Eine franzoesische Affaere
ich
mir sicher nur ein.“
Eine andere Kellnerin, die ihn vorhin schon mit der schönen Mandy erwischt
hatte, fragte, was sie trinken wollten und er hakte nicht weiter nach. Malcolm
wählte sicherheitshalber tatsächlich das Wasser mit Eis. Natürlich hatte er
nicht vor, mit den Fingern im Glas zu fischen, um sich Kühlung unterm Pullover
zu verschaffen, aber in seinem Zustand war Alkohol wahrscheinlich eher etwas,
was ihn sehr schnell in Vollmondstimmung zurückversetzen würde, angeschlagen
wie er war.
Sid würde selbst wählen, sofern sie ihm Gesellschaft leisten konnte. Ihr Äußeres
ließ zwar nicht daran denken, dass sie heute zu bedienen gedachte oder lange in
der Küche werkeln würde, aber er durfte ihr in keinem Fall die Zeit stehlen.
Vielleicht hatte sie ja doch einen Freund, mit dem sie verabredet war. Einen
Freund, den er nur zu gern kennen gelernt hätte. Nur um ihm zu sagen, wie sehr
er es genossen hatte, Sid zu küssen. Und es jederzeit wieder tun würde.
Gott, sie ist doch nur eine ganz gewöhnliche Sterbliche.
Der Gedanke gipfelte in einer weiteren Musterung. Was tat sie nur mit ihm? Er
sollte so schnell wie möglich gehen. Doch statt sich zu verabschieden, blieb er
sitzen, studierte für wenige Lidschläge die übrige Gästeschar, um Sid dann
höchst gespannt anzusehen und zu fragen: „Was gibt es zu essen?“
Sid lächelte
ein bisschen aus ihren Gedanken gerissen: „Nichts mit Zwiebeln!“
Es amüsierte
ihn königlich, dass sie seiner Bitte tatsächlich gefolgt war, ohne Zwiebeln
kochen zu lassen. Es ging ihm dabei garantiert nicht um seinen Atem, wie sie sicher
vermutete. Der Geschmack machte ihm vielmehr zu schaffen. Er konnte sie
schlichtweg nicht ausstehen.
Sid gab
Rhonda ein Zeichen, dass sie nun so weit waren, das Essen kommen zu lassen.
Diese hielt ihr mit einem breiten Grinsen den in die Höhe gereckten Daumen
entgegen. Das hieß bestimmt, dass es nach außen betrachtet gut zwischen ihr und
Malcolm lief, oder nicht?
Sie strich sich über das Dekolleté und sah dann wieder zu ihm auf, weil die
Kette noch in ihrer Tasche im Spind lag. Vor lauter Aufregung hatte sie
vergessen, sie wieder anzuziehen. Malcolm hatte mit seiner Vermutung ganz
richtig gelegen.
„Papa hat mir
die Kette zum achtzehnten Geburtstag geschenkt. Ich weiß nicht, woher er sie
hatte. Ich hab gestern den Verschluss kaputt gemacht und sie heute zum Juwelier
gebracht. Der war ziemlich versessen darauf, sie schätzen zu lassen, aber ich
mag sie einfach nicht weggeben. Der materielle Wert ist mir völlig
gleichgültig. Sie soll angeblich sehr alt sein, eine Antiquität… Vielleicht
hatte mein Vater einfach ein gutes Händchen beim Kauf. Ich glaube kaum, dass
der Anhänger einmal einer ägyptischen Prinzessin gehört hat. Vielleicht
erscheint es dir töricht, dass ich so sehr daran hänge…“
Sid musste einen tiefen Atemzug nehmen und heftig blinzeln, um die Trauer nicht
Überhand gewinnen zu lassen. Sie hatte seit Monaten nicht mehr darüber
gesprochen, sich schlichtweg geweigert, jemanden an ihrem Verlust teilhaben zu
lassen. Es war ihr vorgekommen, als ob es außer ihr selbst keinen anderen
Mensch auf der Welt gab, der ihn nachvollziehen konnte.
„Mein Vater…
Er ist Anfang des Jahres… einem Schlaganfall erlegen. Ich hätte niemals damit
gerechnet, so plötzlich Abschied nehmen zu müssen. Ich sagte ja, dass ich Paris
nicht einfach so verlassen habe. Das war mit einer der Gründe, in die Staaten
zu kommen. Wenn jemand in ein tiefes Loch fällt, der es gewohnt ist, gute
Ratschläge zu geben und Lebenshilfe zu leisten, dann erwarten die Menschen um
einen herum, dass man Stärke zeigt. Und in dieser Zeit lernt man schnell, wer
ein wahrer Freund ist.“
Ein dunkler Schatten huschte über ihr Gesicht, als sie an die geheuchelten
Mitleidsbekundungen und falsch tönenden Ratschläge dachte. Sie sollte das
Andenken ihres Vaters verschachern. Seine Rezepte waren Gold wert, aber sie an
den Meistbietenden zu verkaufen, wäre ihr nicht im Traum eingefallen. Sie lagen
derzeit sicher in dem Safe einer Pariser Bank, bis sie sich wirklich damit
auseinander setzen konnte. Schließlich wollte sie dem Erbe ihres Vaters gerecht
werden.
„Oh! Das tut
mir sehr leid.“, war alles, was Malcolm erwidern konnte, als er spüren musste,
wie sie von Trauer, Schmerz und gleichzeitig tiefer Liebe schier überwältigt
wurde. Nur aufgrund ihrer Gefühle, die er in diesem Augenblick für sie
unbemerkt mit ihr teilte, konnte er
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