Eine franzoesische Affaere
nachvollziehen, was sie empfand. Seine
Eltern erfreuten sich schließlich bester Gesundheit und kein Immaculate war
jemals an einem Schlaganfall oder dergleichen ums Leben gekommen. Da spielten
zumeist nicht weniger grausame Einflüsse von außen eine Rolle oder ein
natürliches Ende in einem sehr hohen, für Sterbliche unvorstellbares Alter.
Sid war sterblich. Er sollte nicht zu sehr versuchen, sich in diese
Sache hineinzuversetzen. Das war, als würde er mit ihr spielen und es darauf
hinauslaufen lassen, sie später hart zu verletzen. Doch im Moment schien sie
einen Freund zu brauchen und alles, was er jetzt tat oder sagte, konnte er
später getrost auf seine Verletzungen schieben, die ihm zu schaffen machten.
Er konnte sich nicht auf der einen Seite zum Essen einladen und ihr Mühe
bereiten und sie auf der anderen Seite auf grober Distanz halten, die sie und
auch er selbst nach dem Kuss gestern Nacht niemals verstanden hätten. Viele
Unsterbliche führten hin und wieder eine Beziehung zu Sterblichen. Und seien es
nur freundschaftliche Bande. Mehr hatte er ja auch gar nicht vor. Zumindest
redete er sich das ein, bis Rhonda das Essen servierte, mit dem Sid ganz genau
seinen Geschmack getroffen hatte.
„ Merci ,
Rhonda! Das ist wirklich lieb von dir!“, bedankte sich Sid bei ihrer Kollegin,
die eben mit einem voll beladenen Tablett an ihren Tisch trat und Teller und
Getränke ablud.
Rhonda hatte sich bei der Anrichtung des Essens so viel Mühe gegeben, als hätte
sie es selbst gemacht. Der Salat sah wirklich appetitlich aus, das Fleisch
verbreitete eine anregend pikante Note und das frisch aufgebackene Baguette
machte das Bouquet nur perfekt. Sid seufzte zufrieden auf, dass sie sich nicht
umsonst bemüht hatte.
„Unsinn,
Kindchen! Alles Lob gebührt übrigens der jungen Dame hier. Sie kann in der
Küche wahre Wunder vollbringen. Guten Appetit, ihr beiden.“, meinte Rhonda mit
einem Augenzwinkern und eilte dann weiter, um sich um die anderen Gäste zu
kümmern.
Sid lächelte
verlegen: „Papa war der Zauberer. Er war ein chef de cuisine … Ich bin in
seiner Küche groß geworden. Wenn ich von der Schule kam, dann sah ich ihm bei
der Arbeit zu und irgendwann ließ er mich, Dinge klein schneiden… oder eine
Sauce umrühren und kosten. Ich musste raten, was ihr fehlte… Ich lernte den
Umgang mit dem Kochen spielerisch und habe erst viel später seine Lehrmethoden
durchschaut, die für mich immer ein aufregendes Spiel waren. Ich hoffe, dass
ich mit dem Essen wenigstens ein Bisschen deinen Geschmack getroffen habe,
Malcolm… Es hat wirklich Spaß gemacht, darüber nachzudenken, was dir schmecken
könnte und danach auf dem Markt die Einkäufe zu erledigen.“
Das Lächeln um ihre Mundwinkel vertiefte sich und das Gefühl wohliger Wärme in
ihrer Brust, glättete die aufgewühlten emotionalen Wogen, die das Gespräch über
ihren Vater nach sich gezogen hatte. Allein seine Nähe genügte, sich beschützt
zu fühlen. Sie könnte ihren Kopf an seine starke Schulter lehnen und er würde
ihr die Unterstützung niemals verweigern, wenn sie darum bitten sollte. Nicht
wie… Alexandre … Der hatte seine Schulter schließlich sehr schnell einer
anderen angeboten, weil Sid sich nicht wieder schnell genug fing.
Nur zu gut
war die Vorstellung von der kleinen Sid, die auf der Arbeitsfläche neben dem
Herd in Papis Restaurant saß, eine seiner Schürzen umgebunden und den
Kochlöffel in der Hand haltend, über Töpfe gebeugt, die halb so groß waren wie
das kleine Mädchen, dessen Wangen vom aufsteigenden Wasserdampf gerötet waren
wie die der jungen Frau nach dem kleinen Tänzchen gestern Nacht. Sie musste
absolut entzückend ausgesehen haben. Nein, sie sah heute noch so aus.
Bezaubernd, hinreißend. Begehrenswert.
„Bei einem
Nachtisch hat meine Fantasie allerdings versagt… Es ist schwer, jemanden in
diesem Punkt zufrieden zu stellen, den ich nicht für ein Zuckermäulchen halte…
Vielleicht ein demi-cuit ? Dafür müsste man allerdings ein großer Freund
von Schokolade sein. Der Kuchen ist nicht süß, er hat eine etwas herbe Note,
aber der dunkle, flüssige Kern zerfließt einem auf der Zunge…“
Beinahe kam es ihr vor, als würde sie über ihn sprechen. Sie verspürte schon
wieder das Verlangen, ihn zu kosten, weil sein Geschmack einfach unglaublich
anziehend auf sie gewirkt hatte. Nicht süß, sondern dunkel und überwältigend .
Sündhaft gut.
Sie über
einen möglichen Nachtisch sprechen zu hören, machte die
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