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Eine Frau - Ein Bus

Titel: Eine Frau - Ein Bus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Doreen Orion
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perfekte Aufnahme zu bekommen. Tim hatte seine Freude daran, mir bei meinem neuen Hobby zuzusehen.
    »Ich habe dich noch nie so aktiv gesehen«, staunte er. »Und noch dazu im Freien.«
    Nach Sonnenuntergang kochten wir … falsch, wir tauten das Abendessen auf. Und danach saßen wir in unserem neuen Zuhause und redeten. Dabei war es völlig egal, worüber: was wir an diesem Tag gesehen hatten, was wir als Nächstes unternehmen wollten, selbst die Frage, was unsere Freunde zu Hause vorhaben mochten. Das Ganze erinnerte mich an jenen ersten Abend in der Bar, als wir stundenlang über Gott und die Welt geredet hatten, uns einander nahe gefühlt und gelacht hatten. Auf diese Weise Zeit mit ihm zu verbringen, ohne die Ablenkungen, die ich sonst normalerweise wichtig fand (Fernseher, schicke Restaurants, tolle Klamotten), warf die Frage auf, wie wichtig all das in Wahrheit war.
    Eilig schob ich den Gedanken beiseite.
    Doch dann fiel mir auf, dass auch Tim sich allmählich entspannte. Er fing an, sich über Kleinigkeiten zu freuen. Wir hatten (natürlich) ein neues Geschirrservice für den Bus erstanden, eines mit einem Reisemotiv. Auf jedem Teller war ein anderer Ort abgebildet (Mount Rushmore, San Francisco, ja sogar ein Raumschiff auf dem Mond). Als ich zusah, wie Tim abends den Tisch deckte, bemerkte ich
seine fast kindliche Freude, als er entdeckte, an welchem Ort wir an diesem Abend essen würden. Und ich überlegte automatisch, ob ich nicht die Telleranzahl reduzieren sollte.
    Eilig mixte ich mir noch einen Martini, um zu vergessen.
    Die Tage und Nächte vergingen in angenehmer Gleichförmigkeit. Zu Hause hätten wir uns jeden Abend beim Essen die Nachrichten angesehen, dann beide ein paar Stunden gearbeitet, bevor wir uns vor dem Schlafengehen noch mit irgendeiner Sendung berieseln lassen hätten. Es schien, als hätte Peter uns einen echten Gefallen getan, als er die Installation des Fernsehers vergeigt hatte. In unserer eigenen kleinen Welt aus Fiberglas und Stahl eingeschlossen zu sein fühlte sich endlich … richtig an.
    So lange, bis wir unsere Reise fortsetzten.

Kapitel Drei
    Alien-Queen
    Würgatini
    1 Teil Rum
1 Teil Midori Melonenlikör
1 Spritzer Ananassaft
1 Spritzer Sweet’n’Sour
1 ordentlicher Spritzer frische Limone
     
    Mit dem Martinishaker auf die Notausstiegsluke einschlagen, bis die Scheibe zerbirst oder die Zutaten ausreichend für eine leckere Erste-Hilfe-Behandlung gemixt sind.
    A m 1. Juli legten wir den nächsten Zwischenstopp auf unserer Testreise ein und tauschten die heiter-gelassene Atmosphäre Carlsbads gegen das surreale Ambiente von Roswell, New Mexico, ein, wo das alljährliche UFO-Festival stattfand. Das erste Mal hatte ich von dem Festival im Rahmen der kurzlebigen Serie Roswell gehört. Dort wurde über eine Gruppe modebewusster Alien-Teenager berichtet, die versuchten, ihre außerirdischen Identitäten vor der Regierung geheim zu halten, die es auf sie abgesehen hatte, während es ihnen dennoch gelang, hinreißend für den
Abschiedsball auszusehen. (Ich bin süchtig nach Teenie-Dramen, was mir nicht im Mindesten peinlich ist: Da ich Drehbücher verfasse, lässt sich diese Tatsache bequem als »professionelles Interesse« kaschieren.) Tim und ich hatten beide dem Festival entgegengefiebert, da es eine seltene Gelegenheit bot, Verhaltensauffälligkeit auf einem Freizeitlevel zu beobachten, ohne die Notwendigkeit zu verspüren, etwas dagegen zu unternehmen. Doch kaum waren wir angekommen, überfiel uns im Handumdrehen der übermächtige Drang, von unserer berufsmäßig bedingten Angewohnheit, anderen Menschen in die Augen zu sehen, Abstand zu nehmen.
    Wir hatten Karten für das UFO-Festival-Konzert (mit Willie Nelson als Stargast. Sie denken doch wohl nicht …) und übernachteten auf dem Festgelände, den Eastern New Mexico State Fairgrounds, wo es Stellplätze für Camper gab. »Hinten rum, bei den Schweineställen«, wies man uns an. Oh Prinzessin von Long Island, wie tief bist du gesunken.
    Als wir mit unserem Bus anrollten, blieben alle auf dem Festplatz - Camper, Angestellte und Cowboys - stehen und winkten uns mit Blicken zu, die man nur als Ausdruck reinster Ehrfurcht bezeichnen kann. Inzwischen waren wir zwar an dieses »VIP Treatment« gewöhnt, aber das hier war ein wenig viel. Erst als wir parkten, ausstiegen und einige Leute auf uns zukamen, um sich zu erkundigen, ob Willie da drin sei, dämmerte uns, weswegen sie diesen Auftrieb veranstalteten. Ich zog Tim

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