Eine franzoesische Affaere
warm geworden war, aber
ein Schluck kaltes Wasser half ganz gut, den kühlen Kopf zurückzugewinnen.
„Ich habe mich noch gar nicht bei Ihnen für diese Einladung hier bedankt. Ich
hatte ja mit Freitag gerechnet, aber ich bin sehr froh darüber, dass wir das
frühe Abendessen so noch verlängern können. Es war sehr schade, sich nach dem
Spaziergang schon so früh verabschieden zu müssen. – Ja, wirklich. Das meine
ich ganz ernst.“
King sollte nur nicht glauben, sie würde etwas erfinden. Ganz im Gegenteil.
Hätte sie mehr Champagner getrunken, würde sie womöglich noch ganz andere
Sachen sagen. Dinge, die sie und ihn in Verlegenheit brachten. Es wäre ihr
sogar egal, ob ihr Bruder zuhören würde. Sollte er und die ganze Welt es doch
ruhig wissen: Sie mochte den Sophos! Kein Punkt am Ende des Satzes, nein, ein
dickes fettes Ausrufungszeichen. Jawohl.
Etwas zu energisch, beflügelt von ihren Gedanken und dem eigenen Mut, den sie
selbstverständlich nur im Geiste hatte, knallte sie das Glas zurück auf den
Tisch. Wasser spritzte hoch und lief ihr über den Handrücken. Automatisch hob
sie die Hand an den Mund und leckte das Wasser ab, statt die Serviette zu
benutzen. Wie eine kleine Katze, die ihr Pfötchen putzte. Die Zungenspitze noch
halb an der Haut klebend bemerkte sie ihren undamenhaften Fehler, als ihr
bewusst wurde, dass King sie ähnlich wie Theodor aufmerksam zu beobachten
schien und griff nach dem Tuch neben ihrem Teller.
„Entschuldigung,
ich bin ein bisschen neben der Spur, fürchte ich.“ Sie lächelte und fragte sich
ernsthaft, ob sie beide zusammen ihre Unterhaltungen immer nur mit
Entschuldigungen anfangen und aufhören würden, was doch vollkommen unnötig war,
da keiner von ihnen bisher auch nur ansatzweise etwas Schlimmes getan hatte.
„Der Vollmond. Ich reagiere dann immer durcheinander. Bitte fühlen Sie sich
nicht bedrängt. Das liegt nicht in meiner Absicht. Ich wollte nur sagen, dass
ich das Zusammensein mit Ihnen genieße.“
Fiona gab ihren Händen eine neue Aufgabe und zupfte den Saum ihres
zartrosafarbenen Spitzenkleides zurecht, obwohl es durch den körperbetonten
Schnitt perfekt saß, ohne ihr das Gefühl zu geben, in eine Pelle gezwängt zu
sein. Um sich vor der kühlen, aber noch nicht kalten Nachtluft zu schützen,
hatte sie ein weißes Bolerojäckchen aus Kaschmir dazu gewählt, da das Kleid
schulterfrei und somit für die Straße doch etwas offenherzig ausfiel. Der
Überwurf, den man mit einer antiken Silberbrosche schloss, baumelte lässig an
der Stuhllehne, da ihr im Moment viel zu warm dafür war. Auch unter ihren
langen Haaren, die sie offen trug, schwitzte sie und so schob sie die leicht
gelockte Pracht mit geübtem Schwung über die rechte Schulter.
„Vielleicht
sollten wir auch schnell gratulieren gehen, bevor das glückliche Paar die
Flucht ergreift.“, meinte sie weiterhin vergnügt lächelnd, aber wohl darauf
bedacht, nicht noch mehr aus dem Nähkästchen zu plaudern.
Immerhin hatte sie eine gute Entschuldigung für ihre als leicht offen zu
bezeichnende Art. Wenn sie nur immer schön den Vollmond einstreute, würde ihm
ihre wahre Verlegenheit ob ihrer plötzlich stärker empfundenen Gefühle für ihn
vermutlich gar nicht auffallen. Denn ob nun Mond oder nicht, sie war immer noch
keine Schwindlerin.
“Ja, lassen
Sie uns rüber gehen.“
King erhob sich und zog Fionas Hand in gewohnt ritterlicher Geste auf seinen
Arm. Es war gar nicht so leicht, an das Paar heranzukommen, weil natürlich
jeder seine Glückwünsche aussprechen wollte. Eine längere Unterhaltung mit Nico
über diese freudige Entwicklung verschob er allerdings lieber auf einen anderen
Tag. Nico sah schon überwältigt genug aus. Er freute sich wirklich, dass die
Dinge zwischen ihr und Damon sich so entwickelt hatten, wie sie es sich die
ganze Zeit erhofft hatte. Träume konnten doch wahr werden, wenn man nur von
ganzem Herzen daran glaubte.
Nachdem auch Fiona gratuliert hatte, führte er sie an die Stirnseite des
Raumes, wo es noch weitere Ausgänge gab, die auf die Terrasse führten. Er hatte
sehr aufmerksam beobachtet, welchen Ausgang Theodor und Bekky genommen hatten,
deren Anwesenheit gerade nur stören würde.
Die kühle Nachtluft umwehte sie beide und brachte etwas mehr Klarheit, dennoch
änderte das nichts an den Gefühlen, die King für Fiona hegte. Daran würde nicht
einmal die Sonne oder ein Schneesturm etwas ändern.
„Sollen wir
wirklich alles auf den Mond schieben, Fiona?“,
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