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Eine Frage des Herzens

Eine Frage des Herzens

Titel: Eine Frage des Herzens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Luanne Rice
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und setzt ihr Studium nächstes Semester an der Salve Regina fort.«
    »Das ist gut«, meinte Juliana.
    »Besser als den ganzen Tag zur Tür gehen«, fügte Monica hinzu.
    Die Mädchen begannen sich über die schlimmsten Jobs zu unterhalten, die sie jemals hatten, während Mirande rückwärts die Auffahrt hinunterfuhr. Doch Regis konnte den Blick nicht vom Mansardenfenster lösen. Als sich der Volvo in den Verkehr auf der Bellevue Avenue einfädeln wollte, trat Mirande voll auf die Bremse, um einen Zusammenstoß mit einem grünen Pick-up zu vermeiden, der langsam am Haus vorüberfuhr.
    »Puh, das war knapp!«, rief sie.
    Regis musterte den Wagen. Er war alt und zerbeult, als wäre er für schwere Arbeiten eingesetzt worden. Gartenarbeit vielleicht, nach den Dellen an beiden Seiten der Ladefläche und dem Ständer zu urteilen, in dem man Rechen, Schaufeln und Hacken aufbewahrte. An den Schmutzfängern hafteten Betonreste, und abgestorbenes Laub klemmte in der Heckbordwand.
    Der Fahrer schien nicht bemerkt zu haben, dass er um ein Haar von dem Volvo gerammt worden wäre. Er blickte angestrengt nach oben, nicht zum Himmel, sondern auf ein Fenster im Dachgeschoss des weißen Hauses mit den schwarzen Fensterläden. Er schaute zu der jungen Frau am Mansardenfenster hinauf. Er sah aus, als wäre er völlig in Gedanken versunken – und litte an gebrochenem Herzen, wie Regis binnen zwei Sekunden beim Anblick seiner Augen und seines Mundes feststellte. Das erkannte sie sofort,vor allem, wenn es sich auf dem Gesicht von Tom Kelly widerspiegelte.
     
    Kathleen stand am Fenster und versuchte sich zusammenzureißen. Sie hatte sich nie im Leben so elend gefühlt, und der Gedanke, dass heute Abend alles gepackt sein musste, damit sie morgen Abend nach New York fahren und am Sonntag das Flugzeug nach Palm Beach besteigen konnten, weckte in ihr den Wunsch, umgehend vom Dach zu springen. Allein der Gedanke, von einem imposanten Haus ins nächste überzuwechseln, machte sie krank, weil sie dort das Gleiche erwartete.
    Sie arbeitete erst seit dem Frühjahr bei den Wells, hatte aber schon die obligatorische Runde mit anderen Familien gemacht. Man verbrachte den Sommer in East Hampton und den Winter in Boca Raton. Oder in Edgartown und Man-O-War Key. Oder in Northeast Harbor und Naples. Die Häuser waren allesamt beeindruckend, die Anwesen in ihrem ursprünglichen Zustand erhalten. Man hatte einen Rolls-Royce und reiste.
    Als Kathleen aus dem Fenster blickte, bog ein Wagen in die Einfahrt ein, mit Mädchen beladen. Sie konnte nichts hören, sah sie aber lachen und reden. Was hätte sie darum gegeben, wenn sie jetzt nach unten laufen, sich auf die Rückbank schwingen und mit ihnen davonbrausen könnte. Was würden die Wells dazu sagen? In Anbetracht der Umstände waren sie vielleicht sogar froh, wenn sie verschwand. Fakt war, dass sie gerade dabei war, ihre Flucht zu planen.
    Eines der Mädchen, eine junge Schönheit mit einem eleganten, keck über ein Auge gesetzten schwarzen Barett, lief durch den Vorgarten auf das Haus zu und sprang die Stufen hinauf. Der Anblick entlockte Kathleen ein Lächeln. Dass sie nicht zu den üblichen Besuchern von Oakhurst zählte, war offenkundig. Sie erkannte Beth’ Schwester. Wie war gleich ihr Name? Klang irgendwie seltsam, hatte sie an den Strand erinnert.
    Beth hatte ein Bild von ihr auf ihre Kommode gestellt, bevor sie zu neuen Ufern aufgebrochen und mit ihrem Freund zusammengezogen war. Kathleen gefiel die Geschichte, warum ihre kleine Schwester niemals das Barett abnahm. Es war das letzte Weihnachtsgeschenk ihrer Tante, bevor sie starb. Die Tante war Amerikanerin und hatte in Newport gelebt, ihr aber ein Barett geschenkt, weil sie ihre Liebe zu allen Dingen kannte, die als typisch französisch galten. Sie hatte ihre Nichte verstanden, und Kathleen wusste, dass Verständnis ein unermessliches Geschenk war.
    Die Geschichte von Beth’ Schwester und ihrem Barett hatte Kathleens Seele durchdrungen. Sie verstand die Macht der Talismane, das Bedürfnis, die Verbindung zu einem geliebten Menschen aufrechtzuerhalten, koste es, was es wolle. Im Beisein dieses Menschen, Seite an Seite und Hand in Hand, war das Verlangen weniger schmerzlich. Doch sobald er fort war – durch Tod oder Trennung oder weil er auf dem festgefügten Sand eines irischen Strandes die Flucht ergriffen hatte –, brauchte man jeden Talisman, dessen man habhaft werden konnte.
    Kathleen wünschte, sie hätte etwas von James, woran sie

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