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Eine Feder aus Stein

Eine Feder aus Stein

Titel: Eine Feder aus Stein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cate Tiernan
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Küchentisch.
    »Wo ist Clio?«, fragte Petra. Sie warf einen Blick nach draußen, und ich begriff, dass sie versuchte herauszufinden, wie spät es war. Das war mir letztens verstärkt aufgefallen: Wann immer Petra oder eine der anderen Hexen die Uhrzeit wissen wollten, schauten sie zuerst in den Himmel und warfen manchmal anschließend noch einen prüfenden Blick auf die Uhr. Ich konnte nicht glauben, dass man die Zeit wirklich nur anhand des Sonnen- oder Mondstandes so genau bestimmen konnte. Wahrscheinlich kamen sie alle ständig zu irgendwelchen Verabredungen zu spät und ihre Fernsehsendungen hatten schon angefangen, wenn sie sich vor die Glotze setzten.
    »Sie sagte, sie müsse noch schnell was erledigen. Ich bin mit der Straßenbahn heimgekommen.« Clio schien den ganzen Tag etwas neben sich gestanden zu haben. Sie hatte müde und abgespannt, ja fast traurig ausgesehen. Ich hatte sie gefragt, ob sie okay war, und sie hatte erwidert, alles sei in Ordnung. Ich fragte mich, ob sie sich immer noch nach Luc sehnte. Wir hatten ihn beide so geliebt. Und schließlich hatte Clio keinen Kevin, der sie ein bisschen ablenkte.
    »Ist heute in der Schule irgendwas vorgefallen?«
    Ich spürte Petras blaugraue Augen auf mir ruhen und wusste, sie meinte, ob »etwas Seltsames« vorgefallen war. Ich schüttelte den Kopf. »Nein. Keine Schlangen, Wespen oder Unfälle mit der Straßenbahn.«
    Petra schüttelte den Kopf. »Ich habe jeden von den anderen befragt«, sagte sie. »Natürlich sind sie ganz hervorragende Lügner – das mussten wir alle über die Jahre werden. Aber irgendjemand von ihnen muss einen Verhüllungszauber benutzt haben.«
    »Die Schlange könnte auch Zufall gewesen sein«, wand Melysa ein. »Die sind hier überall. Sogar im Teich vom City Park habe ich schon Mokassinschlangen gesehen. Vielleicht sind die Angriffe wirklich vorbei.«
    Petra nickte, als würde sie sich gerne davon überzeugen lassen. »Ja, vielleicht.« Sie lächelte mir zu. »Jedenfalls bin ich immer froh, wenn ihr zwei nach Hause kommt.«
    Ich lächelte zurück und aß meinen Joghurt auf. Auch ich war froh, ein Zuhause zu haben, egal wie seltsam es dort auch manchmal zugehen mochte. Die Monate bei Axelle im Französischen Viertel hatten mich vollkommen aus der Bahn geworfen. Auch wenn Petra und Clio Hexen waren und auch wenn ich noch mehr in das ganze Drama um die Treize verwickelt worden war als zuvor, so hatte ich doch ein Zuhause und Menschen, denen ich wichtig war. Ich wusste nicht, ob ich je über den Tod meines Vaters hinwegkommen würde. Doch zumindest trieb ich nicht einfach so dahin, verloren, in einer Welt, mit der ich nichts anfangen konnte.
    Ich machte meine Hausaufgaben, während Melysa Kräuter zu kleinen Bündeln zusammenband, um sie zu trocknen. Draußen in der Waschküche gab es mehrere Holzgestelle, und jetzt wusste ich auch, wozu sie gut waren. Viele von Petras Kräutern und Heilpflanzen waren im Feuer verbrannt, und das, was noch zu retten gewesen war, hatte sie eingesammelt. Und nun hingen hier Schafgarbe, Helmkraut, Katzenminze, Zitronenverbene und alle möglichen anderen Kräuter, die ich noch nicht kannte, verkehrt herum zum Trocknen.
    Petra ließ gerade ein paar andere Pflanzen in kleinen Kupfertöpfen auf dem Ofen ziehen. Sie hatte für diese Abläufe ein regelrechtes System entwickelt, bei dem sie den Aufguss durch ein Mulltuch in kleine Glasflaschen abseihte und dann vorgedruckte Schildchen daraufklebte. Die Flaschen lagerte sie in einem Schrank in ihrem Arbeitszimmer. Ich würde das alles nie lernen, was sie wussten.
    »Das hier werde ich mir für Sonntag aufheben«, sagte ich und schloss mein Chemiebuch. »Das Schlimmste habe ich schon hinter mir.«
    Petra lächelte mir zu. »Clio wartet immer bis zur letzten Minute.«
    »Ich weiß. Aber ich hasse es, das ständig mit mir rumzuschleppen.«
    Melysa blickte auf. »Würdest du gerne mehr über die Hilfsmittel von Hexen und Hexern erfahren?«
    Ich wusste von den vier Pokalen und den speziellen Roben, welche man für gewöhnlich bei Zirkelsitzungen trug. Clio hatte noch andere Utensilien erwähnt, aber davon hatte ich keine Ahnung. Ich nickte. »Was zum Beispiel?«
    »Na ja, da gibt es zum Beispiel noch den Zauberstab«, antwortete Melysa. »Du hast doch keinen, oder?«
    »Nein.«
    »Aber Clio. Warum probierst du ihren nicht aus?«, schlug Petra vor. »Ich bin sicher, es würde ihr nichts ausmachen. Du wirst sowieso nicht genug Magie damit praktizieren, um seine

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