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Eine Freundin zum Anbeissen

Eine Freundin zum Anbeissen

Titel: Eine Freundin zum Anbeissen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Franziska Gehm
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entrüstet.
    »Na, weil wir in der Nacht kaum geschlafen haben«, sagte Silvania und presste dann schnell die Lippen aufeinander.
    »Vor Aufregung«, fügte Daka hinzu. »Und wegen des Jetlags.«
    »Jetlag? Von Rumänien nach Deutschland?«
    »Tja, Opa, hättest du uns mal besucht, wüsstest du, wovon wir reden«, erwiderte Daka.
    Silvania nickte und klemmte sich heimlich unter dem Tisch eine Scheibe Salami zwischen ihre Gurkenscheiben.
    »Und wie sind die anderen in der Klasse? Meint ihr, ihr werdet schnell Freunde finden?«, fragte Oma Rose.
    Silvania verzog den Mund, und Daka runzelte die Stirn. »Das könnte ein Problem werden«, gab Daka zu.
    »Ach was!«, donnerte Opa Gustav. »Meine Enkeltöchter finden im Handumdrehen Freunde. Wieso macht ihr euch da Sorgen?«
    »Na ja, weil wir doch ziemlich anders sind als der Rest«, sagte Silvania leise.
    Herr Tepes nickte langsam, und Frau Tepes legte sorgenvoll die Stirn in Falten.
    Opa Gustav winkte ab. »Wenn hier jemand weiß, wie man erfolgreich Kontakte knüpft, dann ich. Zweiundvierzig Jahre habe ich nichts anderes gemacht. Also, wenn ihr ein paar Tipps wollt, hört zu: Lächelt immer, seid höflich und seriös. Oder wirkt zumindest so. Vor allem aber: Schmeichelt dem Kunden ... äh ... dem Mitschüler, gebt ihm immer recht, und zeigt Interesse an seiner Person.«
    Herr Tepes, der gerade einen Schluck Wein getrunken hatte, musste husten. Elvira klopfte ihm auf den Rücken. Vielleicht ein kleines bisschen heftiger als notwendig.
    Silvania nickte ihrem Opa zu. »Kann sein, dass es bei den Menschen so funktioniert. Also, ich meine natürlich bei den Menschen hier in der Gegend.«
    Daka runzelte noch immer die Stirn. »Hast du auch Tipps, Oma?«
    Oma Rose lehnte sich zurück, griff sich mit der Hand an das Kinn und dachte einen Moment nach. Dann sagte sie: »Mein Tipp geht so: Man soll sich treu bleiben, aber dem anderen gegenüber dennoch offen sein und einfach frohen Mutes auf die Leute zugehen.«
    Daka lächelte. »Das gefällt mir.«
    Jetzt war der Gedanke an den nächsten Schultag für Silvania und Daka nicht mehr so schlimm. Sie hatten schließlich zwei Strategien.

Durst
    D ie Sonne war schon längst hinter dem kleinen Wäldchen untergegangen. Der Mond war von feinen Wolken verschleiert. Ganz schwach fiel sein silbernes Licht auf Bäume, Straßen und Häuser. Eine Katze lief geräuschlos über den Lindenweg. Auf der Mitte drehte sie sich um und blickte zum letzten Haus. Ihre Augen funkelten in der Dunkelheit. Sie fauchte, dann lief sie weiter und verschwand in der Nacht.
    In der Vorstadtsiedlung brannte kein einziges Licht mehr. Alle Bewohner schliefen. Fast alle. Manche tief und fest, manche leicht und unruhig. Ein Bewohner jedoch war gerade aufgestanden. Er war munter, voller unbändiger Energie und voller grausamer Pläne. Er stand auf dem Dach des Hauses Nummer 23 und sah zum Mond. Als er sich seinen kräftigen Schnauzer glatt strich, blitzten eine Sekunde lang zwei weiße Zähne auf, spitz und lang wie Messer. Er warf den Kopf nach hinten, breitete die Arme aus und erhob sich mit einem Lachen, das wie ein entferntes Donnern klang, in den Nachthimmel.
    Wenige Sekunden später lag die Vorstadtsiedlung wieder ruhig und friedlich da. Erst im Morgengrauen kehrte der nachtaktive Bewohner zurück. Er landete erschöpft auf dem Dach des letzten Hauses im Lindenweg. Die ersten Sonnenstrahlen fielen auf sein Gesicht. An seinem Bart klebte Blut.

Silvanias
Sturzflug
    D en ganzen Schulweg über hatten Silvania und Daka auf den Boden geguckt. Sie hatten breit getretene Kaugummis, Zigarettenstummel, Hundekacke, Ameisen, Bonbonpapier und sogar ein 50-Cent-Stück gefunden. Aber keine Kette.
    Silvania hatte ihre Füße gestern noch mal ins Katzenklo gestellt. Opa Gustav, der wie ein Auto geguckt hatte, hatte sie erklärt, dass die Tulipa Karpata bei direktem Kontakt mit menschlicher Wärme (oder halbmenschlicher) am besten gedeihen würde. Trotzdem fühlte sich Silvania ohne ihre Kette unsicher. Was, wenn dieser furchtbar peinliche Juckreiz ausbrach oder sie wirr zu reden anfing? Sie mussten die Kette unbedingt finden – und zwar so schnell wie möglich!
    In der Schule suchten die Zwillinge sämtliche Räume ab, in denen sie gestern Unterricht gehabt hatten. Nichts. In den Pausen liefen sie die Flure mit gesenkten Köpfen entlang. Nichts. Als sie gerade mit Blick auf den Boden dem Hauptgang folgten, fragte auf einmal eine helle Stimme: »Sucht ihr irgendwas?«
    Daka und

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