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Eine Frau - Ein Bus

Titel: Eine Frau - Ein Bus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Doreen Orion
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beiseite. »Wenn wir Nein sagen, wird es wahrscheinlich ziemlich wüst«, flüsterte ich ihm zu, sorgsam darauf bedacht, meine heiter-gelassene Stepford-Miene zu wahren.
    »Was schlägst du vor?«, flüsterte er zurück.
    »Erzählen wir ihnen einfach, Willie schläft, aber wir
könnten ihnen ein Autogramm für fünf Dollar das Stück besorgen«, erwiderte ich, pragmatisch wie immer. Doch Tim, stets auf Vernunft bedacht, schüttelte den Kopf und trat vor die Menge, um alles zu erklären.
    »Dann sagen wir eben, das Geld kommt Farm Aid zugute«, rief ich ihm mit schwacher Stimme nach. Somit stand fest, dass wir uns mit Biodiesel-Willies Hilfe keine Tankfüllung verdienen würden.
    Am Ende verbrachten wir nur einen Tag in der Mitte der UFO-Gemeinde (Rektaluntersuchung bitte hier, herzlichen Dank), da ein kurzer Einblick in die Szene mehr als ausreichend war. Die Hauptveranstaltung fand im Roswell Civic Center statt, in dessen Ausstellungshalle ein rundes Dutzend Autoren mit festgetackertem Lächeln damit beschäftigt war, ihre Bücher an den Mann zu bringen. Einer dieser Schreiberlinge hatte sich, wie die Veranstaltungsbroschüre verkündete, »schon früh auf einen Berg im südlichen Arizona zurückgezogen, um seine Beziehung zur Realität zu erkunden«. Als Psychiater hätten Tim und ich ihm den Schaden, den er durch den frühzeitigen Rückzug aus dem Arbeitsleben seinem Rentenkonto zugefügt wurde, mit einem einfachen Hinweis ersparen können: Wenn die Realität etwas ist, dessen Beziehung Sie erst noch erkunden müssen, steht zu befürchten, dass Sie beide vor langer Zeit eine ziemlich hässliche Scheidung hinter sich gebracht haben.
    Wir schlenderten also durch die Gänge, kamen an diversen Ständen vorbei und blieben irgendwann bei einem mit einem Paar besetzten hängen, nachdem ich den Fehler begangen hatte, mit der Frau Blickkontakt aufzunehmen. Unverzüglich schlug sie ihre lange geübte - manche würden es auch als androidartig bezeichnen - Masche an.

    »Mein Ehemann«, erklärte sie und nickte in Richtung ihres Partners, dessen irrer Blick alles schlug, was ich je außerhalb einer Gummizelle gesehen habe, »hat seine Entführung achtzehn Jahre vor mir verborgen. Er hat nie mit jemandem darüber geredet, obwohl sie ihm nicht gesagt haben, dass er es geheim halten soll«, vertraute sie mir an (so von Frau zu Frau, als könne ich ihre Bestrafung, die sie ohne jeden Zweifel für diesen Beweis ehelichen Vertrauensbruchs ersonnen hatte, nur unterstützen). Tja, ehrlich gesagt konnte ich das auch. Doch dann fuhr sie fort und griff nach seinem Wälzer. »Dieses Buch gibt es auch in Großdruck, für ältere Leser.« Wow, Verkäuferin des Jahres, was? »Und ich habe dafür gesorgt, dass er sämtliche Flüche rausnimmt, damit auch Kinder es lesen können.« Jetzt hatte sie mich fast so weit. Zum Glück tauchte in diesem Moment ein aufrichtiger Anhänger auf und lenkte sie mit einer Frage ab, so dass ich die Flucht ergreifen konnte.
    »Wieso hast du mich da nicht rausgeholt?«, fauchte ich Tim vorwurfsvoll an.
    »Du weißt doch, dass du mit diesen Leuten keinen Blickkontakt aufnehmen sollst«, konterte er, nicht minder aufgebracht.
    Als Nächstes hörten wir uns einen Vortrag des »original zivilen Ermittlers der Roswell-Affäre« an, der eine spannende Theorie zur Frage entwickelt hatte, weshalb die Aliens so oft zu unserem Planeten zurückkehren, um so viele unserer Bewohner mitzunehmen: Wir sind die Ernte, die sie von der Erde pflücken und auf ihren Planeten schaffen. Da hält man doch inne und denkt einmal darüber nach, oder?
    Wir ließen New Mexico keine Stunde zu früh hinter uns, denn nachdem wir einige Tage im Südwesten zugebracht
hatten (und ich meinen ersten Cowboy-Hut erstand - na ja, irgendetwas musste ich bei Willies Konzert ja tragen, oder?), schlich sich ein unüberhörbarer Akzent in meine Sprache. Jetzt weiß ich endlich, was nach dem Umzug nach London in Madonna gefahren ist.
     
    Als wir wieder unterwegs waren, fiel mir erneut auf, wie viel entspannter Tim inzwischen war, so als setze allmählich eine Art »Entgiftung« von all den Jahren als medizinischer Leiter und der Praxisarbeit ein. Und mit einem Mal kamen seine Verschmitztheit und sein Sinn für Humor wieder zum Vorschein. Eines Tages legten wir nach einer langen Fahrt eine Pause auf einem verlassenen Parkplatz am Highway ein, auf dem es ein begrüntes Picknickareal mit schattigen Bänken und Auslauf für den Hund gab. Während wir unsere

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