Eine franzoesische Affaere
Auge auf seine
Schwester haben und King störte es nicht weiter. Sie taten hier nichts
Verbotenes und waren noch lange nicht mit dem Essen fertig, kein Grund, sich
den Appetit verderben zu lassen.
Eigentlich hätten sie beide mit ihm rechnen müssen, da der Mann seine Aufgaben
sehr ernst zu nehmen schien.
„Am
Freitagnachmittag findet im Guggenheim-Museum eine Ausstellung fernöstlicher
Kunst statt, Fiona. Würde es Ihnen vielleicht gefallen, mich dahin zu
begleiten? Ich bin als ortsansässiger Künstler geladen. Es ist ein Champagner-
und Häppchen-Event sollte ich Ihnen wohl gestehen. Ich wollte schon absagen,
aber wenn ich jemanden hätte, der mich vor seichten Fragen beschützt, dann wäre
ich dieser Person auf ewig dankbar.“
Dass er nicht früher daran gedacht hatte! Eigentlich ging er der
Öffentlichkeitsarbeit, so gut es ging, aus dem Weg, da er nichts mehr
verabscheute, als von Agenten und sogenannten Kunstkennern Honig um das Maul
geschmiert zu bekommen. Zudem würde er Fiona einen Einblick in seine Arbeit
geben können, ohne sie zu sich einladen zu müssen, was wirklich zu forsch
klingen würde. Dafür war sein persönliches Interesse an ihr schon zu groß.
Als er eine
Einladung aussprach, war Fiona mehr als erfreut. King meinte es mit seiner
Gesellschaft also wirklich ernst. Und dann auch noch so bald. Freitag. Diesen
Freitag. In Gedanken öffnete sie schon die Türen ihres Kleiderschranks und
überlegte, was sie zu so einer besonderen Gelegenheit anziehen konnte, um King
ja nicht schon auf den ersten Blick mit ihr als Begleitung zu blamieren. Sie
wollte ihm unbedingt gefallen. Dafür würde sie sogar vorab den
Ausstellungskatalog studieren und auswendig lernen, selbst wenn das gar nicht
von ihr erwartet wurde. Es ging nicht darum, ihn auch noch damit zu
beeindrucken, sondern die vielen anderen Gäste, die sich zweifellos mit ihm
unterhalten und auch an sie die ein oder andere seichte Frage richten
würden, um zu prüfen, ob sie mehr zu bieten hatte als eine dekorative Hülle.
„Ich würde
Sie sehr gern begleiten. Vielen Dank.“ Das klang ein wenig zu förmlich und zu
wohlerzogen, aber das hier war auch keine Einladung zu einem Rockkonzert. Fiona
liebte Kunst und nahm ihn als Künstler sehr ernst. Sie war gespannt darauf,
weitere Stücke von ihm zu sehen. Bisher kannte sie nur das Bild, das er Nico
geschenkt hatte und das fand sie wunderschön. Kaum zu glauben, dass er so
fantastisch malen konnte, obwohl er doch Schwierigkeiten hatte, sein Umfeld
richtig und vor allem farbig wahrzunehmen.
Erst jetzt bemerkte Fiona, dass er ihr Gesicht mit seinen Augen fixierte und
irgendetwas darin zu suchen schien. Verlegen wollte sie sich wieder ans Essen
machen. Sie wusste ja, dass sie als hübsch galt, aber sie machte sich nicht
viel daraus. Fast alle Immaculates hatten gute Gene aber nicht alle diesen
arroganten Charakter, der sie damit hausieren gehen ließ. Als sie den Teller
mit dem Sandwich beiseiteschob, um den Kuchen zu essen, dämmerte ihr, warum
King sie so eindringlich angesehen hatte. Die Welle der Enttäuschung, die von
ihm ausging, als sie den Blick senkte, war auch für sie deutlich spürbar.
Immer noch in höchstem Maß verlegen und nicht sicher, ob sie mit ihrer
Vermutung richtig lag, rückte sie mit ihrem Stuhl ganz nah an den Tisch, dann
streckte sie die linke Hand nach Kings aus und beugte sich dabei auch noch
leicht mit ihrem Oberkörper vor, während sie erneut in höchstem Maße aufmerksam
seinen Blick suchte.
„Violett.“,
sagte sie leise in der Hoffnung, dass sie auf das Richtige anspielte. „Sehr
dunkel. Nicht so hell und klar wie Catalinas Augen. Bei Kerzenlicht wirken sie
fast schwarz wie die von Malcolm. In der Sonne oder elektrischem Licht eher
pflaumenfarben. Untypischerweise sind sie von einem feinen purpurfarbenen Rand
umgeben. Das findet man sonst eher bei den Breeds. Meine Großmutter
mütterlicherseits hatte solche Augen. Sie war eine ganz wunderbare Frau. Eine
echte Lady. Sie hätte Ihnen bestimmt gefallen.“
Und umgekehrt sicher auch. Nur dass die alte Dame leider schon sehr lange nicht
mehr lebte. Sie war eines natürlichen Todes nach sehr langer Zeit und sehr
glücklich gestorben. Selbst Fiona kannte sie nur aus Erzählungen und von einem
riesigen Porträt, das die Eingangshalle des Lancaster Anwesens zierte und die
ankommenden Gäste mit einem warmen, wohlwollenden Blick aus wissenden
ölgemalten Augen empfing.
King stockte
der Atem, als sie ihm die Farbe ihrer
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