Eine Frau sein ist kein Sport
ihren Kindern nie über 10-Cent-Zeitungen, Altersheim-Opas, Omas Urlaubspläne und über Erbtanten reden. Sie streiten auch nicht vor den Kindern.
Aber Kinder hören eben auch, was im Nebenzimmer gesprochen wird, sie wissen erstaunlicherweise sogar um elterliche Mitternachtsgespräche Bescheid und spüren allerhand, was nie ausgesprochen wurde.
Kindern kann man einfach nichts vormachen:
Das »Rechte« reden und das »Falsche« tun, bringt nichts, außer der kindlichen Erkenntnis, dass die Eltern neben etlichen anderen Charakterfehlern auch noch die Untugend der Verlogenheit an sich haben.
Ehepaar mit Kleinkind geht essen
Manchmal geht ein Ehepaar mit Kleinkind essen. Dieser Ausgang wird selten ein Vergnügen, denn die Anstrengungen, die man unternimmt, um ein Kind »lokalfähig« zu halten, sind enorm.
Ich sah Eltern, die zu keinem warmen Bissen kamen, weil sie unentwegt ein Saftglas vor dem Kippen bewahren mussten. Irgendwann kippte es doch, nässte Tisch und Kind und brachte, nach Trockenlegung beider, Konfliktstoff: Ob neuer Saft bestellt wird! Die Entscheidung liegt beim Kind. Quengelt es leise, bleibt das Glas leer. Brüllt es laut, kommt neuer Saft; denn Eltern werden in Lokalen kaum erziehlich. Anderes Ungemach bringt der Kindertrieb, »Selbermachen« zu wollen. Essen mit Ketchup garnieren etwa. Davon können Knirpse so angetan sein, dass sie mit dem »Selbermachen« erst enden, wenn alle Nahrung unter roter Soße verborgen ist. Dann wollen sie neue Nahrung. Um an ihr den Senfspender zu erproben.
Größere Kinder lieben Salzstreuer, Zahnstocher und Bierdeckel. Sie bauen daraus Häuser, legen Gärten an und der Streuer wohnt darin. Dumm ist nur, dass sie die Bierdeckelhäuser so hoch planen. Die stürzen dann ein und ein Deckel klatscht in Papas Suppe. Und manche Ober mögen es nicht, wenn sich Kinder von allen anderen Tischen die Zahnstocher holen!
Auf das Nachtischeis aber freut sich jedes Kind. Leider kommt es dann in einem hohen Glas, schlagobersverziert, soßeunterzogen. Das Kind nimmt den Löffel und sticht ins Hochgetürmte. Die Köstlichkeit rinnt glasabwärts in die Untertasse. Das Kind löffelt aus der Untertasse, verzieht das Gesicht und spuckt.
Bis zur Küche ist die Bitte, den »Coup Rio« ohne Rum zu servieren, halt nicht gedrungen! Die Mutter verspricht dem Kind ein Stanitzeleis für später und der Vater ruft seufzend nach der Rechnung.
Zu Hause geloben Vater und Mutter fernerhin Abstinenz von derartigen Unvergnügen und träumen davon, dass kinderfreundliche Wirte außer einem »Rotkäppchen-Steak« noch anderes zu bieten hätten: Stühle diverser Höhen, Esswerkzeug für Kinderfinger, Babybecher, die nicht kippen, und als Wichtigstes – aber das kann kein Wirt beschaffen: An den anderen Tischen sollten Leute sitzen, die durch Blicke und Worte Verständnis zum Ausdruck brächten! Darum – namens vieler Eltern – folgende Bitte: Wenn Sie wo essen und am Nebentisch quält sich ein Paar mit Kind durchs Menü, lächeln Sie ihm zu! Spenden Sie noch ein paar Bierdeckel! Sagen Sie, auch wenn es gemogelt ist, dass Sie sich nicht inkommodiert fühlen! Tiefster Dank wird Ihnen sicher sein.
Vaterlose Kaiserschnittkinder
Manchmal betrachte ich verwirrt meinen Nachwuchs und möcht’ am liebsten stammeln: »Ihr Braven, danke, dass aus euch was geworden ist, obwohl ich so sehr gegen alles verstieß, was euch frühkindlich not tat!« Denn wahrlich, das tat ich!
Schuldlos zwar, aber das konnten die Babys ja nicht wissen. Ich weiß es schließlich auch erst, seit ich in den letzten Jahren allerhand Einschlägiges gelesen, gehört und gesehen habe.
Ich habe meine Kinder nicht »sanft« geboren, sie lagen nach der Geburt nicht auf meinem Bauch und ihr Vater war nicht anwesend.
Eine Schwester wusch, wickelte und zeigte sie mir kurz, dann kamen sie ins Säuglingszimmer:
»Rooming in« war damals ein unbekannter Ausdruck und Väter an Geburtswehen zu beteiligen, ein absurder Gedanke.
Einmal allerdings hatte ich davon gelesen. Bei Hemingway. Da hält ein Indianer den Geburtsschmerz seiner Frau nicht aus und erhängt sich.
Es war damals also nicht bloß so, dass mir eine uneinsichtige Obrigkeit die Anwesenheit meines Partners verweigerte, ich hatte damals einfach kein »feeling« dafür, dass er hergehören würde; nicht nur wegen der von Hemingway angedrohten Folgen, sondern vor allem, weil man mir beigebracht hatte, dass eine Frau, so sie erotisch begehrt werden will, vor einem Mann nicht zu
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