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Eine Frage der Zeit

Eine Frage der Zeit

Titel: Eine Frage der Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alex Capus
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Commander?»
    «Dann werden wir einen anständigen Hafen bauen.»
    «Das wird Monate dauern.»
    «Dann dauert’s eben so lange, Major. Ein Grund mehr, keine Zeit zu verlieren und gleich heute damit anzufangen. Na, sagen wir morgen, heute zeichnen wir einen Plan. Ich habe noch zweihundert Eingeborene und achtundzwanzig weiße Männer unter meinem Kommando. Und Sie?»
    «Etwa gleich viele.»
    «Sehr gut. Meine Offiziere werden alle mit Hand anlegen, ich selbst ebenfalls. Wir brauchen einen Steinbruch, und wir brauchen Sprengstoff, und wir brauchen Männer, die die Steine schleppen.»
    Wie um Spicers Umsicht zu rechtfertigen, kam in der Nacht ein Sturm auf, der turmhohe Palmen knickte und tausendjährige Affenbrotbäume krachend zu Boden stürzen ließ, Zelte und Lehmhütten mit sich fortriss und den Regen horizontal übers Land peitschte. Der sonst so friedliche See bäumte sich zu schäumender Gischt auf, und haushohe Brecher stürzten ans Ufer, warfen die Segelboote auf den Strand und rissen Felsen, Bäume und Fischerhütten mit sich. Spicer genoss das Spektakel und empfand stille Genugtuung; wäre er seinem nachmittäglichen Impuls gefolgt und hätte die Boote bis ans Ufer geführt, so wären Mimi und Toutou jetzt verloren, gesunken oder am Riff zerschellt, und die Expedition wäre gescheitert und er selbst auch. Endgültig.
     
     
    Telegramm 28. Oktober 1915 an die königliche Admiralität in Whitehall, London, gekabelt über Leopoldville und Kapstadt: Bin heute in Albertville am Tanganikasee angekommen. Da es weder hier noch an einer anderen Militärstation einen brauchbaren Hafen gibt, lasse ich die Boote vorerst nicht zu Wasser und treffe Vorbereitungen für den Bau einer geeigneten Anlage. Es hat sich bereits die kleine Regenzeit mit den ersten Tornados bemerkbar gemacht, und der sogenannte Hafen von Albertville wird durch ein Riff versperrt, das nur zwei Fuß unter Wasser liegt. Bau eines Piers unumgänglich, Stapellauf von Mimi und Toutou verschiebt sich um sechs bis acht Wochen.
     
    Es grüßt hochachtungsvoll Ihr ergebener Diener,
    G. B. Spicer Simson, Acting Commander R. N.
     
    Spicer machte in den Hügeln hinter der Küste eine Granitwand ausfindig und ordnete an, dass jeden Tag von Sonnenaufgang bis -untergang immer exakt zur vollen Stunde eine Sprengung durchgeführt wurde; diese rituelle Gleichförmigkeit würde die zeitraubende Warnerei vor der Zündung verkürzen, und es würde die Träger dazu anspornen, das losgesprengte Geröll während der Stunde, die bis zur nächsten Sprengung blieb, hinunter zur Bucht zu schaffen. Regelmäßig wie das Geläut einer Schweizer Kirchturmglocke erschütterten von da an Detonationen die Küste des Tanganikasees, und vom Steinbruch zum Ufer bewegte sich von früh bis spät eine doppelreihig-gegenläufige Karawane von vierhundertfünfzig Männern, die mit Schubkarren, Eimern und bloßen Händen Felsbrocken, Steine und Geröll zur Baustelle brachten. Nach einer Woche war der Pier, der sich in einem eleganten Bogen nach Nordosten wenden sollte, um größtmöglichen Schutz vor den Südstürmen zu bieten, schon fünfzehn Meter in den See hinausgewachsen. Bei den Eingeborenen kursierte das Gerücht, die Briten wollten einen Damm bis hinüber ans andere Ufer bauen, um die Deutschen auf dem Landweg angreifen zu können.
    Und dann kamen die Deutschen herüber, um nachzusehen, was es mit den Explosionen, die bei Westwind bis ans östliche Seeufer zu hören sein mussten, auf sich hatte. Spicer hatte sie vom ersten Tag an erwartet und jedes Mal, wenn er seine Schubkarre über den Strand stieß, innegehalten und mit dem Fernglas den See abgesucht, ob nicht am Horizont die Rauchfahne eines deutschen Schiffs auftauche. Jetzt war es da, und zwar nicht am Horizont, sondern unverschämt nah, in höchstens einer Meile Abstand zur Küste, und kam von Norden her angedampft. Spicer sah sofort, dass es ein lächerlich harmloses Boot in armseligem Zustand war, das höchstens sechs Knoten Geschwindigkeit erreichte und unmöglich großkalibrige Geschütze an Bord haben konnte.
    «He Soldat!», rief er seinen Vordermann, einen belgischen Sergeanten, auf Französisch an. «Ist das die Wissmann?»
    «Nein, mon Commandant, das ist die Kingani. Die Wissmann ist ein bisschen größer.»
    «Viel größer?»
    «Nein, nur ein bisschen.»
    «Und die Götzen?»
    «Die ist noch mal größer.»
    «Ein bisschen größer?»
    «Nein, mon Commandant, viel größer.»
    Spicer hatte erst nach seiner

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