lage allerdings noch sehr viel prekärer. Winifred ausgerechnet zu dem Zeitpunkt zu verlieren, als es sich endlich lohnte, für sie zu arbeiten, war dabei noch lange nicht das Schlimmste. Debenhams Ruf als Anwalt stand auf dem Spiel. Falls bekannt wurde, daß er sich den Wünschen seiner Klientin widersetzt und mit der Lackovites-Bande gegen sie intrigiert

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