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Eine fast perfekte Lüge

Eine fast perfekte Lüge

Titel: Eine fast perfekte Lüge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dinah McCall
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Schrecksekunde lang verharrten beide wie erstarrt, dann verstärkte sich der gegenseitige Druck ihrer Münder, als ob sie auszutesten versuchten, wie tief ihre Verbindung reichte. Ohne zu wissen, was sie tat, hob Macie ihre Arme und legte sie Jonah um den Hals.
    Doch eine Sekunde später öffnete sich die Tür, und Rosa kam mit dem Eisbeutel ins Zimmer. Abrupt schob Jonah Macie von sich und stand auf. Rosa eilte mit schnellen Schritten ans Bett und reichte Macie den Eisbeutel.
    „Der arme Kopf“, meinte sie mitfühlend. „Arme
niña
.“
    „Ich bin unten“, sagte Jonah zu Macie. „Sag Bescheid, wenn du mich brauchst.“
    Macie schaute ihm nach, während er zur Tür ging. Jonah musste sich beherrschen, um nicht fluchtartig das Zimmer zu verlassen. Auf dem ganzen Weg nach unten fragte er sich, was überhaupt in ihn gefahren war. Er war hier, um seinem Sohn das Leben zu retten, und nicht, um sich wieder mit einer Blaine einzulassen.
    Als er unten ankam, fragte Ruger: „Wie geht es ihr?“
    „Schon besser“, gab Jonah zurück und fügte hinzu: „Aber mir wird es vielleicht nie wieder gut gehen. Sie und ich wissen, dass es für meinen Sohn schon zu spät sein kann. Ich bete, dass es nicht so ist, aber in meiner Welt kann man nur überleben, wenn man der Realität ins Auge sieht. Zumindest besteht noch eine kleine Chance, dass er am Leben ist, und darauf hoffe ich. Ich kenne Evan Blaine nicht. Ich würde ihn nicht einmal erkennen, wenn ich ihm auf der Straße begegnen würde, und allein dieser Gedanke macht mich ganz krank. Ich kann mich offiziell nicht an der Suche beteiligen, aber irgendetwas muss ich einfach tun, sonst verliere ich den Verstand.“
    Ruger seufzte. „Ich habe selbst zwei Kinder im Alter von siebzehn und vierzehn. Ich will mir nicht mal ausmalen, was Sie gerade durchmachen. Wir werden alles tun, was in unserer Macht steht, aber ich kann Ihnen keine großen Hoffnungen machen. Das ist der schlimmste Fall, den wir je hatten. Wir haben bis jetzt absolut nichts in der Hand, und das macht mir offen gestanden große Sorgen, Slade.“
    „Ich möchte mir das Video nochmal ansehen“, sagte Jonah. „Vielleicht ergibt sich ja doch noch irgendetwas …“
    „Sie sind herzlich eingeladen“, meinte Ruger. „Ich bin dankbar für jede Hilfe. Tony analysiert es gerade. Am besten setzen Sie sich zu ihm.“
    Jonah zog sich einen Stuhl heran und setzte sich neben den Mann, auf den Ruger gedeutet hatte. Auf dem Computerbildschirm lief das Video, das er bereits gesehen hatte. Ein anderer Agent schaute sich auf einem weiteren Computer die Videobänder an, die die Überwachungskamera vor der Einfahrt aufgenommen hatte. Jonah wusste nicht, wo er zuerst hinsehen sollte.
    Dreißig Minuten vergingen, ohne dass sich auf dem Video, das die grausigen Geschehnisse im Innern des Hauses zeigte, irgendwelche neuen Anhaltspunkte ergeben hätten. Jetzt wandte sich Jonah dem anderen Monitor zu und versuchte sich auf das, was er sah, zu konzentrieren und seine Ängste im Zaum zu halten.
    „Was ist das, was wir da gerade sehen?“ fragte er.
    Agent Bobby Joe Thomas drückte die Stopptaste und warf einen Blick auf seine Notizen. „Dieses Band wurde am Tag vor der Entführung aufgenommen.“
    „Wie viele Bänder haben Sie sich schon angesehen?“
    Thomas schaute auf. „Bis jetzt … ein Dutzend, von den letzten zwölf Tagen.“
    Jonah runzelte die Stirn. „Und nichts Auffälliges entdeckt?“
    „Auf den ersten Blick jedenfalls nicht“, erwiderte Thomas. „Kann sein, dass da irgendetwas ist, aber wir sehen es nicht. Vielleicht fällt Ihnen ja etwas auf.“
    „Aus diesem Grund bin ich hier“, sagte Jonah.
    „Welches Band möchten Sie sich zuerst ansehen?“
    „Lassen Sie das, was Sie gerade drin haben, erst bis zum Ende durchlaufen, und dann gehen wir eins nach dem anderen durch.“
    Thomas nickte ernst und konzentrierte sich wieder voll und ganz auf seine Analyse.
    Eine Weile gab es kaum etwas zu sehen, außer dass ab und zu ein Vogel, untermalt von Verkehrsrauschen, durchs Bild flog. Dann fuhr ein alter Pick-up an die Schranke. Jonah lehnte sich vor.
    „Wer ist das?“ fragte er.
    „Der Gärtner“, sagte Thomas. „Er kommt auf allen zwölf Bändern jeden Tag um dieselbe Zeit.“
    „Aha.“
    Thomas’ Erklärung klang ausreichend, aber Jonah schaute trotzdem genau hin, als sich der Mann – dem Aussehen nach ein Südamerikaner – vor der geschlossenen Schranke aus dem Wagenfenster lehnte und die Hand nach dem

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