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Eine Frage des Herzens

Eine Frage des Herzens

Titel: Eine Frage des Herzens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Luanne Rice
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Kathleens Hand haltend, zog er sie auf das improvisierte Bett hinab.
    Ihr Herz schlug so schnell, dass ihr schwindelte und sie fürchtete, ohnmächtig zu werden. Ihr ganzer Körper schmerzte, und instinktiv wusste sie, dass dieses Gefühl auf die Sehnsucht nach James’ Berührung zurückzuführen war. Es machte sie nahezu verrückt.
    »Wir sind die besten Freunde«, flüsterte sie, als er ihr Gesicht mit seiner Hand liebkoste.
    »Für immer und ewig.«
    »Wie kann dann so etwas geschehen?«
    »So empfinde ich nun mal für dich«, flüsterte er. »Ich kann es nicht erklären. Ich weiß nur, dass ich bei dir sein muss, Kathleen …«
    »Das, was wir tun, ist doch nicht falsch, oder?«
    »Nein, Kathleen. Es ist richtig. Spürst du das nicht?«
    Sie nickte; ja, sie spürte es. Abends, alleine in ihrem Zimmer, dachte sie nur an James. Sie stand am Fenster, winkte ihm zu, bevor sie zu Bett gingen, und malte sich den Tag aus, an dem sie alt genug sein würden, um zu heiraten.
    Er küsste sie abermals, immer noch ein wenig zögerlich. Doch mit einem Mal war sie sich absolut sicher. Sie legte sich auf den Rücken und zog ihn an sich. Sie wollte sein Gewicht auf sich spüren, seinen Körper, der sich an sie drängte, und ihr war beinahe, als könnte sie ihn in ihr innerstes Sein hineinziehen.
    Sie behielten ihre Kleider an; sie umarmten und küssten sich, wollten mehr, wussten aber nicht, wie sie es anfangen sollten. Ihre Seelen verschmolzen in jener Nacht, in der stickigen Wärme des Heizungskellers von St. Augustine’s. Sie hielt James und James hielt sie umfangen.
    Das war die Nacht, in der sie erwachsen zu werden begannen. Als sie später in ihr Zimmer zurückkehrte, um am Fenster zu stehen und über den Innenhof hinweg einen Blick auf ihn zu erhaschen, wusste sie, dass sie sich verändert hatte, dass sie kein Kind mehr war.
    Während sie James in der Dunkelheit zuwinkte, hatte sich ein Teil von ihr leer gefühlt. Ihr Körper sehnte sich nach seinen Armen, doch insgeheim hatte sie ein nagendes Gefühl verspürt. Wie mochte es mit ihnen weitergehen? Würde es mehr Abenteuer geben, würden sie den Körper des anderen sowie neue Verstecke und Küsse erkunden?
    Sie wollte James’ Familie sein, und er die ihre. Andere Mädchen in ihrem Alter hatten Mütter, die ihnen zeigten, wie man das machte, das Erwachsenwerden. Sie sah sie bisweilen in der Kirche oder in der Schule, Mütter und Töchter, die sich nahestanden. Kathleen hatte die Mädchen aus solchen Familien nie um ihre schönen Kleider oder guten Schuhe, ihre Ohrringe und hübschen Halsketten beneidet – nein, sie neidete ihnen nur die Mütter, die ihnen etwas über das Leben und die Liebe beibringen konnten.
    Schon mit zwölf hatte sie über die Zukunft nachgedacht. Sie wollte wissen, wie sie sein, wie sie sich verhalten sollte. Sie war einer Panik nahe, als sie merkte, dass sie sich in James verliebt hatte. Sie hatten ihre Kindheit verloren, wussten aber nicht, wie sie den Eintritt in die Welt der Erwachsenen bewerkstelligen sollten.
    An jenem Abend, als sie am Fenster stand, hatte sie über die Schornsteine von St. Augustine’s hinweg zum Himmel emporgeblickt, eine Sternschnuppe entdeckt und sich gewünscht, ihre Mutter möge kommen und sie holen. Es war ein abwegiger Wunsch in Anbetracht ihrer tiefen Gefühle für James. Vielleicht war es das – vielleicht machte ihr eben diese Tiefe Angst.
    Wie auch immer, ihr Wunsch war in Erfüllung gegangen.
    Im nächsten Sommer tauchte ihre Mutter aus den Schatten der Vergangenheit auf und holte Kathleen aus dem St. Augustine’s. Sie hatte es sich beim Anblick der Sternschnuppe gewünscht, und es hatte geklappt.
    Als sie nun in ihrem Bett im Dachgeschoss von Oakhurst lag, dachte sie an alles, was sie von ihren Eltern gelernt hatte. Sie hatten dafür gesorgt, dass sie inzwischen meilenweit von James und der unschuldigen Liebe entfernt war, die zu erkunden sie damals gerade begonnen hatten. Kathleen schlang die Arme, so fest sie konnte, um sich und weinte in ihr Kopfkissen, das bereits tränennass war.

9
    D as Gästeapartment befand sich im vierten Stock, nur über die Treppe zu erreichen, in einem Gebäude, das vornehmlich von Studenten bewohnt wurde. Die graue Steinfassade spiegelte sich im Liffey-Fluss wider, und durch die Fenster blickte man auf eine Reihe von Backsteinhäusern am anderen Ufer und auf Kuppeln und Kirchturmspitzen der dahinter befindlichen Stadt.
    Das Apartmenthaus gehörte der Organisation Loyola

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