Eine Frau mit Geheimnis
Coopers Stimme kein bisschen unterwürfig. Schon seit vielen Jahren diente er dem Duke, und er neigte zum Aufbegehren, wenn er sich im Recht fühlte, so wie in diesem Moment.
Stöhnend hielt Dominic still, bis der Mann die Prozedur beendet hatte.
Dann streifte Cooper ein feines Leinenhemd über den geschundenen Oberkörper seines Herrn, das sich angenehm kühl auf der verletzten Haut anfühlte. „So, Euer Gnaden. Diese Salbe wirkt Wunder. Bald werden Sie keine Schmerzen mehr verspüren. Das werden Sie schon noch sehen.“
„Zweifellos, Cooper“, krächzte Dominic, die Kehle immer noch rau vom Qualm. Er griff nach einem Wasserglas und trank es leer. Doch das half ihm nur kurzfristig.
„Gleich hole ich Ihnen etwas Honig“, versprach Cooper. Er hatte im Hof geholfen, die Wassereimer weiterzureichen, aber nicht annähernd so viel Rauch eingeatmet wie sein Herr. Deshalb klang seine Stimme mehr oder weniger normal. „Lange wird es nicht mehr dauern, Euer Gnaden, dann können Sie sich wieder auf gesellschaftlichem Parkett bewegen.“
Dominic seufzte und schlang das Krawattentuch zu einem einfachen Knoten. Bedauerlicherweise hatte er zu viel Zeit verschwendet. Er hatte nicht beabsichtigt, einzuschlafen, aber letzten Endes seiner Erschöpfung nachgegeben. Jetzt musste er die junge Frau finden. Auch sie musste verletzt sein, der zarte Körper von fliegenden Funken gezeichnet, und ihre Kehle würde brennen. Spontan beschloss er ihr Coopers Salbe anzubieten.
Als er vor den Spiegel trat, nickte der Kammerdiener anerkennend. „Alles in bester Ordnung, Euer Gnaden.“
Nur Sekunden lang musterte Dominic sein Spiegelbild. Jetzt würde seine Mutter ihn wiedererkennen. Nur gut, dass Cooper die versengten Haare abgeschnitten hatte … Hätte die Herzoginwitwe das gesehen, wäre ihr gewiss ein bissiger Kommentar eingefallen.
Er verließ das Zimmer und stieg die Treppe hinab.
„Ah, Monseigneur!“ Der Wirt verneigte sich so tief, dass seine Nase die Knie zu berühren schien. Dann begann er eine überschwängliche Dankesrede, die kein Ende nahm.
„Ja, ja“, fiel Dominic ihm schließlich ins Wort. „Schon gut, das hätte jeder Mann getan.“
Da verbeugte sich der Wirt noch tiefer und setzte zu einer neuen Tirade an.
Aber Dominic unterbrach ihn hastig. „In Ihrem Gasthaus ist eine junge Frau mit kurzem Haar abgestiegen. Ich wünsche sie zu sprechen. Bitte bringen Sie die Dame zu mir.“
„Eine Frau, Monseigneur?“ Verwirrt schüttelte der Mann den Kopf. Dann erhellte sich seine Miene. „Ah, Sie meinen das Mädchen mit den kurz geschnittenen Haaren.“
Nur widerstrebend unterdrückte Dominic einen Fluch. Der Mann musste immerhin einen abgebrannten Stall verkraften. Kein Wunder, dass er ein bisschen durcheinander war. „Ja, genau. Ich möchte sie sehen. Wo ist sie? Und wer ist sie?“
„Offenbar meinen Sie die Tochter des Getreidehändlers, Monseigneur. Hier gibt’s kein anderes Mädchen mit kurzem Haar. Armes Ding. So eine Schande, das schöne Haar abzuschneiden!“
„Ja, aber wo ist sie? Ich muss mit ihr reden.“
Verlegen starrte der Wirt zu Boden. „Désolé, Monseigneur. Bedauerlicherweise ist sie nicht mehr da. Vor ein paar Stunden ist ihre Familie abgereist. Während Monseigneur geschlafen hat.“
Erbost verwünschte Dominic seine Schwäche. Er hätte ihr sofort folgen sollen. Er musterte den Wirt, der seinen Blick noch immer nicht hob. „Wie heißt sie?“
Der Mann zögerte. „Das – das weiß ich nicht, Monseigneur. Sie kam mit der Familie Durand aus Paris an. Also nahm ich an, sie wäre die Tochter. Monsieur Durand nannte keine Adresse. Und das war auch nicht nötig, verstehen Sie … Er …“
„Also können Sie die Leute nicht erreichen?“
„So sehr ich es auch bedauere, Monseigneur …“
„Lassen Sie nur“, stieß Dominic unfreundlich hervor. Er hatte keinen Grund, dem Wirt zu zürnen. Schließlich trug der Mann keine Schuld an der Abreise der jungen Dame. Unglücklicherweise hatte sie einen weitverbreiteten Namen. Und er kannte ihre Pariser Adresse nicht.
Nach einem knappen Dankeswort ging er in den Hof, um die Brandschäden zu inspizieren.
Hinter ihm schüttelte der Wirt den Kopf. Seltsame Leute, diese Engländer. Sogar die Männer, die perfekt Französisch sprachen wie der Duke of Calder. Und was zum Teufel wollte er mit einem zehnjährigen Mädchen anfangen? Nichts Gutes, das stand fest. Einem Gerücht zufolge gingen die Engländer sonderbaren, perversen Neigungen nach. Als
Weitere Kostenlose Bücher