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Eine Frau - Ein Bus

Titel: Eine Frau - Ein Bus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Doreen Orion
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sie aus der Höhle geflattert kamen. Schätzungsweise ist das ein Vorteil meiner neu gewonnenen Bus-Angst: Selbst eine Phobie muss ihre Prioritäten setzen.
    Nach ein paar Tagen ohne Zwischenfälle beruhigte ich mich, bis Tim beschloss, die Stereoanlage das erste Mal in Betrieb zu nehmen, und nicht genügend Bässe einstellen konnte. Er überlegte, ob die Anlage wohl an den Fernseher angeschlossen werden musste, und hob den in die Decke eingelassenen 42-Zoll-Flachbildschirm herunter … direkt in die nur leicht angelehnten Glasschiebetüren der Stereoanlage. Sie und das gläserne Innenleben zerbarsten in tausend Teile. Und ich muss es wissen, schließlich pflückte ich nach unserer Rückkehr noch immer winzige Splitter aus meinen Füßen.

    Am nächsten Tag beschloss er, den Comb-o-matic 6200, eine unselige Verbindung aus Waschmaschine und Trockner auf platzsparendem Raum, in Betrieb zu nehmen. Bis zu diesem Zeitpunkt hatte der Haushaltsmutant im Schrank gestanden und darauf gewartet, mithilfe von 110 Volt das erste Mal zum Leben erweckt zu werden. Mir wurde schon ganz elend, als er die Betriebsanleitung des Frankensteino-mats zückte.
    »Mach dir keine Sorgen, Schatz«, beschwichtigte er mich. »Was kann schon passieren?«
    »Eine Überflutung? Eine Heuschreckenplage? Die Pest? Und wo wir schon dabei sind - wild gewordener Mob?«, schlug ich vor, während er die Bedienungsanleitung zu studieren begann.
    »Heiliger Strohsack, das ist kein Waschtrockner, sondern das Control Panel eines Raumschiffs.« Ich entspannte mich und nahm an, dass es eine Weile dauern würde, bis irgendetwas implodieren konnte, während ich mich der Horrorvision eines Axtmonsters aus dem vorletzten Jahrhundert hingab, das nicht durch den Seitengang unseres Busses passte, im Kampf gegen die finsteren Mechanismen einer künstlichen Intelligenz, entworfen von einem bösartigen Genie mit Sauberkeitsfimmel. Mein Tagtraum wurde schon bald jäh unterbrochen.
    »Aua!« Tim hatte sich beim Herumspielen an der Maschine die Lippe blutig geschlagen. Schätzungsweise hatte HAL in diesem Moment etwas anderes im Sinn, als Kleider zu waschen.
    Schon bald hatten wir einen Namen für ein anderes computergesteuertes Etwas, das in unserem Schrank wohnte: das Miststück. Sie war ein von Vanture installiertes System, das uns nur noch nicht aufgefallen war. Bis jetzt.

    »Achtung!«, kreischte das Ding. »Frischwassersystem, drei Viertel … Schmutzwassersystem, sieben Achtel.« Offenbar lebte das Ding gemeinsam mit all den anderen Kontrollsystemen in der Küche. Tim und ich tauften sie »das Miststück«, weil sie nie etwas Sinnvolles von sich gab wie »Achtung! Vordertür geht gleich auf!« Oder »Achtung! Katze pinkelt gleich ins Bett!« oder, was noch nützlicher gewesen wäre: »Achtung!« Diese Bus-Geschichte ist die dämlichste Idee, die ihr je hattet! Achtung! Achtung!« Innerhalb weniger Tage stellten wir fest, dass ihre Ankündigungen noch nicht einmal stimmten, sprich wir hatten wesentlich weniger Frischwasser zur Verfügung, als sie behauptete - also nannten wir sie fortan »verlogenes Miststück«.
    Tim, Miles, Shula, Morty, das verlogene Miststück, HAL und ich entwickelten eine Art Routine, während wir eine Woche lang in Carlsbad blieben. Ich erstellte meine Versicherungsgutachten und schrieb während des Tages (meine Blogeinträge und mein Drehbuch, eine Tätigkeit, mit der ich vor ein paar Jahren angefangen habe), während Tim den für die Schließung seiner Praxis erforderlichen Papierkram erledigte, am Jeep oder am Bus herumbastelte oder mit dem Hund joggen ging. Für den Nachmittag verabredeten wir uns und unternahmen etwas: einen Spaziergang, eine Radtour, eine Runde Schwimmen oder ein Ausflug in die Stadt. Anschließend folgte die Happy Hour. Tim hatte ein paar einheimische Biere entdeckt, und ich, wieder in meinem rosa Designer-Jogginganzug, belud meine Märchenfee (wie, so weiß ich mittlerweile, manche Menschen ihren Cocktailmixer liebevoll nennen), und verwandelte mich mit einem kurzen Wink des Zauberstabs wieder in die Prinzessin. Wir tranken etwas, nahmen einen kleinen
Snack zu uns, lümmelten auf Liegestühlen neben dem Bus (manchmal gesellte sich auch Miles zu uns) und genossen den Sonnenuntergang. Er war jedes Mal so spektakulär, dass ich meine Kamera zückte und prompt eine neue Leidenschaft entdeckte - Fotografieren. Ich ertappte mich dabei, wie ich meinen Hintern tatsächlich hochschwang und mich sogar ins Gras legte, um die

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