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Eine Frage der Balance

Eine Frage der Balance

Titel: Eine Frage der Balance Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana W. Jones
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ließen beide die Flügel hängen und kein Zweifel, daß hauptsächlich ich schuld war an ihrer Weltuntergangsstimmung. Beide hoben zaghaft den Blick, erleichtert über meinen freundlichen Ton, aber nicht ganz sicher, was sie davon halten sollten. Maree errötete leicht und sagte: »Nick hat noch vom Frühstück genug, aber ich möchte eine Tasse.«
    Der Größe der Kanne entsprechend, hatte das Hotel vier Tassen dazugestellt. Nick beäugte sie. »Ich auch. Für wen ist die vierte?«
    »Für niemanden.« Wir saßen kameradschaftlich nebeneinander auf der Bank und schauten in die Spiegel an der Wand gegenüber. »Tut mir leid, daß ich die Beherrschung verloren habe«, sagte ich.
    »Mir auch.« Bei Gemütsbewegungen machte der Schluchzer in Marees Stimme sich besonders stark bemerkbar. »Ich habe mir Vorwürfe gemacht wegen meiner letzten Bemerkung.«
    »Ich wollte erreichen, daß ihr es nicht glaubt - daß wir insgeheim die Welt beherrschen.« Zu meiner eigenen Überraschung merkte ich, daß ich hauptsächlich deshalb mit ihnen hatte sprechen wollen, um diesen Punkt klarzustellen. »Der Vorwurf hat mich getroffen, weil wir tatsächlich lenkend eingreifen, wenn die Lage es erfordert. Manchmal bewegen wir uns auf einem sehr schmalen Grat zwischen Beeinflussen und Herrschen.«
    »Das kann ich mir vorstellen«, sagte Nick. »Thr müßt sehr strenge Regeln haben.«
    »Äußerst strenge«, bestätigte ich.
    »Daraus ließe sich ein großartiges Computerspiel entwickeln«, meinte er sehnsüchtig. »Aber ich wette, wenn ich es versuchen würde, ich könnte es nicht. Ich habe probiert, mit Dave über Sie zu sprechen, und es ging nicht. Sie haben etwas getan, um uns daran zu hindern, das war nicht nur eine Drohung, stimmt’s«
    Wie sich herausstellte, waren sie mir nachgelaufen, weil Nick unbedingt Tips für die Vermarktung seiner Computerspiele von mir haben wollte. Mir sind schon von Teenagern entwickelte Spiele zur Beurteilung vorgelegt worden. Alles Mist, offen gesagt, und ich hatte keine Veranlassung, anzunehmen, Nicks Entwicklungen wären besser. Doch ich war immer noch bestrebt, etwas gutzumachen, und nannte ihm ein paar Namen und Adressen, die er begeistert notierte.
    Während er beschädigt war, sagte Maree: »Es muß Fälle geben, wenn ihr nicht eingreifen könnt oder wißt, daß es aus irgendeinem Grund nicht sein darf. Die beiden Weltkriege, zum Beispiel. Wie ist euch dabei zumute?«
    »Es kann furchtbar sein.« Ich dachte an meinen derzeitigen Ärger mit Koryfos. »Man muß tatenlos zusehen, manchmal aufgrund der Anweisung, nicht einzugreifen, aber manchmal verbietet einem die eigene Logik, etwas zu unternehmen. Und es gibt Situationen, die erfordern, daß man sogar noch Öl ins Feuer gießt, in dem Wissen, daß Millionen Menschen ...«
    Ich verstummte, weil sie mir nicht mehr zuhörte. Mit hochrotem Gesicht, den Zeigefinger gegen den Steg der Brille gestemmt, schaute sie wie gebannt auf etwas in der anderen Hälfe des Rau ms . Das Stimmengewirr um uns herum war merklich leiser geworden, dafür hörte ich hingerissenes Seufzen und Flüstern. Als ich Marees Blick folgte und sah, was ihre Aufmerksamkeit fesselte, fiel mir die Kinnlade herunter.
    Andrew durchquerte die Lobby, auf seine typische Art, als wandelnde Enklave, und obwohl er nicht rechts noch links schaute, umging er sämtliche Hindernisse auf seinem Weg, seien es Grüppchen, die auf dem Fußboden saßen und zu ihm aufblickten, oder hin und her laufende Kinder.
    »O Gott!« ächzte Maree. »Der fabelhafte nordische Typ wieder!«
    Es hatte den Anschein, als ob jedes weibliche Wesen im Raum das gleiche dachte oder sagte. Sogar Janine hatte beide Hände an den blutenden Busen gehoben und schaute selbstvergessen. Andrew schien die Luft in Wantchester gut zu bekommen, er sah gesünder aus als bei unserer gemeinsamen Herfahrt vor zwei Tagen, sein Gesicht hatte eine lebhaftere Farbe, und sein Gang war federnd. Doch ich behaupte, nicht zu wissen, wodurch ein Mann für Frauen attraktiv wird. Für mich war er nur mein Nachbar in überraschend guter Stimmung. Er hatte nichts davon erzählt, daß er den Con besuchen wollte, doch er trug eine ordnungsgemäße Besucherplakette und sogar angemessenere Kleidung als ich: eine knielange, bestickte Jacke in Rot und Braun und pludrige braune Hosen, vom Knie zum Fuß mit roten Bändern kreuzweise geschnürt.
    »Wundervoll!« sagte Maree atemlos.
    Nick stieß mir mit dem Stift gegen den Arm. »In den Spiegeln.«
    Ich schaute

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