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Eine Frau - Ein Bus

Titel: Eine Frau - Ein Bus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Doreen Orion
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Und«, log ich, »ich bin nicht bereit, jetzt schon das Handtuch zu werfen.« Dankbar schloss er mich in die Arme.
     
    Es stellte sich heraus, dass dieser erste Zwischenstopp für Tim wesentlich belastender war als für mich. Dorothy ging es gar nicht gut. Die beiden telefonierten zwar regelmäßig, aber Tim hatte seine Mutter seit fast einem Jahr nicht mehr gesehen, und als sie nun vor ihm stand, war ihr Zustand erschreckend. Wir wussten, dass sie ein wenig vergesslich wurde, aber auf die Entfernung war es einfacher, das Ausmaß ihres Verfalls zu verbergen.
    Schnell fanden wir heraus, womit wir es zu tun hatten: Ihr Haus versank im Chaos. Brot und Marmelade leisteten einander in einem ansonsten leeren Kühlschrank Gesellschaft. Die Bedienung der Geschirrspülmaschine überforderte sie völlig. Während des Brunchs schien sie sich in der Gegenwart all dieser Leute unwohl zu fühlen und war angespannt, obwohl es sich nur um ihre Familie handelte (die nicht nur ihre drei Söhne und deren Ehefrauen umfasste,
sondern auch noch ihre acht Enkel und deren Partner und Kinder). Noch besorgniserregender war die Tatsache, dass sie allem Anschein nach nicht begriff, weshalb wir alle gekommen waren.
    Tim und seine Brüder wichen ihr während des Essens nicht von der Seite, und nach einer Weile schien sie ein wenig aufzutauen und sich zu entspannen. Der Rest von uns ebenfalls. Mit Entzücken bemerkte ich, dass eine ihrer Urenkelinnen, eine entzückende Dreijährige namens Ileana, zur Feier des Tages ein hübsches blaues Satinkleidchen trug. Noch mehr beeindruckte mich jedoch, dass sie sich einen Luftballon aussuchte, der farblich perfekt dazu passte. Ein Mädchen, das die Bedeutung von Accessoires verstanden hatte!
    Einer von Tims Brüdern erbot sich, Dorothy bei sich und seiner Familie aufzunehmen, doch sie wollte nichts davon hören. Wir boten ihr an, eine Haushaltshilfe zu besorgen, die sich um sie kümmerte. Auch das lehnte sie rundheraus ab. Am Ende gelang es Tim jedoch, sie zu überreden, ihn wenigstens zu einem Anwalt zu begleiten, damit dieser zu gegebener Zeit die Vormundschaft für sie übernehmen konnte. Für den Augenblick konnte sie keiner zwingen, nicht länger allein zu leben. Mit einem Sohn und diversen Enkeln in der Stadt war zumindest gewährleistet, dass jeden Tag jemand nach ihr sah.
    Tim hatte seiner Mutter immer sehr nahe gestanden. Nach der Scheidung seiner Eltern, als er dreizehn war, und dem Auszug seiner älteren Brüder waren die beiden allein gewesen - er und sie gegen den Rest der Welt. Nun war nicht zu übersehen, dass sie in Schwierigkeiten steckte und er nur sehr wenig dagegen unternehmen konnte. Zumindest gab es kaum etwas, was sie erlauben wollte.

    Obwohl Allround-Freak alles versuchte: Er machte das Haus sauber, lieh sogar einen Teppich-Shampoonierer aus, kaufte Lebensmittel und Kleidung für sie, machte die Wäsche und fand eine ganze Reihe an Reparaturen, die erledigt werden mussten.
    Doch keine dieser Tätigkeiten half ihm, sein schlechtes Gewissen zu mildern, als die Zeit des Aufbruchs kam.
    Als wir uns für die Weiterfahrt nach New Mexico rüsteten, begann Tim, Zeit zu schinden. Ich nahm an, er wolle Dorothy nicht zurücklassen, aber abgesehen davon gab er schließlich zu, dass er sich auch ein wenig vor den Katastrophen fürchtete, die uns möglicherweise auf der Straße erwarteten. Ein unsicherer Fahrer eines 20-Tonnen-Gefährts ist keine gute Idee. Ich versuchte ihn zu trösten.
    »Ich weiß«, wiegelte er ab, »aber es wird nichts passieren.« Ein irrationaler Busfahrer ist noch schlimmer als ein unsicherer.
    Zurück auf dem Highway, entspannte Tim sich, wie immer, wenn er hinterm Steuer saß. Er liebt alles, was einen Motor besitzt, besonders aber alte Fahrzeuge. So genießt er es in vollen Zügen, an ihnen herumzubasteln, mit ihnen zu fahren (sofern sie fahrtüchtig sind) und sie sogar zu putzen. Für mich dagegen ist ein Auto lediglich Mittel zum Zweck.
    Zu Beginn unserer Beziehung fuhr ich einen zehn Jahre alten (»scheißblauen«, wie Tim ihn titulierte) Toyota. Es war mein erster Wagen. Ich hatte ihn zum Sonderpreis beim Gebrauchtwagenhändler erstanden (ich habe nie verstanden, wieso ihn niemand anderes haben wollte) und war überglücklich mit ihm. Er war zuverlässig und brachte mich überall hin, wo ich hinmusste.
    »Lass mich diese Kiste wenigstens putzen«, bettelte Tim.
    »Weshalb sich die Mühe machen? Mir ist es egal, und du fährst ja nicht damit. Wir fahren immer mit

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